Nestlé wächst im Halbjahr klar unter Erwartungen

Nestlé wächst im Halbjahr klar unter Erwartungen
Nestlé-CEO Mark Schneider. (Foto: Nestlé)

Vevey – Nestlé ist im ersten Halbjahr 2017 deutlich weniger stark gewachsen als von Management und Analysten erwartet. Vor allem blieb im zweiten Quartal eine klare Beschleunigung gegenüber dem sehr schwachen ersten Jahresviertel aus, so dass der weltgrösste Nahrungsmittel-Hersteller seinen Wachstumsausblick für das Gesamtjahr etwas abschwächen musste.

Das für die Nahrungsmittel-Industrie wichtige organische Wachstum erreichte laut Mitteilung vom Donnerstag in der Berichtsperiode von Januar bis Juni insgesamt 2,3%. Das zweite Quartal blieb dabei mit 2,4% nur unwesentlich über den 2,3% des ersten Quartals. Die Periode von Januar bis März war u.a. wegen Sondereffekten (Schaltjahr, Ostern) das bisher schwächste Quartal des laufenden Jahrhunderts.

Das organische Wachstum im Halbjahr setzt sich zusammen aus 1,4% für internes Realwachstum (RIG) und 0,9% für Preisanpassungen. Vor allem letztere Komponente fiel im zweiten Quartal mit 0,9% gegenüber dem ersten (1,0%) wieder etwas zurück, was von Beobachtern so nicht erwartet worden war. Finanzchef François-Xavier Roger erklärte es an einem Call für Journalisten vor allem mit den sehr volatilen Rohstoffpreisen, die Preiserhöhungen erschwerten.

Gewinn höher als im Vorjahr
Der Gesamtumsatz sank derweil um 0,3% auf 43,0 Mrd CHF, wobei hier vor allem der Netto-Akquisitionseffekt (-2,3%, u.a. wegen Froneri-JV) das Ergebnis belastete. Die ausgewiesene operative Marge der Gruppe ging wegen verstärkter Restrukturierungsaktivität um 30 Basispunkte (BP) auf 15,0% zurück (-20 BP zu konstanten Wechselkursen). Der EBIT selbst wird mit 6,45 Mrd CHF (VJ 6,61 Mrd) und damit leicht tiefer als im Vorjahr beziffert. Um Restrukturierungskosten etc. bereinigt, wären die Werte bei 15,8% bzw. 6,8 Mrd gewesen.

Unter dem Strich stieg der Reingewinn gegenüber dem Vorjahr um 19% auf 4,9 Mrd CHF – das Ergebnis 2016 war allerdings wegen Steuereffekten zurückgeblieben. Mit den vorgelegten Zahlen wurden die Schätzungen von Analysten gemessen am AWP-Konsens ausser beim Reingewinn nicht erreicht. Insbesondere das organische Wachstum blieb relativ weit hinter den Erwartungen zurück.

Die Nestlé-Spitze war von den Zahlen ebenfalls nicht begeistert: «Das organische Wachstum im ersten Halbjahr entsprach nicht vollkommen unseren Erwartungen», sagte jedenfalls CEO Mark Schneider in der Mitteilung. Er zeigte sich hingegen «zufrieden» mit dem Fortschritt bei der Wertschöpfung. Dazu gehörten «solide» operative Verbesserungen, Entscheidungen im Portfolio-Management sowie der jüngst gefasste Entschluss zur Bilanz-Optimierung (Aktienrückkaufprogramm).

Preisrückgang in den Industrieländern
Die Industrieländer verzeichneten laut Nestlé ein «schwaches» organisches Wachstum von 0,8% – mit «solidem» RIG von 1,1% und negativen Preisanpassungen von 0,3%. Westeuropa verzeichnete gar einen Volumenrückgang. Der heisse Juni habe sich hier als Nachteil für gewisse Schlüsselkategorien wie Kaffee, Pizza oder Bouillon erwiesen, sagte CFO Roger dazu. In aufstrebenden Märkten betrug das organische Wachstum 4,4%, mit RIG von 1,9% und Preisanpassungen von 2,5%. Sehr zuversichtlich zeigte sich der Finanzchef für den Turnaround der Marke Yinlu in China, die vor allem im letzten Jahr stark rückläufig war und die sich nun stabilisiert habe.

Das Wachstum in den einzelnen Produkt-Kategorien sei derweil breit abgestützt gewesen, angeführt durch Wasserprodukte (+4,2%), Kaffee (+3,2%) und Produkte für Heimtiere (+3,2%), so Nestlé. Süsswaren war die einzige Kategorie mit negativem Wachstum (-1,6%), obwohl sie sich im zweiten Quartal stabilisiert habe.

Wachstum «wahrscheinlich» in der unteren Hälfte der Spanne
In Bezug auf den Ausblick bestätigte der Konzern frühere Aussagen, schwächte diese aber hinsichtlich Wachstum etwas ab. Nestlé will zwar weiterhin organisch zwischen 2% und 4% wachsen – dieses Wachstum werde aber «wahrscheinlich» in der unteren Hälfte der Spanne zu liegen kommen. Der zweite Teil der Aussage ist neu und bedeutet, dass das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte nicht gross anziehen dürfte. Finanzchef Roger blieb auf entsprechende Fragen sehr zurückhaltend. Immerhin bestätigte CEO Schneider, dass die mittelfristigen Erwartungen für das organische Wachstum (mittleres, einstelliges Wachstum) unverändert blieben.

Wie bereits im Februar angekündigt, werden die Restrukturierungskosten dieses Jahr deutlich höher ausfallen, um die künftige Profitabilität zu steigern. Daher geht der Konzern von einer lediglich stabilen operativen Ergebnismarge bei konstanten Wechselkursen aus. Erwartet wird aber weiterhin eine Steigerung des nachhaltigen Gewinns je Aktie bei konstanten Wechselkursen und der Kapitaleffizienz.

Die Nestlé-Aktie geriet – aufgrund der schwachen Zahlen wenig überraschend – gleich von Beginn an unter Druck. Kurz nach 11 Uhr beträgt das Minus 1,2% auf 81,40 CHF. Zum Börsenschluss lagen die Papiere 1% im Minus bei 81,55 CHF. «Ein Semester zum Vergessen», meinte etwa ein Kommentator; die Zahlen seien durchs Band schwach ausgefallen, sagte ein anderer. Sie dürften jedenfalls den Druck auf das Management für strategische Veränderungen signifikant erhöhen. (awp/mc/pg)

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