Umbaukosten lassen SAP-Gewinn einknicken

SAP-CEO Bill McDermott. (Copyright: SAP)

Walldorf – Europas grössten Softwarehersteller SAP kommt der Konzernumbau teurer zu stehen als zunächst gedacht. Weil mehr Mitarbeiter als gedacht das Abfindungsprogramm des Dax-Konzerns nutzen und das Unternehmen verlassen, rechnen die Walldorfer im Gesamtjahr mit höheren Umbaukosten als bisher. Im zweiten Quartal belastete das den Konzerngewinn, der trotz des kräftigen Umsatzwachstums niedriger ausfiel als vor einem Jahr. Finanzvorstand Luka Mucic wertete die schnell angenommenen Angebote zur Frühverrentung aber am Dienstag bei der Zahlenvorlage als Erfolg.

«Wir sind von der Nachfrage nach dem in Europa angebotenen Vorruhestandsprogramm überrascht worden», sagte Mucic im Gespräch mit dpa-AFX. «Wahrscheinlich werden am Ende sogar vier Prozent der Mitarbeiter weltweit an dem Programm teilgenommen haben.» Zuvor war das Management von drei Prozent der weltweit rund 74 000 Mitarbeiter ausgegangen. Damit liege der Grossteil des aktuellen Personalumbaus wohl hinter dem Konzern. SAP richtet seine Geschäfte noch stärker auf die Mietsoftware über das Internet – die sogenannte Cloud – aus. Mitarbeiter sollen die Stelle wechseln oder mit Abfindungen das Unternehmen verlassen.

Konzernumbau lastet auf Gewinn
In den Monaten von April bis Juni ging der Gewinn vor allem wegen höherer Ausgaben für den Umbau um 16 Prozent auf 469 Millionen Euro zurück. Mit 4,97 Milliarden Euro machte SAP aber vor allem dank des günstigen Euro ein Fünftel mehr Umsatz. 555 Millionen Euro kamen aus der Cloudsparte mit Mietsoftware, dem erklärten neuen Standbein – beides war mehr als von Experten erwartet.

Insgesamt sahen Marktexperten aber dennoch Licht und Schatten. Das schnelle Wachstum der übers Internet angebotenen Software drückt nämlich nach wie vor auf die operative Gewinnmarge. Lizenzsoftware bringt SAP höhere Einmalbeträge ein, wohingegen Cloudsoftware per Miete über die Zeit bezahlt wird.

Analysten: Licht und Schatten in den Zahlen
Der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern stieg somit etwas schwächer als der Umsatz um 13 Prozent auf 1,39 Milliarden Euro. Die Zahlen seien aus bereinigter Sicht insgesamt okay, schrieb Commerzbank-Analyst Thomas Becker. Sie seien aber auch kein Grund zum Feiern. Die SAP-Aktie war im frühen Handel einer der schwächsten Dax-Werte, machte aber Boden gut und lag nach Mittag mit 0,3 Prozent im Plus.

Enttäuschend für manche Experten verlief das Geschäft mit Lizenzsoftware, das diesmal nach einem kurzen Aufbäumen zu Jahresbeginn wieder nur dank der Wechselkurse zulegen konnte. Aus eigener Kraft wären die Umsätze um 7 Prozent zurückgegangen. «Insbesondere hatten wir erneut Schwierigkeiten in Lateinamerika wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit dort», sagte Mucic. Das griechische Schuldendrama habe dagegen keine Rolle gespielt.

Kosten für Konzernumbau höher als erwartet
Die eigenen Finanzziele lässt das Unternehmen unangetastet. Sie sind auf währungsbereinigter Basis formuliert und beziehen sich auf Umsatzentwicklung und den um Sonderposten bereinigten operativen Gewinn. Die Kosten für den Konzernumbau bezifferte SAP nun aber deutlich höher als zuletzt: Nach 418 Millionen Euro in den ersten sechs Monaten sollen zwar im Gesamtjahr nicht mehr als 530 Millionen Euro anfallen. Nach den ersten drei Monaten war Mucic aber noch von höchstens 250 Millionen Euro für das komplette Jahr ausgegangen.

Zudem dürfte der günstige Euro im Rest des Jahres nicht mehr ganz so viel Rückenwind geben wie bislang. Die Entwicklung am Devisenmarkt kam dem Unternehmen in den vergangenen Quartalen wegen der eher flauen Entwicklung der Marge gerade recht.

Finanzchef: «Iran kann interessanter Markt für uns werden»
Mucic verwies dagegen auf anziehende Bruttomargen auch im Cloudgeschäft – vom Umsatz bleibt also auch hier nach Abzug direkter Kosten mehr übrig. Zum anderen machen ihn die gewonnenen Neukunden des neuen Programmpakets S4 zuversichtlich.

Sollten die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran im Zuge der Einigung im Atom-Streit aufgehoben werden, will SAP auch diesen neu geöffneten Markt schnell nutzen. «Der Iran kann für uns ein sehr interessanter Markt werden. Historisch haben wir im Iran eine Industriestruktur, die uns bei SAP entgegen kommt, eine starke Öl- und Gasindustrie etwa», sagte der Manager. «Wir sind in vielen der Golfstaaten mit Tochtergesellschaften etabliert, und kennen die Märkte dort mittlerweile ganz gut.» (awp/mc/upd/ps)

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