Stahl reisst ThyssenKrupp wieder in rote Zahlen

Stahl reisst ThyssenKrupp wieder in rote Zahlen
Heinrich Hiesinger, ehemaliger Vorstandsvorsitzender Thyssenkrupp.

Heinrich Hiesinger, Vorstandsvorsitzender ThyssenKrupp.

Essen – Der rasante Verfall der Stahlpreise hat den Aufwärtstrend des Industriekonzerns ThyssenKrupp gestoppt. Im Ende Dezember abgelaufenen ersten Quartal seines Geschäftsjahres rutschte das Unternehmen wegen neuerlicher Verluste im Stahlgeschäft wieder in die Verlustzone. Unter dem Strich stand ein Fehlbetrag von 23 Millionen Euro, wie das Dax -Unternehmen am Freitag in Essen mitteilte. Vor einem Jahr erwirtschaftete ThyssenKrupp noch 50 Millionen Euro Überschuss.

Der Umsatz ging wegen der schwachen Stahlnachfrage und der niedrigen Preisen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fünf Prozent auf 9,5 Milliarden Euro zurück. Der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) schmolz um gut ein Viertel auf 234 Millionen Euro. Analysten hatten bessere Ergebnisse erwartet.

Talfahrt an der Börse
Das Stahlgeschäft bereite Sorgen, sagte Vorstandschef Heinrich Hiesinger. Seit dem vergangenen Sommer sind die Stahlpreise weltweit unter neuen Druck geraten, weil China angesichts der gesunkenen Nachfrage im eigenen Land massenhaft billigen Stahl auf den Weltmarkt wirft. An der Börse hat ThyssenKrupp in diesem Jahr bereits mehr als ein Viertel an Wert verloren.

An der ohnehin schon vorsichtigen Prognose hielt der Vorstand fest, allerdings steht diese angesichts der immer grösseren Sorgen um die Weltwirtschaft und der schwierigen Lage der Stahlbranche unter Vorbehalt.

Boden erreicht?
Thyssenkrupp rechnet in diesem Jahr auf vergleichbarer Basis – also etwa um Wechselkurseffekte bereinigt – mit einem stagnierenden Umsatz. Der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) soll bei 1,6 bis 1,9 Milliarden Euro landen. Der Überschuss soll deutlich zulegen. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern operativ 1,7 Milliarden Euro bei einem Umsatz von 42,8 Milliarden Euro verdient. Unter dem Strich war der Überschuss um fast 50 Prozent auf 309 Millionen Euro gewachsen.

Einen wichtigen Beitrag von 850 Millionen Euro zum Gewinn sollen weitere Einsparungen liefern, davon erreichte der Konzern nach eigenen Angaben im ersten Quartal 250 Millionen Euro. Um die Ziele zu erreichen, muss sich zusätzlich das Stahlgeschäft im weiteren Jahresverlauf erholen. Dafür sieht der Vorstand nun erste Anzeichen. In der vergangenen Woche hatte Konkurrent ArcelorMittal nach einem Rekordverlust die Hoffnung geäussert, dass das Schlimmste im Stahlgeschäft vorerst vorbei ist.

Starkes Industriegütergeschäft
Als Stütze erwies sich im ersten Quartal wieder einmal das Industriegütergeschäft. Der Aufzugbau und die Autokomponentensparte steigerten ihren operativen Gewinn weiter. Im Grossanlagenbau blieb es fast stabil. In diesem Geschäft rechnet der Konzern demnächst mit einigen neuen Grossaufträgen.

Erneut bekannte sich Vorstandschef Hiesinger zu seiner Strategie: ?Die solide Entwicklung der Industriegütergeschäfte bestätigt uns, dass der Weg zum diversifizierten Industriekonzern richtig ist.? Damit trat er erneut Forderungen von einigen Analysten und Aktionären entgegen, die eine Abspaltung des schwankungsanfälligen Stahlgeschäfts fordern. Hiesinger will dagegen die einzelnen Sparten enger miteinander verknüpfen.

Schulden wieder gestiegen
Thyssenkrupp hatte sich in den vergangenen Jahren unter anderem mit harten Sparanstrengungen aus einer tiefen Krise gekämpft. Sie war durch den misslungenen Bau von neuen Stahlwerken in Brasilien und den USA entstanden. Dies kostete den Konzern Milliardensummen.

Die Finanzstruktur ist deshalb immer noch angespannt. Im ersten Quartal verschlechterte sie sich wie üblich wieder. So lagen die Schulden Ende Dezember mit 4,4 Milliarden Euro rund eine Milliarde höher als drei Monate zuvor. Das lag vor allem daran, dass der Konzern sein Umlaufvermögen wieder erhöhte, weshalb er nun 847 Millionen Euro mehr Geld ausgab als einnahm. Im vergangenen Geschäftsjahr hatte ThyssenKrupp erstmal seit neun Jahren wieder einen positiven Cashflow aus dem operativen Geschäft. Das will der Vorstand auch in diesem Jahr wieder schaffen, so dass sich die Finanzlage in den nächsten Quartalen wieder besser könnte. (awp/mc/ps)

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