Bankgeheimnis in «Affäre Hildebrand» verletzt

Bankgeheimnis in «Affäre Hildebrand» verletzt
Das Obergericht des Kantons Zürich. (Foto: Gerichte Zürich)

Zürich – Der Thurgauer SVP-Kantonsrat Hermann Lei sowie ein Bankmitarbeiter sind vom Zürcher Obergericht schuldig gesprochen worden: Als sie den SVP-Chefstrategen Christoph Blocher über private Devisengeschäfte des damaligen Nationalbankpräsidenten informiert haben, haben sie das Bankgeheimnis verletzt. Der spätere Gang an die Medien war indes zulässig. 

Das Obergericht bestrafte Lei am Mittwoch wegen Gehilfenschaft zur Verletzung des Bankgeheimnisses mit einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 340 Franken. Im April 2016 hatte ihm das Bezirksgericht noch 120 Tagessätze auferlegt. Der zweite Beschuldigte, ein ehemaliger IT-Mitarbeiter einer Bank, wurde wegen mehrfacher Bankgeheimnisverletzung mit einer bedingten Geldstrafe von 70 Tagessätzen à 30 Franken bestraft (Bezirksgericht: 45 Tagessätze). Die Probezeit beträgt bei beiden zwei Jahre.

Mit Information an Blocher das Bankgeheimnis verletzt
Wie der Oberrichter ausführte, sei das Bankgeheimnis verletzt worden, als die beiden Alt-Bundesrat Christoph Blocher informiert hätten. Lei habe dabei unter anderem den Kontakt vermittelt und das Treffen organisiert. Damit habe er wesentliche Tatbeiträge geleistet.

Im November 2011 hatte der IT-Mitarbeiter einer Bank Screenshots des privaten Kontos des Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand angefertigt. Diese zeigten zwei gewinnträchtige Devisengeschäfte – und dazwischen lag der Entscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB), einen Euro-Mindestkurs einzuführen.

Mit den Kopien wandte sich der IT-Mitarbeiter an Lei, den er aus Kindergartentagen kannte. In der Folge gelangten die beiden mit den in ihren Augen brisanten Informationen an Politiker und Journalisten.

Gang an Öffentlichkeit nur als letzter Schritt
Der Verteidiger des Bankmitarbeiters hatte im Juni vor Obergericht vorgebracht, dass sein Mandant mit den Kopien nicht an die Öffentlichkeit gelangen wollte. Er habe bei Anwalt Lei nur Rat einholen wollen, ob er jemanden über die Transaktionen informieren müsse. Lei hatte damals vor Obergericht erklärt, dass er überzeugt sei, richtig gehandelt zu haben. Ein Nationalbankpräsident könne nicht zwei Devisengeschäfte tätigen, wenn seine Institution dazwischen mit einer Ankündigung den Kurs explodieren lasse.

Für das Obergericht stellte dies beim Treffen mit Blocher anfangs Dezember 2011 aber keinen Rechtfertigungsgrund dar: Ein «Whistleblower» könne sich erst als letzten Schritt an die Öffentlichkeit wenden, wenn er zuvor andere bestehende Möglichkeiten versucht hätte. Lei hätte sich statt an den Nationalrat an die zuständige Aufsichtsbehörde der Nationalbank wenden müssen.

Information an Presse gerechtfertigt
Von weiteren Vorwürfen im Zusammenhang mit Bankgeheimnisverletzungen sprach das Obergericht die beiden indes frei. Denn angesichts der Devisentransaktionen habe zumindest der Verdacht bestanden, dass ein «moralisch höchst verwerfliches Handeln» und damit ein «skandalöses Verhalten» vorgelegen habe, sagte der Oberrichter.

Gegen Ende Dezember 2011 hatte die Nationalbank eine Medienmitteilung herausgegeben. Darin wurden Gerüchte als haltlos bezeichnet, wonach sich die Familie des SNB-Präsidenten an der Einführung der Wechselkursuntergrenze unzulässig bereichert habe. Mit der Medienmitteilung sei die Sache explizit für erledigt erklärt worden, der Verdacht aber nicht ausgeräumt gewesen, befand das Gericht. Deshalb war der Gang an die Medien als ultima ratio zulässig, um weitere Abklärungen anzustossen.

Das einzige Verfahren der Affäre
Ob die Staatsanwaltschaft oder Hermann Lei und der Bankmitarbeiter gegen das Urteil Beschwerde am Bundesgericht einlegen werden, ist noch offen. Beide Seiten sprachen am Mittwoch angesichts der Schuldsprüche beziehungsweise der Teilfreisprüche von «Teilerfolgen». Sie wollen das Urteil nun zunächst prüfen.

Die Strafverfahren gegen die beiden blieben in der «Affäre Hildebrand» die einzigen. Die Verfahren gegen Blocher und andere Politiker wurden eingestellt. Gegen Hildebrand eröffnete die Staatsanwaltschaft gar nicht erst ein Verfahren wegen Insidergeschäften.

Er trat im Januar 2012 dennoch zurück. Er begründete den Schritt damit, dass er nicht in der Lage sei, zweifelsfrei zu beweisen, dass seine damalige Frau die publik gewordenen Devisengeschäfte getätigt habe. (awp/mc/pg)

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