10 Jahre nach der Finanzkrise: Sind Schweizer Banken heute krisenfest?

10 Jahre nach der Finanzkrise: Sind Schweizer Banken heute krisenfest?
Bankenzentrum am Zürcher Paradeplatz.

Luzern – Als Folge der Finanzkrise sollten schärfere Regulierungen von Eigenkapitel und Liquidität die Schweizer Banken krisenfest machen. Ein neues Buch der Hochschule Luzern zeigt: Schweizer Banken sind heute tatsächlich widerstandsfähiger. Handlungsbedarf besteht in der Transparenz, der Reduktion der Risiken und einer erleichterten Regulierung für kleine Banken.

Zehn Jahre nach der Finanzkrise ist die Umsetzung des neuen Regelwerks von Basel III auf der Zielgeraden. Basel III gilt als die für Banken weltweit wichtigste Regulierung: Die Eigenmittelvorschriften der Banken wurden verschärft, neue Liquiditätsvorschriften eingeführt und spezielle Regelungen für die Banken, welche als «Too-big-to-fail» gelten, geschaffen. Ob die Schweizer Banken mit der neuen Regulierung widerstandsfähiger sind, untersuchen Armin Jans, Christoph Lengwiler und Marco Passardi von der Hochschule Luzern zusammen mit weiteren Fachpersonen aus Wissenschaft und Praxis im Buch «Krisenfeste Schweizer Banken?». Das Werk dokumentiert die Entwicklungen der Regulierung und die heutige Situation der Schweizer Bankenwelt.

«Too-big-to-fail» noch nicht gelöst
«Wir kommen zum Ergebnis, dass die neuen Vorschriften ihre Wirkung gezeigt, die Widerstandsfähigkeit der Schweizer Banken stark erhöht und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz genützt haben», sagt Co-Herausgeber Christoph Lengwiler. Mit der heutigen Ausgangslage könnten sowohl die Immobilienkrise der 90er Jahre als auch die Finanzkrise von 2007/2008 besser bewältigt werden als damals.

Die Herausgeber sehen verschiedene Optimierungspotenziale: Eines davon ist, die Regulierung auf die Grösse und das Geschäftsmodell der jeweiligen Bank abzustimmen: «Mit der Proportionalität kann erreicht werden, dass die kleineren Banken nicht unverhältnismässig stark reguliert werden», sagt Christoph Lengwiler. Zudem hätten die erhöhten Anforderungen an systemrelevante Banken die «Too-big-to-fail»-Problematik deutlich gemildert, aber noch nicht gelöst.

Schärfere Vorschriften von Eigenmittel und Liquidität
Mit der Umsetzung von Basel III wurden die Eigenmittelvorschriften für Banken verschärft. In der Schweiz wurden die für die systemrelevanten Banken geschaffenen Regelungen für sämtliche Ban-ken gleichermassen umgesetzt. Wie Co-Herausgeber Marco Passardi erläutert, stellten sich mit den Eigenmittelvorschriften einige Probleme bei der Rechnungslegung. Zudem werfe die Berechnung der risikogewichteten Aktiven (Risk Weighted Assets, RWA) einige Fragen auf, und es zeigten sich grosse Unterschiede im Eigenmittelbedarf, je nachdem ob die RWA mit dem Standardansatz oder einem eigenen Modell ermittelt würden.

Mit den neuen Liquiditätsvorschriften wurden die Mindestliquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio, LCR) und die strukturelle Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio, NSFR) als Kennziffern eingeführt. Ihre Auswirkungen auf die Schweizer Banken fasst Co-Herausgeber Armin Jans wie folgt zusammen: «Momentan sind die Banken aufgrund der Devisenmarktinterventionen der Schweizerischen Nationalbank SNB hoch liquide. Dies ändert sich, sobald die SNB auf eine restriktive Geldpolitik umstellen sollte».

Notfallpläne und Stresstests für Banken
Die Autoren gehen auch der Frage nach, wie die Sanierung und Abwicklung der systemrelevanten Banken (z. B. der UBS, Credit Suisse oder PostFinance) im Krisenfall geregelt ist und welche Vorkehrungen in der «Too-big-to-fail»-Regulierung vorgesehen sind, um die Widerstandsfähigkeit der Banken zu stärken Ob die für einen Krisenfall ausgearbeiteten Notfallpläne praxistauglich sind, lässt sich im normalen Betrieb kaum beurteilen. Deshalb sind in der Schweiz grosse Eigenmittelpuffer vorgeschrieben, die Notfallpläne zwar nicht überflüssig machen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie zur Anwendung kommen müssen, erheblich verringern.

