Andreas Buri, CEO Clientis AG, im Interview

Andreas Buri, CEO Clientis AG, im Interview
Andreas Buri, CEO Clientis AG. (Foto: Clientis)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Buri, die 15 Banken der Clientis Gruppe haben im ersten Semester 2017 die guten Resultate des Vorjahres nahtlos fortgesetzt und praktisch alle wichtigen Kennzahlen weiter verbessert. Was waren die Hauptgründe für die positive Entwicklung?

Andreas Buri: Der Wettbewerb in der Branche ist zwar stark, unsere Banken punkten aber durch ihre Agilität mit der ausgesprochenen Kundennähe und den raschen Entscheiden vor Ort. Haupttreiber für die positiven Zahlen im ersten Halbjahr war das operative Geschäft, besonders unser Kerngeschäft Hypothekarfinanzierungen. Hinzu kam als Sondereffekt eine Rückzahlung aus dem RBA-Hilfsfonds. Nach Bereinigung aller Sonderfaktoren konnte unsere Gruppe den Halbjahresgewinn 2017 gegenüber der Vorjahresperiode um erfreuliche 15% steigern, gegenüber dem ersten Halbjahr 2015 sogar um 37%. Diese Entwicklung ist im aktuellen Umfeld bemerkenswert.

Verlief die Entwicklung bei allen Mitgliedsbanken gleich? Welches sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Clientis-Banken?

Das Wachstum ist innerhalb unserer Gruppe unterschiedlich. In Gebieten mit höherem Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum und entsprechend mehr Bautätigkeit ist die Volumenausweitung grösser. Dies wirkt sich auch auf den Erfolg aus.

«Die Synergiegewinne ergeben sich nach dem Prinzip «einmal entwickeln und x-fach ausrollen».»
Andreas Buri, CEO Clientis AG

Die operative Effizienz wurde weiter gesteigert – in welchem Umfang waren Synergieeffekte dafür verantwortlich?

Die Synergiegewinne ergeben sich nach dem Prinzip «einmal entwickeln und x-fach ausrollen». Die Banken profitieren von Ertragssteigerungen und Kosteneinsparungen im Umfang von mehreren Millionen. Hinzu kommen Effizienzgewinne, personelle Entlastungen und der immer wichtiger werdende Know-how-Austausch in allen Sparten, wie ihn sonst keine andere Bankengruppe bieten kann. Auch bei der gruppenweiten Umsetzung der Digitalisierung wird es weitere Synergie- und Effizienzgewinne geben.

Das Kerngeschäft mit Hypotheken ist um weitere 2,1% gewachsen. Mittlerweile erzielt die Clientis Gruppe 78% des Betriebserfolgs im Hypothekargeschäft. Wie federn Sie die damit einhergehenden Risiken ab?

Bei unseren Banken haben ein umfassendes Risikomanagement, inklusive einem aktiven Bilanzstruktur- bzw. Asset & Liability Management, sowie eine restriktive Kreditpolitik höchste Priorität. Sie vergeben Finanzierungen nur nach klar definierten, konservativen Grundsätzen. Unser Ausleihungsportfolio besteht weitgehend aus Hypotheken für privates Wohneigentum. Die Kreditverluste sind marginal.

Immer mehr Kunden erledigen ihre Bankgeschäfte online und suchen nur mehr selten einen Bankschalter auf. Valiant zum Beispiel reagiert und will immer mehr klassische Bankschalter schliessen und die Digitalisierung in den Filialen vorantreiben. Gibt es bei den Clientis-Banken mit fast 70 Standorten ähnliche Bestrebungen?

Die Clientis Banken sind eigenständig und entscheiden daher selber über ihr jeweiliges Filialnetz. Wegen des sich verändernden Kundenverhaltens mit mehr automatisierten Transaktionen und Dienstleistungen dürfte auch bei unseren Banken die Anzahl Standorte künftig eher abnehmen. Im Vordergrund stehen jedoch Formatwechsel bei einzelnen Geschäftsstellen. Standorte mit 24-Stunden-Automatenzone werden noch vermehrt zu reinen Beratungsstandorten oder sogar zu gemeinsamen Beratungszentren mit Dritten wie Treuhänder, Notaren und Rechtsanwälten umgewandelt.

In welcher Sparte wollen Sie die Digitalisierung bei Clientis besonders vorantreiben? Ist beispielsweise eine «digitale Hypothek» ein Thema?

