SIX will Geschäfte mit Umsetzung von Vorschriften machen

SIX will Geschäfte mit Umsetzung von Vorschriften machen
Robert Jeanbart, Division CEO Financial Information SIX Group. (Foto: SIX)

Zürich – Die SIX sieht in der europäischen Regulierung eine Geschäftschance für sich. Sie will die Banken bei der Umsetzung der neuen Anlegerschutzvorschriften unterstützen oder ihnen diese sogar abnehmen. Dafür hat die Finanzinfrastruktur-Dienstleisterin in den letzten Jahren Millionen investiert.

Auf die Schweizer Banken kommen unter anderem verschärfte Anlegerschutzvorschriften zu. So gelten ab 2018 in der EU neue Richtlinien (MFiD II und PRIIP). «Es ist ein Trugschluss, dass diese Vorschriften die Schweizer Banken nicht betreffen», sagte Robert Jeanbart, Leiter der SIX-Division Financial Information, am Dienstag vor den Medien. So müssten die Banken diese Richtlinien bei EU-Kunden und in EU-Filialen anwenden. Zudem gelten die Vorschriften für Produkte, die in der EU ausgegeben wurden.

Neu an den Richtlinien sei der Umfang an Vorschriften, sagte Jeanbart. Sie regeln etwa, wie Produktinformationen erstellt und verteilt werden müssen, wie Risiken und Kosten dargestellt werden müssen oder wie Anleger über ihre Steuerpflichten zu informieren sind. Zudem wird festgelegt, welche Produkte sich für welche Investorengruppen eignen. So dürfen gewisse komplexe Anlagen nicht an Privatanleger verkauft werden.

One-Stop-Shop für Banken
Die Schweizer Börsen- und Finanzinfrastrukturbetreiberin will mit ihrer Einheit SIX Financial Information solche Aufgaben für ihre Kunden übernehmen. Die SIX Financial Information stellt einen von vier Geschäftsbereichen der SIX dar.

Die Einheit ist spezialisiert auf Datendienste und regulatorische Dienstleistungen. Sie erwirtschaftete 2016 mit 402,6 Mio CHF über ein Fünftel des Gruppen-Betriebsertrages sowie einen EBIT von 26,7 Mio CHF.

Die SIX habe das Ziel, zu einem One-Stop-Shop für die Banken zu werden, sagte Jeanbart. So sollen Kundenberater direkt abrufen können, ob die gewünschten Produkte für den Anleger zugelassen sind, welches Risikoprofil sie aufweisen und welche Steuerpflichten sich daraus ergeben. Nach Kenntnis der SIX bieten Konkurrenten heute erst spezialisierte solche Dienste an, nicht aber die ganze Bandbreite.

80 Kunden
Das entsprechende System, den Financial Regulatory Hub, hat die SIX während zweier Jahre aufgebaut. Dafür hat die SIX laut Jeanbart jährlich zweistellige Millionenbeträge investiert. Die Kunden haben bereits Zugang zum System und können Tests durchführen, so dass bis 2018 alles bereit ist. Die Preise richten sich unter anderem nach dem Umfang der benötigten Dienstleistungen und der Grösse der Bank.

Das Angebot richtet sich an internationale Banken aller Grössen und sowohl aus dem In- als auch dem Ausland. Heute würden 80 Banken auf die SIX-Lösung setzen, sagte Jeanbart.

Er warnte davor, dass unvorbereitete Banken Gefahr liefen, Kunden zu verlieren. Privatanleger müssten grosse Nachteile befürchten, wenn ihre Banken nicht die richtige Infrastruktur für die Regulierungen hätten. So drohten ihnen Einschränkungen bei der Produktwahl, Verwirrung und Überforderung durch die Flut an Dokumenten.

SIX unter Druck von Aktionär
Angesichts steigender Kosten und sinkender Erträge werden in der Bankenbranche seit geraumer Zeit Kooperationen diskutiert. Die Idee einer Superbank, in der die Banken Verwaltung und Abwicklung zusammenlegen, hat die SIX nach einer Prüfung als unrealisierbar verworfen.

Stattdessen will sie einzelne Dienstleistungen für verschiedene Banken und Bankengruppen übernehmen – so wie nun bei den Anlegerschutzvorschriften. Dabei geht es laut Jeanbart vor allem darum, Dienstleistungen für Banken zu übernehmen, wo es für die Kunden keinen Unterschied macht und sich die Banken somit nicht differenzieren können.

Die SIX gehört rund 130 Banken. Grösste Aktionärin ist die UBS. Deren Chef Sergio Ermotti hatte die SIX nach deren Absage an die Superbank in einem «Blick»-Interview kritisiert. Die SIX müsse über die Bücher gehen. «Ich glaube nicht, dass das heutige Geschäftsmodell langfristig nachhaltig ist», meinte er damals. (awp/mc/upd/ps)

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