Nordkorea feuert erneut Rakete über Japan hinweg

Nordkorea feuert erneut Rakete über Japan hinweg
Nordkoreas Diktator Kim Jong Un.

Seoul / Tokio – Trotz Verschärfung der UN-Sanktionen wegen seines jüngsten Atomwaffentests hat Nordkorea erneut eine Rakete von mehreren tausend Kilometern Reichweite über Japan hinweg gefeuert. Die Rakete sei nach dem Start nahe der Hauptstadt Pjöngjang 3700 Kilometer weit geflogen und dann in den Pazifischen Ozean gestürzt, teilte der südkoreanische Generalstab am Freitag mit. Nach ersten Angaben des US-Militärs handelte es sich erneut um eine Mittelstreckenrakete, wie sie Nordkorea bereits Ende des vergangenen Monats über Japan hinweg geschossen hatte.

Der UN-Sicherheitsrat wollte sich nach eigenen Angaben der Vereinten Nationen noch am Freitag in einer Dringlichkeitssitzung mit dem neuen Waffentest beschäftigen. Die USA, Japan und Südkorea reagierten empört und warfen der Führung in Pjöngjang eine erneute Provokation und Bedrohung der Nachbarländer vor. Südkoreas Streitkräfte reagierten mit einer eigenen Raketenübung, bei der eine ballistische Rakete ins Japanische Meer (koreanisch: Ostmeer) geschossen wurde.

«Das ist das zweite Mal binnen weniger Wochen, dass mit Japan ein Vertragspartner der USA direkt bedroht wurde», hiess es in einer Mitteilung von US-Aussenminister Rex Tillerson. «Diese fortgesetzten Provokationen führen dazu, dass Nordkoreas diplomatische und wirtschaftliche Isolation nur noch vertieft wird.»

Erst am Montag hatte der UN-Sicherheitsrat den sechsten und bisher grössten Atomtest Nordkoreas am 3. September mit neuen Sanktionen bestraft. Die neue Resolution sieht erstmals eine Deckelung von Öllieferungen in das Land und den Verbot der Textilexporte vor. Dadurch soll der Druck auf Pjöngjang in dem andauernden Konflikt erhöht werden. Die Regierung in Nordkorea erklärte, den Sanktionsbeschluss kategorisch abzulehnen und von ihrem Atom- und Raketenprogramm nicht abrücken zu wollen.

Nordkorea hatte nach eigenen Angaben bei dem Atomtest in diesem Monat eine Wasserstoffbombe gezündet, mit der Interkontinentalraketen bestückt werden sollen. Mit einer härteren Resolution, die ein Ölembargo und Finanzsanktionen gegen Machthaber Kim Jong Un vorgesehen hatte, konnten sich die USA in Verhandlungen mit China und Russland nicht durchsetzen.

«China liefert Nordkorea den grössten Teil ihres Öls», schrieb Tillerson nach dem jüngsten Waffentest. «Russland ist der grösste Arbeitgeber für nordkoreanische Zwangsarbeiter.» Tillerson forderte China und Russland auf, die Raketentests Nordkoreas zu verurteilen und ihrerseits Massnahmen zu ergreifen.

Abe: «ungeheuerliche» Handlung
Japans Ministerpräsident Shinzo Abe verurteilte den Raketentest als «ungeheuerliche» Handlung, die nicht toleriert werden könne. Als Nordkorea Ende Juli eine Rakete ebenfalls über Japan geschossen hatte, sprach Abe von einer «beispiellosen Bedrohung». Bei dem jüngsten Test sei die Rakete 2200 Kilometer östlich der Insel Hokkaido in den Pazifik gestürzt, teilte die Regierung in Tokio mit. Nach Angaben Südkoreas hatte der Flugkörper zuvor eine Höhe von 770 Kilometern erreicht.

Südkorea warf dem Nachbarland eine «rücksichtslose Provokation» vor. Der Test sei eine «klare Verletzung von Resolutionen des UN-Sicherheitsrats und stellt eine ernste Bedrohung für den Frieden und die Stabilität auf der koreanischen Halbinsel und die Weltgemeinschaft dar», hiess es in einer Erklärung des Aussenministeriums. Südkoreas Präsident Moon Jae In berief den Nationalen Sicherheitsrat ein, um über die Lage zu beraten.

UN-Resolutionen verbieten Nordkorea sowohl Atomwaffenversuche als auch Tests von ballistischen Raketen. Dabei handelt es sich in der Regel um Boden-Boden-Raketen, die einen konventionellen, chemischen, biologischen oder atomaren Sprengkopf befördern können. Nordkorea arbeitet an Langstreckenraketen, die einen Atomgefechtskopf bis in die USA tragen können.

An den Finanzmärkten fiel die Reaktion wie bei ähnlichen Manövern Nordkoreas in den vergangenen Wochen besonnen aus. Der Aktienmarkt in Südkorea gab leicht nach. Sogenannte sichere Häfen, in die die Investoren ihre Gelder bei politischen Krisen verschieben, wie der japanische Yen, der Schweizer Franken oder das Gold waren zwar gesucht – aber die Kurse zogen nur leicht an. (awp/mc/ps)

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