Die Digitalisierung ist zentraler Bestandteil der künftigen Strategie der Clientis Banken; wir beschäftigen uns intensiv damit. Produkte wie die Mobile Banking App sind eingeführt, weitere folgen sukzessive. Konkrete Themen, beispielsweise die „digitale Hypothek“, prüfen wir im Rahmen unserer Entwicklungsvorhaben. Dabei muss jeweils das Kosten-/Nutzen-Verhältnis stimmen. Die Clientis Banken werden gegen Ende Jahr erste Entscheide fällen.

«Standorte mit 24-Stunden-Automatenzone werden noch vermehrt zu reinen Beratungsstandorten oder sogar zu gemeinsamen Beratungszentren mit Dritten wie Treuhänder, Notaren und Rechtsanwälten umgewandelt.»

Die Clientis AG betreibt das IT-Plattform-Management für die 15 Clientis Banken und 10 weitere Regionalbanken. Was sieht die neue IT-Multiproviderstrategie vor und wie weit sind die Projektarbeiten fortgeschritten?

Gemäss der Strategie wird Inventx anstelle von Swisscom ab 2018 Provider für den Rechenzentrumsbetrieb und das Application Management – einem bedeutenden Teil der gesamten IT-Leistungen. Damit sollen die steigenden Anforderungen an die Flexibilität und die Qualität der IT-Dienstleistungen noch besser erfüllt und gleichzeitig die IT-Kosten, der grösste Kostenblock beim Sachaufwand, signifikant gesenkt werden. Die Projektarbeiten sind auf Kurs.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung im Rahmen der gruppenweiten Prozess-Automatisierung und Standardisierung?

Die Arbeiten für die Digitalisierung und die weitere Standarisierung schreiten eng abgestimmt voran. Dabei kommt uns die Multiproviderstrategie zugute: Künftig werden wir einen direkten Zugang zu den einzelnen Providern haben. Dies wird die Prozesse für Digitalisierung und Standarisierung vereinfachen.

«Wir erwarten nun, dass die FINMA ihre Ankündigung zügig umsetzen und kleinere Banken von zahlreichen unnötigen Auflagen entlasten wird.»

Erwarten Sie, dass die erfreuliche Entwicklung der letzten Jahre weitergeht und Sie auch Ende Jahr ein ähnlich positives Resultat verkünden können?

Für das gesamte Geschäftsjahr rechnen wir mit einem gegenüber dem Vorjahr besseren Resultat, dies durch weiteres Volumenwachstum und den RBA-Sondereffekt.

Letzte Frage: Ausgehend vom amerikanischen Immobilienmarkt brach vor 10 Jahren die weltweite Finanzkrise aus. Wie blicken Sie heute auf diese Zeit zurück und welche vielleicht auch positiven Folgen hatte die Krise auf die Bankenwelt?

Bezüglich Wachstum der Clientis Banken zeigte die Finanzkrise keine allzu grossen Auswirkungen. Unsere Gruppe wächst im Kundengeschäft um durchschnittlich rund 1% pro Quartal – und dies mit hoher Konstanz seit dem Markteintritt von 2004, also auch während der Finanzkrise. Die wesentlichste Folge der Krise war die enorme Regulierungswelle, die auf die Banken zuschwappte. Wir erwarten nun, dass die FINMA ihre Ankündigung zügig umsetzen und kleinere Banken von zahlreichen unnötigen Auflagen entlasten wird.

Herr Buri, wir danken Ihnen für das Interview.

Zur Person:
Jahrgang 1957. Schweizer. In Lenzburg
CEO der Clientis AG: Seit 2014
Beruf/Ausbildungen: Bankkaufmann, dipl. Bankfachmann. AMP Wharton School

Werdegang:
2004 bis 2014 CEO bzw. Geschäftsleitungsmitglied verschiedener Privat- und Auslandbanken
1973 bis 2004 UBS, verschiedene Funktionen im In- und Ausland

 

Über Clientis
Clientis vereint eine Gruppe von 15 eigenständigen Schweizer Regionalbanken unter einem starken Dach. Kerngeschäfte sind Hypothekarfinanzierungen, die grösstenteils durch Spareinlagen finanziert werden, sowie Zahlen, Anlegen und Vorsorgen. Hauptkundengruppen sind Privatpersonen, KMU und Institutionen. Die Banken sind mit der jeweiligen Rechtsform und den Organen vor Ort selbständig. Über die Clientis AG arbeiten sie in mehreren Bereichen zusammen, u.a. in der Refinanzierung, IT, Marktbearbeitung und Compliance. Die Clientis Banken sind die Aktionäre der Clientis AG.

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