Schweiz als idealer Standort für digitale Innovationen

Schweiz als idealer Standort für digitale Innovationen
(Foto: bounlow-pic / Fotolia)

Zürich – Dank einer internetbegeisterten Bevölkerung besitzt die Schweiz beste Chancen, sich als digitales Innovationslabor zu etablieren. Neue Digitalprodukte und Dienstleistungen könnten so über verschiedene Branchen hinweg entwickelt und lanciert werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Strategieberatung Oliver Wyman auf Basis einer aktuellen Studie. Noch allerdings hemmen Sicherheitsbedenken seitens der Endkunden diese Entwicklung. Technologiefirmen und Onlinehändlern begegnet die grösste Skepsis. Industrieübergreifende Zusammenarbeit und verbesserte Regeln für den Umgang mit persönlichen Daten sowie die klare Positionierung des Mehrwerts für den Kunden könnten das Vertrauen stärken und das Wachstum des Digitalstandorts Schweiz weiter beschleunigen.

Ein Leben offline? Für viele Schweizer ist das undenkbar. Knapp zwei Drittel der befragten Schweizer können nach eigener Aussage nicht länger als einen Tag ohne Onlinezugang auskommen. Auch im Privatleben zeigen sie eine rege Internetaktivität: drei Viertel surfen täglich über zwei Stunden ausserhalb der Arbeit. Dies sind Ergebnisse der Studie „Switzerland’s Digital DNA“ von Oliver Wyman, die auf einer repräsentativen Befragung von 2.100 Personen basiert. „Unternehmen könnten die hohe Internetaffinität der Schweizer noch stärker nutzen, um neue Produkte und Dienstleistungen zu lancieren“, sagt Studienautor Nordal Cavadini, Partner bei Oliver Wyman in Zürich. „Das Land könnte so zum digitalen Innovationslabor in Europa werden“, ergänzt Co-Studienautor Martin Gahr, Berater bei Oliver Wyman in Zürich. Als potenzielles Hemmnis sehen die Autoren jedoch den noch verbesserungswürdigen Schutz privater Daten. Bereits ein Fünftel der Befragten ist Opfer von Internetkriminalität geworden. 77 Prozent der Befragten befürchten eine wachsende Internetkriminalität und 68 Prozent rufen diesbezüglich nach mehr Regulierung: Wirtschaft und Politik seien aufgefordert, bestehende Sicherheitsbedenken abzubauen.

Grundsätzlich sind die befragten Schweizer der digitalen Technik gegenüber sehr aufgeschlossen: 67 Prozent konstatieren einen positiven Einfluss auf ihr Leben. 74 Prozent erwarten eine Vereinfachung der Arbeit, 57 Prozent rechnen mit neuen Jobs durch die Digitalisierung, abhängig von der jeweiligen Branche. Eine Förderung von Bildung erhoffen 66 Prozent, 58 Prozent sehen positive Effekte für die Gesundheit voraus. Überwiegend wird das Internet in der Schweiz noch zur Information und zum Austausch genutzt. Persönliche Kommunikation erreicht dabei den höchsten Wert mit 79 Prozent vor Faktenchecks mit 61 Prozent.

Mehrwert für den Kunden durch Unternehmenszusammenarbeit
Für die Unternehmen gehe es nun darum, von den guten Voraussetzungen zu profitieren und mit digitalen Geschäftsmodellen Mehrwert für ihre Kunden zu erzeugen. Aber es besteht Nachholbedarf beim digitalen Angebot, insbesondere ausserhalb der klassischen Onlineplattformen. Die Oliver Wyman-Experten erwarten neue Allianzen – auch zwischen heutigen Wettbewerbern: „Unkonventionelle Partnerschaften werden im digitalen Zeitalter häufiger das Licht sehen“, sagt Cavadini. Auch der öffentliche Sektor rückt für Kooperationen ins Blickfeld, etwa Spitäler, Krankenkassen oder Hochschulen, die gemäss der Umfrage besonders hohes Vertrauen der Bevölkerung im Umgang mit persönlichen Daten geniessen. „Es wäre nicht erstaunlich, wenn Unternehmen aus der Industrie oder dem Dienstleistungssektor mit solchen Einrichtungen kooperieren“, sagt Cavadini.

Fast drei Viertel der Befragten geben aktuell nur ungern persönliche Daten weiter. Zudem machen sich 63 Prozent Sorgen darüber, wie Unternehmen diese verschlüsseln und speichern. Starke Unterschiede offenbaren sich bei der Frage, wem die Schweizer persönliche Informationen anvertrauen. Technologiefirmen und Onlinehändler schneiden am schlechtesten ab: Nur 26 Prozent der Befragten gaben an, Vertrauen bei der Datenweitergabe an Technologiefirmen zu haben, bei Onlinehändlern sind es 27 Prozent. Zum Vergleich: Ärzte, Spitäler und Krankenkassen kommen auf 64 Prozent, Banken auf 62 Prozent und auch Universitäten, Hochschulen sowie Forschungsinstitute liegen mit 55 Prozent weit vorne. Nur gemeinsam könne man für mehr Glaubwürdigkeit sorgen, sagt Joris D’Incà, Schweizchef von Oliver Wyman: „Kantone, Städte und Unternehmen sind dabei in der Pflicht, für klare Datenschutz-Richtlinien zu sorgen. Wenn sie beim Thema Vertrauensdefizit nicht handeln, könnte das zukünftiges Wachstum gefährden.“

Daten gegen günstigere Preise
Insgesamt sind sich die Schweizer beim Umgang mit persönlichen Daten der Risiken bewusst. Beispiel Geotagging: 92 Prozent der Befragten sind sich sicher, dass Smartphones Aufenthaltsorte speichern und wiedergeben können. 79 Prozent äussern die Ansicht, dass die Regierung relativ leicht den Internetverlauf nachverfolgen und die meisten persönlichen Informationen sowie Gesundheits- und Finanzdaten abfragen könne. „Die Schweizer nehmen es in Kauf, dass persönliche Daten gesammelt werden“, sagt Cavadini. „Sie begrüssen es, dafür bessere Preise oder personalisierte Dienstleistungen zu bekommen.“ 78 Prozent assozieren Digitalisierung mit günstigeren Endpreisen. Daraus folgert Cavadini: „New Economy kann auch ein Ausweg aus der Hochpreisinsel sein.“ (Oliver Wyman/mc)

Über die Studie
Für die Studie „Switzerland’s Digital DNA“ befragte Oliver Wyman im Februar 2017 über 2.100 Schweizer (Internetnutzer und Offliner) in den beiden grossen Landessprachen Deutsch und Französisch hinsichtlich ihrer Einstellung zum Thema Digitalisierung. Befragt wurden sie unter anderem zu den Themen Internetznutzung, Hoffnungen und Ängste, Vertrauen sowie zukünftige Veränderungen.

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