Andreas Appenzeller, Geschäftsleiter ADEV Energiegenossenschaft, im Interview

Andreas Appenzeller, Geschäftsleiter ADEV Energiegenossenschaft, im Interview
Andreas Appenzeller, Vorsitzender der Geschäftsleitung ADEV Energiegenossenschaft. (Foto: ADEV)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Appenzeller, wer GenossenschafterIn Ihrer Energiegenossenschaft ist, kann der ADEV ein festverzinsliches Darlehen zur Finanzierung sauberer Energieprojekte in Franken oder Euro gewähren. Wird diese Art Geldanlage jetzt stärker nachgefragt – wegen der Negativzinsen?

Andreas Appenzeller: Ja, wir erhalten immer mehr Direktdarlehen. Jeder Darlehensgeber ist bei uns Genossenschafter.

Wie hoch ist die Rendite, und wird das Risiko anständig abgegolten?

Die Laufzeit beträgt mindestens 3 Jahre, die Verzinsung kann gewählt werden bis maximal 0.75% für Darlehen in Schweizer Franken und maximal 1.00% für Euro-Darlehen. Für längere Laufzeiten ab 6 Jahren kann der Zins bis maximal 1.25% für Darlehen in Schweizer Franken und höchstens 1.50% für Euro-Darlehen gewählt werden.

Kommt es da nicht besser, gleich Genossenschaftsanteile zu zeichnen? Die Verzinsung ist doch höher.

Die Verzinsung war in den vergangenen Jahren höher bei den Anteilscheinen, aber das ist die Verzinsung von Eigenkapital. Aber sie haben recht: in den vergangenen Jahren wurden deswegen von Einzelnen immer mehr Anteilscheine erworben. Die Generalversammlung hat dann aber vor 2 Jahren ein Maximum von 60 Anteilscheinen pro Person eingeführt, ähnlich wie andere grosse Genossenschaften dies handhaben. Die ADEV will eine breit aufgestellte Bürgerbeteiligungsgesellschaft bleiben.

Für jede Stromart gibt es bei ADEV eine eigene Aktie: Wasser, Wind und Sonne. Wieso gibt es keine Einheitsaktie?

Weil wir den Aktionärinnen und Aktionären genau diese Wahl offen lassen wollen. Sie können aber auch von allen Gesellschaften Aktien erwerben, was dann quasi ähnlich einer Einheitsaktie ist. Verschiedene Aktionäre halten Aktien von allen ADEV-Gesellschaften.

«Die Gestehungskosten von neuen zentralen inländischen Produktionsanlagen liegen heute bei 15-20 Rappen/kWh.»
Andreas Appenzeller, Vorsitzender Geschäftsleitung ADEV Energiegenossenschaft

ADEV Solarstrom und ADEV Windkraft schütten eine Dividende aus. Wieso nicht ADEV Wasser?

Die ADEV Wasserkraftwerk AG hatte vor 8 Jahren 3 Wasserkraftwerke in Frankreich erworben und anschliessend komplett saniert als der Wechselkurs noch über 1.5 CHF/Euro war. Heute liegt er bei 1.08 CHF/Euro, daraus entstand ein Verlust von knapp einer Million Franken, die nun mit den Jahresgewinnen zuerst abgetragen werden muss.

In ihrer 32jährigen Geschichte hat die ADEV immer stark für hohe Einspeisetarife lobbyiert. Wo sehen Sie denn persönlich den fairen Rückliefertarif?

Wir haben nie für hohe, sondern immer für kostendeckende Einspeisetarife lobbyiert. Die Gestehungskosten von neuen zentralen inländischen Produktionsanlagen liegen heute bei 15-20 Rappen/kWh, seien das Wasserkraftwerke, Atomkraftwerke oder andere fossile Grossanlagen. Kleinwasserkraftwerke und Windkraftwerke können auch mit diesen Preisen produzieren, Solarstromanlagen können heute schon günstiger produzieren. Mit der kostendeckenden Einspeisevergütung KEV wurden faire oder eben kostendeckende Rückliefertarife gesetzlich festgelegt.

Seit 2003 investiert die ADEV auch im Ausland. Hat es im Moment gerade neue Projektideen?

Wir haben Projektideen im Ausland, sind aber zurückhaltend aufgrund der Erfahrungen mit den Wechselkursrisiken bei langfristigen Investitionen.

Auch erneuerbare Energien sind nicht gegen Katastrophen immun. Wie schützen Sie denn beispielsweise Ihre Wasserlaufwerke gegen Umweltschäden?

Vorwiegend mit einer guten Anlagenkonzeption, die auch aussergewöhnliche Umwelteinflüsse berücksichtigt. Und dann das Restrisiko mit Versicherungen.

Auch Sie müssen fleissig Fischtreppen bauen. Gibt Ihnen der WWF da einen Zuschuss?

