Europa Forum Luzern: Sechs Fragen an RUAG-CEO Urs Breitmeier

Europa Forum Luzern: Sechs Fragen an RUAG-CEO Urs Breitmeier
RUAG-CEO Urs Breitmeier. (Foto: RUAG)

Luzern – Digitalisierung und Cybercrime müssen heute leider in einem Atemzug genannt werden. Wie rüstet man sich heute gegen Cyber Attacken, was steht uns künftig angesichts der schier unendlichen digitalen Entwicklungsmöglichkeiten noch bevor und wie steht es mit der digitalen Sicherheit bei der Schweizer Wirtschaft? Urs Breitmeier, CEO RUAG, nimmt Stellung. Am Europa Forum Luzern wird über diesen Themenfokus in einer Executive Session vertieft diskutiert.

Europa Forum: Nach den jüngsten und internationalen Cyberattacken scheint es, als würden digitale Sicherheitskonzepte der kriminellen Entwicklung hinterherhinken. Täuscht der Eindruck?

Urs Breitmeier: Cyber Security ist ein stetiger Prozess und es wird immer einen Rüstungswettlauf zwischen Angreifer und Verteidiger geben. Die Sicherheitskonzepte müssen daher stets aktuell gehalten und den neuen Bedrohungen angepasst werden. Die jüngsten Ransomware-Angriffe haben gezeigt, dass es vielen Unternehmen schwer fällt, grundlegende Sicherheitsmassnahmen effizient umzusetzen. Dies ist teilweise auf eine mangelnde Awareness für das Thema bei den Entscheidungsträgern in den Unternehmen zurückzuführen. Man muss aber auch verstehen, dass durch die grosse Komplexität und die vielen Abhängigkeiten heutiger IT Infrastrukturen solche vermeintlich einfachen Massnahmen mit zunehmendem Aufwand verbunden sind. Hinzu kommt schliesslich die Asymetrie zwischen Angreifer und Verteidiger. Wenn von hundert Cyber Angriffen einer erfolgreich ist, hat der Angreifer gewonnen und der Verteidiger verloren. Das macht es jemandem, der eine IT Infrastruktur schützen muss, fast unmöglich, über die Zeit alle Angriffe abzuwehren.

Auf welche künftigen Entwicklungen in Sachen Cybercrime müssen wir uns rüsten in der Wirtschaft, bei Behörden?

Hier sehen wir zwei kritisch Trends. Zum einen verwenden auch kriminelle Organisation vermehrt Methoden und Techniken die bis vor Kurzem staatlichen Akteuren vorbehalten waren. Dies bedeutet, dass auch Unternehmen, welche bisher von solchen Angriffsszenarien nicht betroffen waren, sich nun wappnen müssen. Zum anderen sehen wir eine grosse Gefahr von Kollateralschäden durch Angriffe, die sich unkontrolliert weiterverbreiten und gar nicht den vom Angreifer geplanten Schaden verursachen. Nehmen wir das Beispiel Ransomware. Hier geht es den Angreifern um Lösegeld. Wenn eine solche Schadsoftware die Produktion eines KMU lahmlegt kann das Überleben des Unternehmens auf dem Spiel stehen. Oder wenn ein Spital gehackt wird, können plötzlich Menschenleben bedroht sein.

Wie schätzen Sie die Sicherheitsstandards in der europäischen und im Vergleich dazu in der Schweizer Wirtschaft ein?

Die Schweizer Grossunternehmen und insbesondere die Banken sind gut aufgestellt und gehören in vielen Bereichen zu Vorreitern. Im Industriesektor und bei den KMU besteht Handlungsbedarf. Viele dieser Unternehmen sind sich zu wenig bewusst, welche Risiken lauern. Die meisten glauben, sie seien kein Ziel von Cyberkriminellen und investieren zu wenig in den eigenen Schutz. Dies ist allerdings kein Schweizer Phänomen. In diesem Bereich gibt es im ganzen europäischen Raum grossen Nachholbedarf.

Wie sieht RUAG seine Zukunft im Geschäftsfeld von Cyber Security?

Zu Beginn des Jahres haben wir den britischen Cyber-Security-Spezialisten Clearswift übernommen. Dadurch können wir uns international nachhaltiger positionieren. Denn neben unseren bisherigen Stärken wie der Cyber-Security-Beratung, spezifischen Trainings und der Analyse des Netzwerkverkehrs verfügen wir nun auch über marktführende Produkte zur Sicherung der Daten. Unsere Kerntechnologien sind dabei „Deep Content Inspection“ und „Data Loss Prevention“. Auf dieser Grundlage wollen wir das Cyber-Security-Geschäft in den nächsten Jahren substanziell ausbauen.

Sie reden sehr offen über den Cyber Angriff. Das erscheint auf den ersten Blick nicht selbstverständlich, gerade da Sicherheit ja ein Kernelement ihres Unternehmens ist. Welche Absicht verfolgen Sie mit dieser Offenheit?

Ich bin der Überzeugung, dass diese Offenheit wesentlich ist, um die Glaubwürdigkeit zu bewahren – gerade als Anbieter von Cyber-Sicherheitslösungen. Auch wir können nicht ganz ausschliessen, wieder angegriffen zu werden. Doch wir können es heute mit den gewonnenen Erkenntnissen einem möglichen Eindringling schwerer machen, wirkungsvoller reagieren und schneller wieder in den Normalzustand zurückkehren. Diese Lehren geben wir gerne an unsere Kunden weiter.

Urs Breitmeier ist heute CEO des RUAG Konzerns. Frühere Funktionen: CEO bei RUAG Division Defence und Mitglied der Konzernleitung. Leiter Marketing, Verkauf und Systemmanagement sowie Mitglied der Geschäftsleitung bei RUAG Land Systems AG (heute RUAG Defence); Consultant für Strategie, Prozessmanagement und Projektmanagement, Malik Management Zentrum St. Gallen; Mitglied der Geschäftsleitung und Verantwortung für Entwicklung, Marketing und Verkauf bei Calotron AG; Technische Leitung des Fabrikationsbetriebes Lonza AG.


Veranstaltungsinformationen
Herbst 2017
DIE DIGITALE REVOLUTION
33. internationales Europa Forum Luzern
13. November 2017 | KKL Luzern

Symposium der Wirtschaft: 12.50 bis 17.30 Uhr
CHF 550 – inkl. Mittags-Imbiss und Netzwerk-Apéro
Öffentliche Veranstaltung: 18.50 bis 20.45 Uhr
Eintritt frei, Anmeldung erforderlich
VIP Networking Dinner: 20.30 bis 22.00 Uhr
CHF 150 – Panoramafoyer

Information und Anmeldung: www.europaforum.ch
Kontakt: [email protected]
Teilnehmerzahl beschränkt

Das Europa Forum Luzern ist die führende nationale Veranstaltung zur Zukunft der Schweiz in Europa. Namhafte Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland tauschen im KKL Luzern ihre Strategien und Standpunkte aus. Das Europa Forum Luzern informiert unabhängig und neutral über die neusten wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen. Im Mittelpunkt steht die Zukunft der Schweiz in Europa. Die Veranstaltungen stehen unter dem Motto Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im Dialog und finden jährlich zweimal im Frühjahr und Herbst statt. Dem Europa Forum Luzern unter dem Vorsitz des Stadtpräsidenten von Luzern gehören Kanton und Stadt Luzern sowie private Körperschaften an.

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