Für die Risikobeurteilung führen heute auf nationaler und internationaler Ebene Aufsichtsbehörden und einzelne Institute bestimmte Stresstests durch. Das Buch zeigt die verschiedenen Methoden auf und erläutert die Praxis der von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA durchgeführten Stresstests im Bereich der Zinsrisiken und der Hypothekarkredite. Christoph Lengwiler zeigt anhand von drei Kantonalbanken auf, wie in der Praxis im Rahmen der Kapitalplanung Stresstests angewendet werden: «Jede Bank muss pragmatisch eine auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Methodik wählen».

Risiken im Immobilienmarkt
«Speziell zu beachten sind die Risiken, die sich bei den Immobilienfinanzierungen ergeben», ergänzt Christoph Lengwiler. Diese machen rund 85 Prozent des gesamten inländischen Kreditvolumens der Schweizer Banken aus. Die Banken sind somit stark von der Entwicklung des Immobilienmarktes abhängig. Wie die letzten Jahrzehnte zeigten, sind Finanzkrisen oftmals im Zusammenhang mit der Immobilienfinanzierung und mit Problemen auf den Immobilienmärkten entstanden. In der Schweiz sorgt die – von den tiefen Zinsen getriebene – Entwicklung auf den Immobilienmärkten teils für Besorgnis. Mit verschiedenen regulatorischen Instrumenten wird bisher erfolgreich Gegensteuer gegeben, um die Risiken in Grenzen zu halten, so etwa mit einer Selbstregulierung der Banken und mit dem antizyklischen Kapitalpuffer.

FinTech birgt neue Risiken
Die Autoren behandeln die Probleme, welche sich mit dem Aufkommen von FinTech-Unternehmen bei der künftigen Ausgestaltung der Bankenregulierung stellen. Offen ist, wie es mit der Fin-Tech-Entwicklung weitergeht und ob die neuen FinTech-Firmen oder die Banken bei der Einführung neuer Technologien die Führung übernehmen. (HSLU/mc/ps)

«Krisenfeste Schweizer Banken?» – Grundlagenwerk zur Schweizer Bankenregulierung
27 Autorinnen und Autoren erklären in 22 Beiträgen die Grundzüge und Probleme des Regelwerks Basel III und zeigen mögliche Vorkehrungen gegen die «Too-big-to-fail»-Problematik auf. Das Buch stellt die neue Regulierung der Schweizer Banken bezüglich Eigenmitteln, Liquidität und Abwicklung im Sanierungsfall vor. Es untersucht, ob die neue Regulierung adäquat ist, und ob der Bankensektor damit krisenresistenter wird. Dazu kommen ein Rückblick auf die Schweizer Bankenregulierung und eine Diskussion der Herausforderungen, die sich durch FinTech stellen. Methodisch liegt der Schwerpunkt auf der engen Verzahnung von volkswirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten, insbesondere auch auf dem Rechnungswesen, ergänzend werden internationale Vergleiche einbezogen.

Buch: Armin Jans, Christoph Lengwiler, Marco Passardi (Hrsg.): Krisenfeste Schweizer Banken?, Zürich, 2017. 759 S., NZZ Libro

Das Buch ist erhältlich unter www.nzz-libro.ch und kostet 118 Franken. Weitere Informationen zum Thema sind auf www.hslu.ch/banken zu finden.

Die Herausgeber
Prof. Dr. Armin Jans (* 1949) war bis 2014 Professor an der ZHAW School of Management and Law und ist heute emeritiert. Er war u.a. Vizepräsident des Verwaltungsrates der Zuger Kantonalbank und Mitglied des Bankrates der Schweizerischen Nationalbank.
Prof. Dr. Christoph Lengwiler (* 1959) ist seit 1987 vollamtlicher Dozent an der Hochschule Lu-zern. Er hat von 1997 bis 2017 das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ aufgebaut und geleitet. Er ist aktuell Mitglied des Verwaltungsrates der Berner Kantonalbank und des Bankrates der Schweizerischen Nationalbank.
Prof. Dr. Marco Passardi (* 1973) ist seit 2012 vollamtlicher Dozent für Accounting am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern. Er ist u.a. Mitglied der Core Faculty von EXPERTsuisse.

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