Wir haben bereits bei den meisten Anlagen Fischtreppen. Aufgrund neuster Auflagen vom BAFU müssen diese aber bereits wieder angepasst werden, da sie nun auch den Lachs berücksichtigen müssen und neuerdings auch den Fischabstieg. Ein Fischabstieg bei Hochwasser, wie er bei Fischen normal ist und von allen unseren Anlagen gewährleistet wird, reicht neuerdings nicht mehr aus. Von WWF oder anderen Naturschutzverbänden haben wir für unsere Fischtreppen und auch für die Umsetzung dieser neuen Ideen noch keine Unterstützung erhalten.

«Unsere Schwerpunkte liegen in der Region Nordwestschweiz, Zürich und Bern.»

In den letzten Jahren hat die ADEV Ihr Geschäftsmodell stark aus dem Stammkanton Basel Land nach Solothurn exportiert. In welchen weiter entfernten Kantonen planen Sie neue Projekte?

Wir sind in der ganzen Schweiz und im angrenzenden Ausland tätig. Schwerpunkte liegen in der Region Nordwestschweiz, Zürich und Bern. Neu ist ein Wärmeverbundprojekt in der Stadt Chur, für das wir den Zuschlag kürzlich erhalten haben.

Welche Folgen hat das Ja der Schweizer Stimmbürger zum Energiegesetz für ADEV?

Das Ja zum Energiegesetz hat uns sehr gefreut. Nimmt es doch die Uranliegen der ADEV auf: Atomausstieg und Stärkung der dezentralen Energieversorgung. Diese wird nun als Eigenverbrauch noch besser geregelt wie in der heutigen Gesetzgebung. Wird der Strom dort produziert, wo er verbraucht wird, hat das nur Vorteile: weniger Netzausbau, grössere Versorgungssicherheit, weniger Leitungsverluste, etc. und vor allem auch eine Demokratisierung der Energielandschaft.

Die Idee hinter ADEV stammt aus den 80er Jahren, es ist die Idee einer Stromwirtschaft aus dezentralen Netzen. Wäre das auch ein Modell für die gesamte Wirtschaft?

Wenn die dezentralen Netze zusammengehängt sind, ist das sicher in einzelnen Wirtschaftszweigen eine Überlegung wert.

Zum Gesprächspartner:
Andreas Appenzeller (54) ist in Basel aufgewachsen und hat an der ETH in Zürich und der Fachhochschule in Muttenz Maschinenbauingenieur studiert. Schon während der Studienzeit hat er Elektromobile entwickelt und hat mit seinem Team verschiedene Preise im In- und Ausland gewonnen. Anschliessend befasste er sich vor allem mit der Planung von erneuerbaren Energieanlagen und der Bauphysik von Gebäuden. 1992 kam er zur ADEV Energiegenossenschaft, wo er 2008 die Geschäftsleitung, der mittlerweile auf 8 Gesellschaften gewachsenen ADEV-Gruppe übernahm. Über die Jahre hat er sich ein umfassendes technisches Wissen über erneuerbare Energieanlagen in den Bereichen Solar-, Wind-, Wasser-, und Wärmeanlagen sowie über die Finanzierung und den Betrieb dieser dezentralen Energieanlagen angeeignet. Als nebenamtlicher Dozent an der ETH gibt er dieses Wissen heute weiter und ist in verschiedenen Fachverbänden und Gremien aktiv.

Andreas Appenzeller ist verheiratet und hat vier Kinder im Alter zwischen 16 und 24 Jahren. Die Familie lebt in Hölstein in einem alten Bauernhaus, das sie zu einem fast Nullenergiehaus mit drei Wohnungen umgebaut hat. Im Gemeinderat ist er für das Schulwesen, Raumplanung und Strassenbau zuständig.

Zum Unternehmen:
Die ADEV Energiegenossenschaft wurde 1985 als „Kind der Anti-AKW-Bewegung“ gegründet. Damals firmierte die Genossenschaft noch unter dem Namen Arbeitsgemeinschaft für dezentrale Energieversorgung, abgekürzt ADEV. Die ADEV Energiegenossenschaft ist das Stammhaus der gesamten ADEV-Gruppe, und sie ist eine wichtige Aktionärin der publikumsgeöffneten Tochtergesellschaften ADEV Wasserkraftwerk AG, der ADEV Solarstrom AG und der ADEV Windkraft AG, übernimmt sämtliche Managementaufgaben und hält durch Stimmrechtsaktien immer mindestens 34% der Stimmen. Die Energiegenossenschaft wird heute von rund 700 Genossenschafterinnen und Genossenschaftern getragen. Sie hat 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche sich rund elf Vollzeitstellen teilen, sowie über 30 Anlagewarte im Nebenamt.

ADEV Energiegenossenschaft
Firmeninformationen bei monetas

 


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Zusätzliche Informationen zur ADEV Wasserkraftwerk AG wie

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finden Sie bei der Zürcher Kantonalbank hier…


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