Guy Lachappelle, Direktionspräsident der Basler Kantonalbank, im Interview

Guy Lachappelle, Direktionspräsident der Basler Kantonalbank, im Interview
Raiffeisen-VRP Guy Lachappelle. (Foto: BKB)

Guy Lachappelle, Direktionspräsident der Basler Kantonalbank. (Foto: BKB)

von Robert Jakob

Moneycab.com: Herr Lachappelle, die BKB startet eine Internet-Kundendienstoffensive. Mit welchen Investitionskosten rechnen Sie?

Guy Lachappelle: Wir sind auf dem Weg zu einer digitalen Bank, denn die Digitalisierung ist auch im Banking ein nicht aufzuhaltender Prozess. Der Kunde soll möglichst unabhängig von Zeit und Ort seine Zahlungen erledigen, Transaktionen durchführen und vor allem auch unsere Produkte studieren können. In dieser virtuellen Bankenwelt wollen wir klar eine Vorreiterrolle unter den Banken in der Schweiz einnehmen. Wir wollen die elektronischen Möglichkeiten für den Kunden voll ausschöpfen, gleichzeitig soll der Kunde jedoch bei Bedarf all seine Informationen oder Lösungsvorschläge mit dem Kundenberater in seiner Filiale besprechen können.

Das klingt aber arg nach Quadratur des Kreises.

Die eine, virtuelle Möglichkeit, schliesst die andere, physische Möglichkeit, nicht aus. Digitalisierung heisst für uns jedoch nicht, dass wir nur in den Internetkanal investieren. Das erweiterte Kundenangebot verpflichtet uns gleichzeitig unsere Prozesse und Arbeitsabläufe zu digitalisieren. Das heisst, alle unsere Mitarbeitenden stellen sich der Herausforderung, die Bank effizienter, schneller und besser zu machen. Aus dieser Überzeugung heraus werden wir die nächsten Jahre einen zweistelligen Millionenbetrag investieren.

«Wir sind auf dem Weg zu einer digitalen Bank, denn die Digitalisierung ist auch im Banking ein nicht aufzuhaltender Prozess.»
Guy Lachappelle, Direktionspräsident der Basler Kantonalbank

Ab Ende März können die BKB-Kunden mit der Smartphone-App Twint bezahlen. Werden Sie später auch einmal ApplePay einführen?

Beim Prüfen diverser Anbieter haben wir natürlich überlegt, welche Lösung denn zum jetzigen Zeitpunkt den Bedürfnissen unserer Kunden am besten entspricht. Dabei sind wir zum Schluss gekommen, dass TWINT derzeit mehr Leistungsumfang bietet und vor allem im Alltag eingesetzt werden kann. Die Zusammenarbeit mit weiteren Mobile- Payment-Anbieter prüfen wir laufend. Wir sind flexibel und keiner Monostrategie verpflichtet.

Eine der neuen digitalen Dienstleitungen soll eine Chat-Funktion mit BKB-Kundenberater sein. Wie muss man sich das vorstellen?

Ja, wir planen eine Portal-Lösung mit einer solchen Funktion. Ziel ist die Kommunikation und Beratung mit Kunden respektive potenziellen Neukunden per Chat. Sei das via PC, Tablet oder Smartphone oder einfacher gesagt, der Kunde entscheidet auf welchem Kanal er mit uns zu kommunizieren wünscht.

Die Bank Coop, an der die BKB die Mehrheit hält, dümpelt seit langem bei tiefen 40 Franken. Bietet sich da vielleicht ein Aufstocken Ihrer Beteiligung an?

Den Kurs der Bank Coop kommentieren wir grundsätzlich nicht. Ebenso äussern wir uns nicht zu allfälligen Überlegungen im Rahmen unserer Beteiligungsstrategie.

Die BKB ist ein starker Partner für die Basler KMU. Viele nehmen die von Ihnen angebotenen Paketleistungen in Anspruch. Was gibt es auf diesem Feld für neue hilfreiche Produkte?

