OBT: Der Vorsorgeauftrag – notwendig für alle

OBT: Der Vorsorgeauftrag – notwendig für alle
(Foto: OBT)

St. Gallen – Unsere Erfahrungen zeigen: Vielen Leuten ist der Vorsorgeauftrag bekannt, doch nur wenige haben bereits einen verfasst. Urteilsunfähigkeit kann jeden von uns treffen, sei es durch Unfall oder Krankheit – aber wer trifft dann unsere Entscheidungen? Auch Verheiratete oder in eingetragener Partnerschaft lebende Personen müssen sich diese Frage stellen. Nachfolgend erfahren Sie mehr zum Vorsorgeauftrag und weshalb dieser für alle notwendig sein kann.

Das neue Erwachsenenschutzrecht ist seit Anfang 2013 in Kraft und bietet mit dem Vorsorgeauftrag die Möglichkeit, Vorkehrungen für eine zukünftige Urteilsunfähigkeit zu treffen. Bei einer allfälligen Urteilsunfähigkeit regelt er die Vertretung der eigenen Person im Bereich der Personensorge, der Vermögenssorge und des Rechtsverkehrs. Eine urteilsfähige Person kann eine oder mehrere natürliche oder juristische Person beauftragen, im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit die Vertretung in den drei Bereichen zu übernehmen.

Es sollten Aufgaben definiert werden und es empfiehlt sich zudem, Weisungen für die Erfüllung dieser Aufgaben zu erteilen, wobei diese Weisungen klar formuliert sein sollten. Bei Ungewissheit, Uneinigkeit oder Auslegungsfragen ist die Erwachsenenschutzbehörde zuständig.

Mögliche Weisungen sind zum Beispiel:

  • Spezifische Anlagestrategie für Vermögenswerte
  • Einschränkungen für den Verkauf von Immobilien oder Unternehmensanteilen
  • Führung des Unternehmens
  • Unterbringung des Vorsorgeauftraggebers
  • Finanzierung

Errichtung des Vorsorgeauftrags
Damit er gültig ist, muss der Vorsorgeauftrag von Hand geschrieben oder öffentlich beurkundet werden. Eine Widerrufung ist jederzeit möglich, sofern die Urteilsunfähigkeit noch nicht eingetreten ist. Dabei müssen die gleichen Bestimmungen wie bei der Errichtung eingehalten werden. Grundsätzlich ist ein Vorsorgeauftrag in drei Bereiche aufgeteilt:

  1. Personensorge
    Persönliche Entscheidungen (Unterbringung, Wohnen, Gesundheit)
  2. Vermögenssorge
    Verwaltung von Vermögen und Einkommen (Liquidität sicherstellen, Zahlungen vornehmen)
  3. Vertretung im Rechtsverkehr
    Vertretung gegenüber Verwaltungen, Behörden, Vertragsparteien

Ein Vorsorgebeauftragter hat das Recht, die Anfrage an ihn abzulehnen. Daher empfiehlt es sich, dies vorgängig zu besprechen und allenfalls einen Ersatzbeauftragten zu bestimmen. Für die Tätigkeit als Vorsorgebeauftragter besteht Anspruch auf ein Entgelt. Enthält der Vorsorgeauftrag keine Anordnungen für die Entschädigung, legt die Erwachsenenschutzbehörde eine angemessene Abfindung fest.

Der Vorsorgeauftraggeber kann frei wählen, wo der Vorsorgeauftrag aufbewahrt werden soll. Es ist jedoch darauf zu achten, dass dieser im Falle einer Urteilsunfähigkeit auch gefunden werden kann.

So hat zum Beispiel jeder Kanton eine zentrale Hinterlegungsstelle. Weiter besteht die Möglichkeit, die Errichtung und den Hinterlegungsort in die zentrale Datenbank des Zivilstandamts eintragen zu lassen.

Das passiert im Falle einer Urteilsunfähigkeit
Die Erwachsenenschutzbehörde prüft, ob ein Vorsorgeauftrag vorhanden ist. Liegt einer vor, prüft die Behörde, ob

  1. dieser gültig errichtet worden ist,
  2. die Voraussetzungen für seine Wirksamkeit eingetreten sind,
  3. die beauftragte Person für ihre Aufgaben geeignet ist,
  4. weitere Massnahmen des Erwachsenenschutzes erforderlich sind.

Das passiert ohne Vorsorgeauftrag
Ist im Falle einer Urteilsunfähigkeit kein gültiger Vorsorgeauftrag vorhanden, kann dies bei allen Varianten einschneidende Folgen haben.

Variante 1 – ledige Personen
Die Erwachsenenschutzbehörde bestimmt einen Beistand, der die Vertretung der urteilsunfähigen Person übernimmt.

Variante 2 – verheiratete Personen/eingetragene Partnerschaften
Der urteilsfähige Ehegatte oder eingetragene Partner hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht. Dieses umfasst die folgenden Rechtshandlungen:

  • Alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs erforderlich sind
  • Die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte
  • Die Befugnis, die Post zu öffnen

Das gesetzliche Vertretungsrecht ist sehr beschränkt und bezieht sich nur auf Rechtsgeschäfte von relativ geringer wirtschaftlicher Bedeutung und tiefem finanziellen Risiko. Darüber hinausgehende Entscheidungen können nicht mehr alleine durch Ehegatten oder eingetragene Partner getroffen werden.

Variante 3 – Unternehmer verheiratet/ eingetragene Partnerschaft
Die Folgen sind die gleichen wie bei der Variante 2, jedoch kann die Vertretung des urteilsunfähigen Unternehmers nicht durch den Ehegatten/Partner ausgeübt werden, da diese Vertretung im Normalfall über die ordentliche Vermögensverwaltung hinausgeht. Entsprechend würde in diesem Fall die Erwachsenenschutzbehörde Einfluss nehmen und hat auch die Möglichkeit, allfällige Stimmrechte auszuüben und einen Verwaltungsrat oder Geschäftsführer zu wählen.

Variante 4 – Unternehmer nicht verheiratet/keine eingetragene Partnerschaft
Die Erwachsenenschutzbehörde bestimmt einen Beistand, der die Vertretung der urteilsunfähigen Person übernimmt. In diesem Fall kann der Beistand ebenfalls Einfluss auf das Unternehmen nehmen und hat auch die Möglichkeit, allfällige Stimmrechte auszuüben und einen Verwaltungsrat oder Geschäftsführer zu bestimmen.

Fazit
Ob ledig, verheiratet oder in einer eingetragenen Partnerschaft: Das Recht auf die Einsetzung eines Vorsorgebeauftragten sollte jede Person wahrnehmen und so den Einfluss der Erwachsenenschutzbehörde soweit als möglich verhindern. Vor allem wenn es um Wohneigentum und Unternehmensanteile geht, ist eine ausführliche und klare Ausgestaltung des Vorsorgeauftrags unumgänglich. (OBT/mc)

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