René Rothen, CEO Adval Tech Holding AG, im Interview

René Rothen, CEO Adval Tech Holding AG, im Interview
René Rothen, CEO Adval Tech. (Copyright: Adval Tech)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Rothen, Ihr mexikanischer Produktionsstandort soll Ende 2017 ans Band gehen. Könnte Donald Trump einen Strich durch diese Rechnung machen?

René Rothen: Gemäss Ranking belegt Mexiko Platz 7 von 26 Automobilindustrie-Nationen. Entsprechend ist Mexiko für Adval Tech sehr wichtig, folgen wir doch entsprechend unserer Strategie unseren OEM-Kunden dorthin, wo es für beide Parteien Sinn macht. So geschehen am Beispiel von Audi, wonach wir Produkte in unserem Werk in Ungarn für den europäischen Bedarf produzieren und nun in Mexiko für den lokalen Bedarf. Mexiko stellt für uns eine sehr wichtige Plattform dar, haben sich doch renommierte Automobilhersteller – Kunden von Adval Tech- in Mexiko niedergelassen.

Weshalb hat Adval Tech Mexico nur ein Stammkapital von 3000 Dollar?

Es geht hier um technische Angaben, wenn man eine neue Firma gründet. Wir haben bereits eine Kapitalerhöhung beschlossen und sind in der Implementierungsphase.

In Brasilien ist es gelungen, nach einigen schwierigen Jahren neue Aufträge zu erhalten. Aber immer wieder kommt es in der brasilianischen Wirtschaft zu Skandalen. Bekommen Sie davon bei Styner+Bienz do Brasil überhaupt etwas mit?

Die politische Situation in Brasilien ist nicht immer einfach zu verstehen. Grundsätzlich sind wir von den Skandalen nicht direkt betroffen, es sei denn, diese haben Auswirkungen wie etwa Streiks. Die wirtschaftliche Situation des Landes ist unstabil. In der Automobilbranche, in der wir tätig sind, haben wir viele neue Projekte akquirieren können. Die Frage ist, ob die OEM (Automobilhersteller) wegen eventuell tieferer Nachfrage diese Projekte verschieben werden. Zurzeit scheint dies nicht der Fall zu sein.

«Die wirtschaftliche Lage in Brasilien ist instabil, aber im Moment werden dort keine Projekte in der Automobilbranche verschoben.»
René Rothen, CEO Adval Tech

Das letzte Geschäftsjahr war geprägt durch riesige strategische Weichenstellungen, unter anderem die komplette Fixierung auf die Automobilindustrie nach dem Verkauf des Formengeschäfts. Wird Adval dadurch nicht extrem prozyklisch?

Unsere Fokussierungsstrategie seit ein paar Jahren ist ganz klar: wir wollen ein globaler Anbieter von technologisch anspruchsvollen Komponenten und Baugruppen aus Metall und Kunststoff primär für die Automobilindustrie sowie auch in verwandten Anwendungen werden. Hier handelt es sich um Komponenten, die bezüglich Stückzahl, Qualitätsanforderungen, Lebensdauer und Produktionsprozessen mit denen der Automobilindustrie vergleichbar sind. Wir beliefern OEMs (Premiumsegment BMW, Audi, Porsche etc) direkt, aber auch First-Tier-Kunden, welche ihrerseits viele Automobilhersteller beliefern. Adval Tech ist eine globale Gruppe: wir sind dort zu Hause, wo unsere Kunden zu Hause sind, und wir wollen uns differenzieren, indem wir einen Mehrwert anbieten, sei es in der Entwicklung oder in der Industrialisierung – oder bei den Produktionsprozessen. Wir sind deshalb der Meinung, dass das Risiko gut verteilt ist.

Advals Auftragsbuch war wohl noch nie in der Firmengeschichte so gut gefüllt wie jetzt, oder?

Wir sind mit der Situation in den ersten fünf Monate 2017 nicht unzufrieden.

Stellt das eine personallogistische Herausforderung dar?

Die Herausforderung besteht darin, die richtigen Leute zu rekrutieren. In der Schweiz sowie in Deutschland ist es aktuell nicht einfach, gute und qualifizierte Leute zu finden.

Wie muss man sich denn das Aushandeln von Grossaufträgen bei Ihrer Firma vorstellen? Das geht sicher extrem fokussiert und detailversessen zu, oder?