Unsere Business-Pakete sind für ein KMU so zusammengesetzt, dass es sein Tagesgeschäft umfassend, praktisch und zu vorteilhaften Konditionen abwickeln kann. Attraktiv ist vor allem, dass mit den Paketen eine Dispolimite von 5‘000 bis 20‘000 Franken möglich ist. Die Gewährung dieser Limite erfolgt auf Basis nur weniger Kriterien, also rasch und unkompliziert. Im Kreditgeschäft unterstützen wir verstärkt auch Jungunternehmer. So ist die BKB – nebst ihrer Beteiligung an der Erfindungsverwertungs AG (EVA), welche Startups in der Life-Sciences- Branche unterstützt – im vergangenen Jahr eine Partnerschaft mit der Startup Academy Basel eingegangen. Unter anderem bietet diese Zusammenarbeit den Teilnehmenden am Begleitprogramm die Gelegenheit, Anschubfinanzierungen in einer Form zu erhalten, welche erfolgsversprechend, aber ausserhalb der üblichen Kreditrichtlinien liegen. Wir betrachten dies als Teil unseres Auftrags die regionale Wirtschaft zu unterstützen.

Als Kompensation für die Staatsgarantie erhält der Kanton Basel Stadt eine Gewährsträgerabgeltung. Bei vielen Kantonalbanken wird diese Gebühr erhöht. Auch bei der BKB?

Für die Gewinnverwendung gelten die gesetzlichen Bestimmungen gemäss dem Gesetz über die Basler Kantonalbank. Entscheidend ist die Gesamtablieferung an den Kanton Basel-Stadt und nicht die Gewährsträgerabgeltung als isolierte Grösse. Diese Ausschüttungspolitik folgt in der Regel der Ergebnisentwicklung.

Im Online-Banking gehörte die BKB schweizweit zu den Pionieren. Warum ist es in den letzten Jahren auf diesem Feld so ruhig bei Ihnen geworden?

Die BKB hat nach einigen negativen Ereignissen in der Vergangenheit die Strategie, alle Geschäftsfelder, Aktivitäten und Prozesse, einem Review unterzogen. Die Digitalisierung der Bankdienstleistungen und der internen Prozesse ist kein losgelöstes Projekt, sondern fundiert in der Gesamtbankstrategie verankert. Dies ist der Grund, weshalb in einer ersten Phase die Kundenprozesse und das Dienstleistungsangebot im Hinblick auf die Kundenbedürfnisse überprüft wurden. In einem zweiten Schritt werden wir nun unser physisches Dienstleistungs- und Produkteangebot sukzessive digitalisieren. Unsere Vision ist, dass der Kunde stets wählen kann, ob er uns in einer Filiale besucht oder alles von zu Hause auf dem gewohnt hohen Qualitätslevel erledigen will. Mit der Umsetzung unserer digitalen Filiale werden wir zu den ersten Banken in der Schweiz gehören, die über eine integrierte und vollumfängliche digitale Dienstleistungspalette verfügen.

«Wir haben uns nie als Privatbank, sondern immer als Universalbank verstanden. Aber es ist richtig, die Bank hat auch hier eine Veränderung vollzogen.»

Von der Privatbank zur Beraterbank. Kann man so die strategische Wende bei der BKB zusammenfassen?

Wir haben uns nie als Privatbank, sondern immer als Universalbank verstanden. Aber es ist richtig, die Bank hat auch hier eine Veränderung vollzogen. Wir haben vor zwei Jahren das Geschäftsmodell überdacht und eine neue Gesamtbankstrategie entwickelt, die wir nun laufend umsetzen. Dazu haben wir das Geschäftsmodell gestrafft und Risiken bewusst reduziert. Die Umstellung von Einzel- auf Paketdienstleistungen die Eröffnung des Beratungscenters, die Einführung einer Anlagelösung für kleinere Vermögen und die komplette Überarbeitung des Filialnetzes sind wichtige Entwicklungsschritte auf dem Weg zur Beraterbank. Dabei ist klar, wir sehen dies als erste Schritte. Wir werden deshalb weiterhin massiv in den Ausbau der Dienstleistungen und die damit zusammenhängende Digitalisierung investieren.

