Die Sicht des Raiffeisen Chefökonomen: Grosser Wurf, wieviel Wirkung?

Die Sicht des Raiffeisen Chefökonomen: Grosser Wurf, wieviel Wirkung?
von Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff. (Foto: Raiffeisen)

Der US-Präsident möchte die Unternehmenssteuern von heute 35 auf 15 Prozent sen­ken. Eigentliche Gewinner der von ihm geplanten Steuerre­form wären Familienunter­nehmen, freiberuflich Schaf­fende und – wen wundert’s – Immobilienentwickler. Die grossen Konzerne und Kapi­talgesellschaften profitieren weniger, werden aber heute dank Abschreibungen und anderen Steuervorteilen tiefer besteuert. Gemäss Bundesrechnungshof lag deren effektiver Steuersatz zwischen 2008 und 2012 bei rund 20-25% Prozent.

Trump wäre der erste Präsident seit Ronald Reagan, der sich an den Körperschaftssteuersatz heranwagt. Seit der damaligen Senkung von 46 auf etwas unter 32 Prozent hat sich in Sachen Unternehmenssteuern in den USA kaum mehr etwas getan. Von daher ist der geplante Schritt durchaus bemerkenswert. Er löst aber natürlich auch Diskussionen aus, besonders unter Ökonomen, die befürchten, die Steuersenkungen könnten die Staatschulden weiter in die Höhe treiben. Andere halten dagegen, dass die durch Steuersenkun­gen frei werdenden Mittel wieder in den Wirtschafts­kreislauf fliessen, also Wachstumskräfte freisetzen, die wiederum zu erhöhten Steuereinnahmen führen. Vor gut 40 Jahren schon vertrat der Ökonom Arthur Laffer diese Meinung gegenüber den späteren Reagan Bera­tern Dick Cheney und Donald Rumsfeld und beein­flusste diese wohl, Reagan die Steuersenkung ans Herz zu legen. Heute feiert Laffer sozusagen ein kleines Comeback.

Theorie nicht eindeutig
Die Lafferkurve (siehe Grafik) ist ein einfaches Model, das sich mit der Frage befasst wie die Steuerrate (meis­tens die Einkommens- oder Unternehmenssteuer) das staatliche Steuereinkommen beeinflusst. Grundsätzlich nehmen mit steigenden Steuersätzen auch die Steuer­einnahmen zu und umgekehrt. Die Beziehung ist aber nicht immer so eindeutig. Bei Steuererhöhungen z.B. beginnen ab einem kritischen Punkt, wenn die Steuern schon hoch sind, die Einnahmen wieder zu sinken, weil die Wirtschaft abgewürgt wird. Stellen sie sich vor, der Steuersatz betrage weit über 50% oder im hypotheti­schen Extremfall sogar 100% ihres Einkommens. Wür­den Sie dann noch überhaupt arbeiten und zum staat­lichen Steueraufkommen beitragen? Die Arbeitsbereit­schaft schmilzt also dahin und auch die Steuerhinter­ziehung wird zu einem massiven Problem. Steuersen­kungen wiederum können sogar zu steigenden Ein­nahmen führen, wenn der Steuersatz bis anhin einfach zu hoch für die Wirtschaft war und eine Senkung die Konjunktur entsprechend stimuliert, was die Beschäf­tigung und schlussendlich auch die Löhne erhöht. Deshalb wird häufig argumentiert, aktuell z.B. von Präsident Trump, dass Steuersenkungen selbstfinanzie­rend, also budgetneutral durchgeführt werden kön­nen. Ob das wirklich so ist, bleibt umstritten. Die Theo­rie hilft da nicht weiter, denn es besteht keine zuver­lässige empirische Evidenz zur Laffer-Kurve. Erfah­rungshalber lässt sich aber festhalten: Bei Steuererhö­hungen steigen die Einnahmen häufig weniger stark als vermutet, während Steuersenkungen die Einnah­men oft weniger belasten, als vielerorts befürchtet. Die Debatte ist nun von Trump neu lanciert worden. Dass einige Staaten eine äussert hohe Steuerbelastung auf­weisen und sich jenseits des kritischen Punktes bewe­gen, ist intuitiv wohl plausibel. In den wenigen Stu­dien, die es gibt, werden häufig Skandinavien aber auch Frankreich zu diesen Länder gezählt. Sie könnten mit Steuersenkungen ihren Staatshaushalt möglicher­weise sogar entlasten. Ob die amerikanischen Unternehmenssteuern auch in diese Kategorie fallen, ist offen.

Die Lafferkurve (eigene Darstellung)


Bloss kein Steuerwettbewerb
Generell beäugt die Welt die Politik Trumps kritisch, kein Wunder. Es hat sich schliesslich Jahrzehnte lang nichts getan, was die Steuersätze betrifft und kleine Erhöhungen lagen immer wieder drin, ohne dass das gross geschadet hätte. Die Volkswirtschaften versuch­ten den Standort weniger über Steuertarife zu ver­markten sondern über andere Wettbewerbsfaktoren. Doch letztendlich sind tiefe Steuern immer noch das beste Lockmittel für internationale Firmenansiedlun­gen, und Trump weiss das. Finanzminister Schäuble in Deutschland beispielsweise aber auch. Der lässt sein Ministerium bereits ausarbeiten, wie man in Deutsch­land gegenhalten möchte, wenn es in den USA tat­sächlich zur historisch einzigartigen Steuersenkung kommt. Und das ist gut. Seit der Finanzkrise hat sich der internationale Steuerwettbewerb darauf konzentriert, weltweit Steuerhinterzieher zu jagen, statt die Ursachen dafür, dass so viele Leute Steuern hinter­ziehen, zu beseitigen. Vielleicht kommt es ja in der Ära Trump doch noch zu einem grossen Wurf, nicht nur in den USA sondern im globalen Steuerwettbewerb. Der könnte ruhig wieder etwas mehr spielen, hat noch keinem geschadet. (Raiffeisen/mc/ps)

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