SGKB Investment Views: Fehlstart ins neue Jahr oder mehr?

SGKB Investment Views: Fehlstart ins neue Jahr oder mehr?

Von Thomas Stucki, CIO St.Galler Kantonalbank. (Foto: SGKB)

St. Gallen – Die ersten Handelstage des noch jungen neuen Jahres waren an Dramatik kaum zu überbieten. Seit dem 4. Januar kennen die Aktienmärkte nur eine Richtung; nach unten. Ausgelöst wurden die Ängste von wiederholten Kurseinbrüchen in China und den damit verbundenen Sorgen um eine Abschwächung der Weltwirtschaft. Die Schweizer Aktien haben bisher 5% verloren. Dies ist etwa gleich viel wie Anfang Dezember 2015 und rund die Hälfte des Kursrückganges vom letzten August. Zyklischere Indizes wie der deutsche Dax haben bereits 9% verloren. Die Prognose für 2016, dass die Märkte grossen Kursschwankungen ausgesetzt bleiben und Kursverluste von 5% oder mehr immer wieder vorkommen werden, hat sich schneller bewahrheitet als gedacht.

Das Marktsentiment ist wieder einmal sehr schlecht, weshalb negative Informationen viel stärker ins Gewicht fallen. Gleichzeitig werden positive Meldungen ignoriert. Es ist deshalb wichtig, hinter die Fassade und das Sentiment zu schauen. Es ist Zeit für eine Auslegeordnung:

1. China, die grosse Unbekannte
Die Zahlen aus China (Einkaufsmanagerindex und andere) fallen weiterhin nicht gut aus, sind aber besser als noch vor ein paar Monaten. Die Vorgänge an der chinesischen Börse haben zudem nicht viel mit der Entwicklung des Landes zu tun. Dafür ist die chinesische Börse zu stark ein Tummelplatz für „Gambler“. Beunruhigender als die Börsenunruhen ist die Abwertung der chinesischen Währung. Seit Ende Oktober hat der Renminbi gegenüber dem Dollar 4% an Wert eingebüsst, Tendenz zunehmend. Gleichzeitig haben die Währungsreserven um 200 Mrd. USD auf immer noch hohe 3‘300 Mrd. USD abgenommen. Dies ist ein klares Anzeichen dafür, dass aus dem Land viel Kapital abfliesst.
Die Daten in China werden auch in den nächsten Wochen eher negativen ausfallen. Die Umwandlung der Wirtschaft geht holprig voran, ich stufe ihn aber als wichtig und grundsätzlich positiv ein.Die Regierung und die Zentralbank werden versuchen, weiter stimulierend zu wirken. Auch die aktuelle Konjunkturlage ist meines Erachtens zwar nicht erfreulich, aber Chinas Wirtschaft wächst. Die Lage Chinas wird von den Kommentatoren und den Marktteilnehmern zu negativ beurteilt.

2. Fallende Öl- und Rohwarenpreise belasten und geben ein negatives Signal
Schlechte Daten aus China haben eine stark negative Strahlkraft auf die Rohstoffpreise. Besonders gut lässt sich die aktuelle Marktlage am Beispiel von Öl erklären. Wenn enttäuschende Wirtschaftsdaten aus China noch mit einem stetigen Überangebot beim Öl und mit einer einseitigen Spekulation auf tiefere Preise zusammenfallen, dann ist der Weg der Rohstoffpreise nach unten vorgegeben. Ändern wird sich dies erst, wenn entweder die Daten aus China besser werden oder sich die Anzeichen mehren, dass die Förderung aufgrund der tiefen Preise sinkt. Beides ist so schnell nicht zu erwarten, so dass fallende Rohstoffpreise die Märkte immer wieder belasten werden.

3. Die US-Wirtschaft muss es richten
Damit die Aktienmärkte die aktuelle Baisse wieder korrigieren, braucht es eine anhaltend gute US-Wirtschaft. Es gibt zwar Anzeichen von Schwächen, beispielsweise der ISM-Index der Industrie. Die Industrie leidet unter dem Zerfall der Rohstoffpreise (Belastungsfaktor für den Energiesektor und seine Zulieferer) und dem starken Dollar, macht aber in den USA nur einen kleineren Teil der Wirtschaft aus. Viel wichtiger sind die Binnenwirtschaft und vor allem der private Konsum. Diese Daten, insbesondere aus dem Arbeitsmarkt, zeigen weiterhin eine gute Dynamik.

4. Europa als positiver Nebenschauplatz
Ebenfalls positiv sind die Daten, vor allem die vorauslaufenden Indikatoren, für die europäische Wirtschaft. Die Erholung der wirtschaftlichen Tätigkeit gewinnt an Breite, auch geographisch. Europa spielt in der aktuellen Marktsituation jedoch eine untergeordnete Rolle.

5. Politische Risiken belasten
Der Streit zwischen Saudi Arabien und dem Iran sowie Vorgänge wie der Atomtest in Nordkorea giessen zusätzlich Öl ins Feuer, welches die Märkte nach unten drückt. In einer anderen, sprich positiveren Marktphase, wäre ihr Einfluss schwächer, da sie grundsätzlich nichts Neues sind. Sie werden deshalb auch wieder aus dem Blickfeld der Anleger verschwinden.

6. Gewinnsaison für das 4. Quartal bietet positives Überraschungspotenzial
Beginnend mit nächster Woche werden die Unternehmen ihre Gewinne für das 4. Quartal präsentieren. Erwartet wird im Durchschnitt ein Gewinnrückgang im Jahresvergleich. Dominiert wird dieser Rückgang durch Unternehmen aus dem Rohstoffbereich und den damit verbundenen Industrien. Die Erwartungen an die Unternehmen sind tief, weshalb die Chancen für positive Überraschungen vorhanden sind. Die Erfahrung zeigt zudem, dass der Einfluss der Gewinnpräsentationen sich vor allem auf Aktien der einzelnen Firmen beschränkt.

Die fundamentalen Grundlagen für positive Aktienmärkte sind trotz China intakt
Ein besonderes Augenmerk muss auf die USA und die Auswirkungen der industriellen Schwächen auf andere Wirtschaftszweige und auf den Arbeitsmarkt gerichtet werden. Insgesamt stimmt die Entwicklung der US-Wirtschaft und die Zinserhöhungen der Fed werden „graduell“ weitergehen. Aktien bleiben deshalb die favorisierte Aktienklasse.

Die Märkte werden sich vom aktuellen Rückschlag aber nicht so schnell erholen und weitere Fieberschübe sind in den nächsten Tagen nicht auszuschliessen. Es braucht einen Katalysator, der das Sentiment ins Positive zurückdreht. Was das sein wird, ist schwierig zu sagen. Meistens ist es etwas unerwartetes, genauso wie der Börsencrash in China zu Jahresbeginn. (SGKB/mc/pg)

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