Ich gehe davon aus, dass Sie sich auf Grossaufträge von OEMs beziehen. Man ist logischerweise stets mit den Kunden in Kontakt und man erfährt, wann eine neue Plattform lanciert wird. Normalerweise beginnt man in diesem Fall mit einem RFQ (Request für Quotation) für einen Entwicklungsauftrag, um eine Lösung zu einer bestimmten „Aufgabenstellung“ zu erarbeiten. Wie zum Beispiel unser Projekt für BMW, bei dem wir eine Lösung für die Luft-Wasser-Trennung im Bereich Frontscheibe/Motorraum entwickelt haben. Wenn man diesen Entwicklungsauftrag bekommen hat, erhält man in der Regel auch den Produktionsauftrag. Ganz klar müssen alle Bedingungen stimmen.

«In der Schweiz sowie in Deutschland ist es aktuell nicht einfach, gute und qualifizierte Leute zu finden.»

Ihre Schweizer Gesellschaften sind nach wie vor einem grossen Margendruck ausgesetzt. So langsam müsste doch von der Währungsfront Entlastung kommen.

Die 2015 infolge der massiven Aufwertung des Schweizer Frankens eingeleiteten Spar- und Effizienzverbesserungsmassnahmen haben sich positiv ausgewirkt. Diese Massnahmen allein reichen aber leider nicht, um im globalisierten Marktumfeld mittel- bis langfristig erfolgreich bestehen zu können. Im Dezember 2016 hat der Verwaltungsrat deshalb beschlossen, den Standort in Uetendorf auf das vierte Quartal 2018 hin zu schliessen. Damit optimiert die Gruppe ihre Standorte, kann Synergien besser nutzen und ihre Effizienz weiter steigern. In der Schweiz konzentriert Adval Tech die Produktion von hochkomplexen rotationssymmetrischen Teilen aus Metall in Niederwangen und die Produktion von verwandten Anwendungen aus Kunststoff, primär im Medizinaltechnik-Bereich, in Grenchen.

In der Schweiz propagiert Adval das Konzept des One-Stop-Shop. Ist die totale vertikale Integration der Königsweg?

Mit dem „One-Stop-Shop“ ist folgendes gemeint: wir sind in der Lage, alles aus einer Hand anzubieten, was aber nicht bedeutet, dass wir alles selber herstellen müssen. D.h. es handelt sich nicht um eine totale vertikale Integration, sondern wir können dem Kunden alles anbieten. Es steht in unserer Verantwortung – von der Produktentwicklung, dem Bau der Werkzeuge, der Produktion von Komponenten und Baugruppen bis hin zur automatisierten Endmontage. Ob wir die Werkzeuge selber bauen oder extern herstellen lassen: es liegt an uns, die perfekte Lösung für die Kunden anzubieten.

Vor allem durch den Verkauf des Segmentes Molds und die Sonderausschüttung an die Aktionäre werden die Bilanzzahlen für 2017 nicht mit den Vorjahren vergleichbar sein. Wie genau werden Sie die Eigenkapitalquote 2017 ins Ziel führen?

Sie haben recht: der Verkauf des Segments Molds hat uns erlaubt, eine Ausschüttung aus Kapitaleinlage-Reserven vorzunehmen. Ende 2016 war unsere Eigenkapitalquote 68.8%, und wir sind schuldenfrei. Wir sehen keine grossen Veränderungen für 2017.

Es ist abzusehen, dass Adval in den nächsten Jahren einen hohen Cashflow generiert. In welche technischen Anlagen könnte das Geld fliessen?

Zur Bewältigung der zusätzlichen Aufträge investieren wir in neue Pressen in Deutschland und Brasilien, in zusätzliche Spritzgiessmaschinen in Mexiko und in den Aufbau der dafür notwendigen Infrastruktur. In Ungarn investieren wir in ein neues Produktionswerk (circa 5000 m2) für den Bereich Metall, in Deutschland bauen wir ein zweites Produktionswerk (circa 12‘000 m2).

Und wie wird die Dividendenpolitik aussehen?

Die Dividendenpolitik ist Thema des Verwaltungsrates. Aus diesem Grund können wir hier keine Stellung nehmen.

Zur Person:
Der Schweizer René Rothen, Jahrgang 1959, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Als studierter Ingenieur HTL war er in der Produktentwicklung im Werkzeugmaschinenbau bei der EWAG AG, Etziken (1983–1993) tätig, zuletzt als Konstruktionschef eines Teilbereiches. Danach bekleidete er verschiedene Kaderpositionen bei Saia-Burgess in Murten, unter anderem als Leiter Operations Schweiz und Ungarn sowie zuletzt als Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft in den USA, ehe er bei Adval Tech im Jahr 2007 Divisionsleiter wurde. Seit 1. August 2012 ist er CEO.

Adval Tech
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