Bei einer Laufzeit von 5 Jahren liegt der Hypothekarzins bei Ihnen aktuell bei 1 Prozent, per Internetabschluss sogar darunter. Wann erwarten Sie denn den Wendepunkt der Hypozinsen nach oben?

Wir gehen davon aus, dass uns die tiefen Zinsen sicher noch im laufenden Jahr erhalten bleiben. Wichtig ist, dass man sich bei seiner Planung darauf einstellt, dass das tiefe Zinsgefüge noch Jahre anhalten kann. Auch wenn wir uns dies sicher anders wünschten.

Basel wächst ja nun nicht nur allein wegen des Roche-Towers in den Himmel. Was rät die BKB Ihren Hypothekarkunden, die auf Teufel komm raus jetzt in so einem heissen Pflaster noch ein Haus kaufen wollen?

Das Pflaster als heiss zu betrachten, ist nur beschränkt richtig. Klar gibt es gewisse Überhitzungstendenzen, aber generell ist der Immobilienmarkt in der Nordwestschweiz intakt. Unseren Kunden raten wir zu einer profunden Beratung. Dazu gehört unsere Einschätzung der Immobilie genauso wie die Diskussion über den Risikoappetit und die Risikofähigkeit unserer Kunden. Bei Renditeobjekten muss derzeit sehr genau hingeschaut werden. Die fehlenden Anlagemöglichkeiten in anderen Bereichen führen dazu, dass die Investoren Anlageobjekte zu sehr tiefen Renditen erwerben. Eine Zinswende wird sich deshalb in vielen Fällen direkt in einem tieferen Anlagewert niederschlagen.

«Das Basler Pflaster als heiss zu betrachten, ist nur beschränkt richtig.»

Wie kommen Sie überhaupt mit den Mickrig- bis Negativzinsen zurecht, in Ihrem täglichen Geschäft?

Bislang kommen wir ganz gut zurecht, da wir rechtzeitig die nötigen Vorkehrungen getroffen und uns auf das tiefe Zinsumfeld eingestellt haben. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld und um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, muss dennoch die Abhängigkeit vom Zinsgeschäft reduziert und müssen die Geschäftsmodelle neu ausgerichtet werden. Wir haben durch unsere starke Position im Handel und Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft verglichen mit anderen Banken bereits ein gut diversifiziertes Geschäftsmodell, was unsere Geschäftsergebnisse weniger vom Tiefzinsumfeld abhängig macht.

Zur Person:
Guy Lachappelle (54) ist seit Ende Februar 2013 Direktionspräsident und Vorsitzender der Konzernleitung der Basler Kantonalbank. Zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn durchlief er verschiedene Stationen im Bankwesen und in der Unternehmensberatung. Von 2008 bis 2010 war er Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter des Bereichs Kredite und Produktion bei der Bank Coop, danach übernahm er die Leitung des Bereichs Firmenkunden und Institutionelle bei der Basler Kantonalbank. Neben seiner Funktion als Mitglied der Geschäftsleitung und der Konzernleitung wurde er im April 2011 stellvertretender Direktionspräsident. Der in Basel geborene Jurist ergänzte seine Ausbildung mit einem Executive MBA an der HSG. Er ist in zweiter Ehe verheiratet und Vater von fünf Kindern.

Zum Unternehmen:
Die Basler Kantonalbank ist in und um Basel als Universalbank tätig. Sie ist ein Institut mit Staatsgarantie. Das Privat-, das Anlage- und das Kommerzkundengeschäft zählen zu den Kernaufgaben der Basler Kantonalbank. Die Dienstleistungen werden über ein dichtes Filialnetz für die Bevölkerung und die Unternehmen der Region Nordwestschweiz erbracht. Die Basler Kantonalbank hält seit dem Jahr 2000 die Mehrheit an der gesamtschweizerisch tätigen Bank Coop. Die BKB gehört zu rund 86 Prozent dem Kanton Basel-Stadt.

Basler Kantonalbank

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert