Grösste Übernahme 2016: AT&T zahlt 85 Milliarden für Time Warner

Grösste Übernahme 2016: AT&T zahlt 85 Milliarden für Time Warner
AT&T-CEO Randall Stephenson.

Dallas / New York – In den USA bahnt sich eine Mega-Übernahme an: Der Telekom-Konzern AT&T schluckt Time Warner und stösst damit weit ins Mediengeschäft vor. Vereinbart wurde ein Kaufpreis in Höhe von 107,50 Dollar pro Aktie, wie die beiden US-Unternehmen am Samstagabend (Ortszeit) mitteilten.

Daraus ergibt sich ein Kaufpreis von 85,4 Milliarden Dollar. Inklusive übernommener Schulden liegt die Summe bei 108,7 Milliarden Dollar. Der Zusammenschluss soll bis Ende 2017 abgeschlossen werden, die US-Behörden und Time-Warner-Aktionäre müssen noch zustimmen.

Bei dem Deal handelt es sich um die bislang grösste Unternehmensübernahme im Jahr 2016 – noch vor dem 66 Milliarden Dollar teuren Kauf des US-Gentechnikkonzerns Monsanto durch den deutschen Pharmariesen Bayer. AT&T will den Kaufpreis zur Hälfte in bar und zur Hälfte in eigenen Aktien bezahlen.

Zu Time Warner gehören Fernsehsender wie CNN und HBO («Game of Thrones») sowie das Hollywood-Studio Warner Bros. Vor zwei Jahren hatte bereits der Konkurrent 21th Century Fox aus dem Firmenimperium des Medienmagnaten Rupert Murdoch zu einer Übernahme angesetzt, gab jedoch schliesslich auf. Time Warner hatte damals ein Angebot über 85 Dollar pro Aktie ausgeschlagen.

Branchentrend
Mit der Übernahme wagt sich der grösste US-Telekommunikationskonzern weit ins Geschäft mit TV- und Filminhalten vor. Damit folgt AT&T einem Branchentrend – die Telekom-Konzerne suchen nach neuen stabilen Geldquellen und exklusiven Inhalten für ihre Netze, weil die Erlöse im klassischen Kerngeschäft unter Druck stehen.

So kaufte in den USA der Kabel-Anbieter Comcast 2011 NBCUniversal mit der gleichnamigen NBC-Senderkette und dem Universal-Filmstudio. Der grösste AT&T-Rivale Verizon, zu dem bereits AOL mit Online-Medien wie der «Huffington Post» gehört, will sich den Internet-Pionier Yahoo einverleiben.

Die Übernahme von Time Warner bedeute den Zusammengang zweier Unternehmen, die sich perfekt ergänzen, erklärte AT&T-Chef Randall Stephenson. «Ein grosses Ärgernis für Kunden ist, dass sie einmal für Inhalte zahlen und dann nicht überall und auf jedem Gerät Zugriff darauf haben», so Stephenson. «Unser Ziel ist es, das zu ändern.» Time-Warner-Chef Bewkes sprach von einem «grossartigen Tag für Time Warner und seine Aktionäre». Beide Konzerne hätten die moderne Medien- und Kommunikationslandschaft geprägt.

Finanzielles Wagnis
US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump kündigte am Samstag in einer Rede in Gettysburg (Pennsylvania) an, der geplanten Übernahme im Fall eines Wahlsieges nicht zuzustimmen. Der Deal würde eine zu grosse Machtfülle in zu wenigen Händen bedeuten und stehe exemplarisch für «jene Machtstrukturen, die ich bekämpfe». Ohnehin würden die Medien schon heute «von zu wenigen kontrolliert», sagte der Republikaner.

Für AT&T stellt der Zukauf durchaus ein finanzielles Wagnis dar. Der Konzern ist bereits mit 120 Milliarden Dollar verschuldet und muss sich bei dem Deal weitere Time-Warner-Schulden von mehr als 20 Milliarden Dollar aufbürden. Aktionäre hatten nach den ersten Medienberichten über eine mögliche Übernahme skeptisch reagiert und die AT&T-Aktie fallen lassen. Das Unternehmen hatte 2015 bereits für fast 50 Milliarden Dollar den Satelliten-TV-Anbieter DirectTV gekauft.

Konkurrenz für Pay-TV
Mobilfunkunternehmen setzen grosse Hoffnungen auf die nächste Generation der Übertragungstechnik (5G), die auch neue Medienangebote ermöglichen soll. «Wir glauben, dass 5G ein ganz wichtiger Impulsgeber ist», sagte Analyst Rich Tullo vom Wall-Street-Haus Albert Fried & Company. Damit könnten die Telekomanbieter den Bezahlfernsehsendern gehörig in die Quere kommen.

Andere Experten kritisierten allerdings, dass AT&T viel Geld für den Kauf der Inhalte-Produktion ausgibt statt zu deutlich günstigeren Preisen lediglich Verwertungsrechte zu erwerben. Es sei unklar, welche Einsparungen die Zusammenlegung von Vertriebsinfrastruktur und Inhalten bringen könnte, sagte Doug Creutz von der Investmentbank Cowen and Co. «Das wurde schon probiert und funktioniert niemals.» Die Kartellbehörden dürften der Fusion nach Einschätzung von Fachleuten nicht im Wege stehen. Die Partner müssten voraussichtlich nur bestimmte Auflagen erfüllen. (awp/mc/ps)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert