Der Verkauf der Gesamtmenge Antibiotika für Tiere nimmt in der Schweiz weiter ab

Der Verkauf der Gesamtmenge Antibiotika für Tiere nimmt in der Schweiz weiter ab
Bundesrat Alain Berset, Vorsteher EDI. (Foto: admin.ch)

Bundesrat Alain Berset, Vorsteher EDI. (Foto: admin.ch)

Bern – Der Verkauf der Gesamtmenge Antibiotika für Tiere nimmt in der Schweiz weiter ab. Leicht zugenommen hat dagegen der Verkauf von Antibiotikaklassen, die für die Humanmedizin kritisch sind. Unverändert hoch bleibt der Anteil an multiresistenten Bakterien. Dies zeigt der Jahresbericht über den Antibiotikavertrieb in der Veterinärmedizin und das Resistenzmonitoring bei Nutztieren in der Schweiz.

In der Schweiz werden immer weniger Antibiotika für Tiere verkauft. Wurden im Jahr 2008 noch rund 72 000 kg in Verkehr gebracht, waren es 2014 noch 49 000 kg. Dies entspricht einem Rückgang von 32 % innert sieben Jahren. Die Abnahme basiert hauptsächlich auf einer Reduktion der Verkäufe von Tierarzneimitteln, die in der Nutzviehhaltung zur Behandlung von ganzen Tiergruppen über das Futter verabreicht werden.

Über den effektiven Einsatz der Antibiotika lässt die Verkaufsstatistik jedoch keine Aussagen zu, da nicht bekannt ist, bei welchen Tierarten, Krankheiten oder über welchen Zeitraum hinweg die Wirkstoffe verabreicht wurden. Die Aussagekraft über die Bedeutung der verkauften Gesamtmenge ist auch deshalb begrenzt, weil verschiedene Antibiotikagruppen unterschiedliche Wirkungsstärke aufweisen. In der Veterinärmedizin werden vermehrt Antibiotikapräparate eingesetzt, die bereits in geringen Mengen wirksam sind. Einige dieser hochwirksamen Antibiotika gelten als kritische Antibiotika für die Humanmedizin. Der Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Verkaufsmenge dieser Antibiotika nach wie vor hoch ist.

Zentrale Datenbank soll Klarheit über den tatsächlichen Antibiotikaeinsatz schaffen
Klarheit über den Einsatz von Antibiotika in Bezug auf die Tierarten, die Anzahl der behandelten Tiere und die Behandlungsintensitäten könnten die Daten der Tierhaltenden oder der Tierärztinnen und Tierärzte liefern. Diese Daten werden in der Schweiz bislang jedoch nicht zentral erfasst. Das soll sich künftig ändern: Mit der laufenden Revision des Heilmittelgesetzes, das zur Zeit im Parlament beraten wird, soll die gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) beauftragt, eine zentrale Datenbank zur Erfassung der Antibiotikaanwendungen aufzubauen.

Übermässiger und unsachgemässer Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin führt dazu, dass immer mehr Bakterien dagegen resistent werden. In der Schweiz werden seit 2006 regelmässig Antibiotikaresistenzen bei Zoonose- und Indikatorbakterien untersucht. Zoonosebakterien sind Keime, die zwischen Mensch und Tier übertragen werden und Krankheiten auslösen können. Indikatorbakterien sind normale Bakterien, die in jedem menschlichen oder tierischen Darm vorkommen. Die Untersuchungen werden alternierend alle zwei Jahre bei gesunden Mastpoulets, Mastschweinen und Rindern im Schlachthof sowie bei entsprechenden Fleischproben aus dem Detailhandel durchgeführt.

Zunahme von Antibiotika-Resistenzen bei Campylobacter-Bakterien
2014 wurden gesunde Mastpoulets im Schlachthof und Pouletfleisch aus dem Detailhandel beprobt. Zusätzlich wurden Nasentupferproben von Mastschweinen im Schlachthof auf Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA) untersucht. Die Resultate dieser Untersuchungen zeigen, dass die Resistenzen gegen verschiedene Antibiotika bei Darmbakterien von gesunden Mastpoulets weiter sinken. Dieser Rückgang, der seit 2012 beobachtet wird, könnte im Zusammenhang mit dem Rückgang der eingesetzten Gesamtmenge von Antibiotika in der Schweiz stehen. Zugenommen haben dagegen die Antibiotika-Resistenzen bei Campylobacter-Bakterien, die besonders häufig beim Poulet vorkommen, ohne dass die Tiere jedoch daran erkranken. Durch den Konsum von nicht durchgegartem Pouletfleisch können diese Bakterien aber auf den Menschen übertragen werden.

Der Anteil an multiresistenten Bakterien ist insbesondere beim Pouletfleisch aus dem Detailhandel hoch. Sowohl bei Pouletfleisch inländischer Herkunft (66%), wie auch bei demjenigen ausländischer Herkunft (86%) konnten multiresistente ESBL-produzierende Bakterien (sogenannte ESBL-Bildner) im Fleisch nachgewiesen werden. Auch MRSA konnten sowohl auf inländischem (1%), wie auch auf ausländischem Pouletfleisch (16%) nachgewiesen werden.

Obwohl das Risiko einer Ansteckung von Menschen via Lebensmittel gering ist, sollten Konsumentinnen und Konsumenten bei der Zubereitung von rohem Fleisch vier einfache Hygieneregeln beachten: Sauberer Umgang mit Küchenutensilien, Trennung von rohem Fleisch und gekochten Lebensmitteln, ausreichende Erhitzung von Fleisch vor dem Verzehr und Lagerung der Lebensmittel bei sicheren Temperaturen.

Gemeinsame Erarbeitung der nationalen Antibiotikastrategie
Um der beunruhigenden Entwicklung von zunehmenden Antibiotikaresistenzen bei Mensch und Tier entgegenzuwirken, wurde das BLV gemeinsam mit dem Bundesamt für Gesundheit und dem Bundesamt für Landwirtschaft mit der Erarbeitung einer nationalen Antibiotikastrategie (StAR) beauftragt. Oberstes Ziel dieser Strategie ist es, die Wirksamkeit der Antibiotika zur Erhaltung der menschlichen und tierischen Gesundheit langfristig sicherzustellen. Die Strategie ist in der Anhörung bei den Kantonen und den Organisationen auf breite Zustimmung gestossen. Es wird erwartet, dass der Bundesrat über die Umsetzung der Strategie gegen Ende 2015 entscheiden wird. (blv/mc/cs)

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