Mays Brexit-Poker macht Pfund-Anlegern das Leben schwer

Mays Brexit-Poker macht Pfund-Anlegern das Leben schwer
Grossbritanniens Premierministerin Theresa May.

Frankfurt – Premierministerin Theresa May hat die Karten für das Pfund Sterling mit ihrer überraschenden Wahlankündigung neu gemischt. Ob die britische Währung zu den Gewinnern zählt, ist aber nicht eindeutig.

Während einige Experten darauf hoffen, dass May gestärkt aus der Abstimmung hervorgeht und bei den Brexit-Verhandlungen einen versöhnlicheren Kurs einschlägt, befürchten andere weiterhin eine schmutzige Scheidung Grossbritanniens von der EU.

Das würde sich Experten zufolge negativ auf die britische Wirtschaft auswirken und dem Pfund einen erneuten Kursrutsch einbrocken. Seit dem Brexit-Referendum im vergangenen Juni hat die Währung knapp 15 Prozent auf derzeit gut 1,28 Dollar abgewertet.

«Die Entscheidung für vorgezogene Neuwahlen am 8. Juni ist zwar nicht ohne Risiko, angesichts des Vorsprungs in den Umfragen sollten die Konservativen ihre Parlamentsmehrheit aber deutlich ausbauen können», sagt Mike Amey, Chef des Pfund-Sterling-Portfolios beim Fondsanbieter Pimco. «Dies würde der Regierung mehr Freiraum für die Brexit-Verhandlungen geben.»

Mit einem klaren Mandat des Volkes für einen weicheren Brexit könnte May auch gestärkt gegen das extreme Anti-EU-Lager innerhalb der Konservativen auftreten, betonen die Experten der BayernLB. «Möglicherweise werden bestimmte Kandidaten aus diesem Lager für die Wahl im Juni auch nur unter der Bedingung aufgestellt, dass sie ihre Hard-Brexit-Vorstellungen entschärfen.»

Unter einem «harten» Brexit verstehen Börsianer den Ausstieg Grossbritanniens aus der EU, bei dem das Land den Zugang zum Binnenmarkt verliert.

Hart oder zart?
Dank der Aussicht auf einen sanfteren Brexit sieht George Saravelos, Co-Chefanalyst für Devisen bei der Deutschen Bank, die Aussichten für das Pfund nun rosiger. Er löse seine Wetten auf fallende Kurse auf. Andere Anleger taten es ihm unmittelbar nach Mays Ankündigung offenbar gleich und hievten das Pfund zeitweise auf ein Sechseinhalb-Monats-Hoch von 1,2904 Dollar.

Marktanalyst Fawad Razaqzada vom Online-Broker Forex.com bezweifelt allerdings, dass es sich um einen grundlegenden Stimmungsumschwung handelt. «Schliesslich wissen wir zum Beispiel immer noch nicht, wie ein Handelsabkommen Grossbritanniens mit der EU aussehen wird.»

Am Ende werde es zwar einen Deal geben, betont Jörg Krämer, Chefökonom der Commerzbank. «Aber der Verhandlungsprozess ist mit so vielen Unsicherheiten behaftet, dass mit einer nachhaltigen Erholung des Pfundes bis auf weiteres nicht zu rechnen ist.» Er gehe weiterhin davon aus, dass der Euro zum Jahresende auf 0,91 von derzeit etwa 0,84 Pfund steigt.

Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners hält die Hoffnungen auf einen «sanften» Brexit für verfrüht. «Die Scheidung Grossbritanniens von der EU könnte nach einem Wahlsieg von Theresa May noch härter ausfallen.»

Andere Börsianer urteilen ähnlich und verweisen darauf, dass die Premierministerin einen Austritt aus dem Binnenmarkt und der Zollunion anstrebe. Der Erfolg der Verhandlungen hänge stark von der Kompromissbereitschaft der EU ab. Diese habe aber kein Interesse daran, den Brexit zu einer Erfolgsgeschichte zu machen.

Zweites Brexit-Referendum light?
Analyst Dirk Gojny von der der Essener National-Bank warnt zudem davor, einen Wahlsieg Mays als ausgemachte Sache zu betrachten. Die Abstimmung könnte die Verhandlungen mit der EU sogar komplizierter machen. «Inzwischen dürfte allen Briten klar geworden sein, welche Konsequenzen der EU-Ausstieg haben wird.

Dementsprechend können die Wählerinnen und Wähler ja Parteien ihre Stimme geben, die sich aus den verschiedensten Gründen für den Verbleib in der EU aussprechen, um so ein Gegengewicht zu den Konservativen zu bilden.» Die BayernLB-Experten halten sogar Wahlbündnisse der Brexit-Gegner für möglich, um den konservativen Tories in möglichst vielen Wahlbezirken den Rang abzulaufen. (awp/mc/ps)

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