US-Angriff in Syrien löst Krise zwischen USA und Russland aus

US-Angriff in Syrien löst Krise zwischen USA und Russland aus
US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatspräsident Wladimir Putin.

Damaskus / Washington  – Mit einem Luftangriff auf Syriens Armee haben die USA ihre Politik in dem Bürgerkriegsland radikal geändert und zugleich eine schwere Krise mit Russland ausgelöst. Kremlchef Wladimir Putin verurteilte das Bombardement eines Luftwaffenstützpunkts als Angriff auf die Souveränität Syriens. Der Präsident des Landes, Baschar al-Assad, nannte den Einsatz am Freitag «rücksichtslos und unverantwortlich». Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete ihn als nachvollziehbar. Der UN-Sicherheitsrat wollte sich am Freitag zu einer Sitzung treffen.

Trump hatte den Angriff als Reaktion auf einen mutmasslichen Chemiewaffeneinsatz syrischer Truppen angeordnet. Dabei waren am 4. April nach neuesten UN-Angaben mindestens 84 Menschen ums Leben gekommen und 546 verletzt worden.

Erneute Kehrtwende
Syriens Regierung weist die Verantwortung für den Giftgas-Angriff zurück und gibt wie auch Russland Rebellen die Schuld. Russland ist der engste Verbündete Assads.

Die US-Regierung vollzieht mit dem Angriff eine erneute Kehrtwende in der Syrien-Politik. Noch vergangene Woche hatte US-Aussenminister Rex Tillerson gesagt, Assads Schicksal werde vom syrischen Volk bestimmt. Das war eine Abkehr von der Linie der Vorgängerregierung unter Barack Obama, die dem Präsidenten in Damaskus die Hauptverantwortung für den Konflikt in dem Bürgerkriegsland zuschob und auf seinen Sturz hinarbeitete.

«Kriegsverbrechen»
Merkel beriet am Freitag mit Aussenminister Sigmar Gabriel und SPD-Chef Martin Schulz über die Lage. Sie betonte in Berlin, wer Chemiewaffen einsetze, begehe ein «Kriegsverbrechen». Angesichts der Dimension der Kriegsverbrechen in Syrien und im Angesicht des Leids der Zivilbevölkerung sei der US-Angriff «nachvollziehbar». Ähnlich äusserte sich Gabriel. Schulz warnte vor einer militärischen Eskalation.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Regierung setze sich geschlossen für einen politischen Übergang in Syrien und eine demokratische Beendigung der Regierung von Präsident Assad ein. Das Verteidigungsministerium in Berlin gab an, die Bundeswehr habe nichts mit dem US-Angriff zu tun. Deutsche Tornado-Jets machen in Syrien und im Irak Bilder von IS-Stellungen zur Identifizierung von Angriffszielen.

Russland kritisiert Vorgehen scharf
Trump sagte am Rande eines Treffens mit Chinas Staatschef Xi Jinping in Florida, von dem beschossenen Flugplatz sei vor wenigen Tagen der Angriff mit Giftgas auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Chan Scheichun ausgegangen.

Russland kritisierte das Vorgehen scharf. «Dieser Schritt Washingtons fügt den russisch-amerikanischen Beziehungen, die sich ohnehin schon in einem elenden Zustand befinden, einen signifikanten Schaden zu», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. «Präsident Putin hält die amerikanischen Angriffe für eine Aggression gegen einen souveränen Staat, gegen das Völkerrecht, dazu noch mit einem erdachten Vorwand.» Die syrische Armee habe keine Chemiewaffen mehr, das habe nach der Entwaffnung auch die zuständige UN-Organisation bestätigt.

Russland vorab informiert
Russland setzte eine Vereinbarung mit dem US-Militär aus, nach der sich beide Länder über Militärflüge und Angriffe über Syrien informierten, und kündigte an, die syrische Luftabwehr zu verstärken. Der Kreml bestätigte, dass die USA Russland vorab über den Angriff informiert hatten. In der kommenden Woche wird US-Aussenminister Rex Tillerson zu einem seit längerem geplanten Besuch in Moskau erwartet.

Nach syrischen Armeeangaben wurden bei dem US-Angriff mindestens sechs Menschen getötet, darunter drei Militärangehörige. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, auch neun Zivilisten seien ums Leben gekommen, darunter vier Kinder. Die Angaben waren zunächst nicht unabhängig zu überprüfen.

Keine russischen Opfer
Der Gouverneur der Provinz Homs, Talal Barasi, sagte der Deutschen Presse-Agentur, der angegriffene Flugplatz in der Nähe des Ortes Al-Schairat sei stark zerstört worden. Aus syrischen Militärkreisen hiess es, zwölf Kampfjets und Hubschrauber, Treibstofflager sowie zwei Start- und Landebahnen seien getroffen worden. Russlands Aussenminister Sergej Lawrow sagte, es gebe keine russischen Opfer.

Syriens Verbündeter Iran verurteilte den Angriff scharf. Saudi-Arabien, Erzrivale des Irans in der Region, begrüsste ihn hingegen als «mutige Entscheidung» Trumps. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sagte bei einem Wahlkampfauftritt in Hatay nahe der syrischen Grenze, er begrüsse den US-Angriff als einen positiven Schritt gegen die «Kriegsverbrechen des Assad-Regimes», die dieses mit chemischen und konventionellen Waffen verübe. «Aber reicht das? Ich finde, auch das ist nicht genug.» Erdogan erneurte in diesem Zusammenhang seine Forderung nach der Einrichtung von Schutzzonen in Nordsyrien.

Verunsicherung an Finanzmärkten
An den Finanzmärkten sorgte der Angriff für Verunsicherung. Anleger flüchteten aus riskanten Anlagen. Insgesamt hielten sich die Reaktionen aber in Grenzen, der Dax gab zuletzt etwa 0,25 Prozent nach. (awp/mc/upd/ps)

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