Durchbruch bei den Brexit-Verhandlungen

Durchbruch bei den Brexit-Verhandlungen
Grossbritanniens Premierministerin May mit EU-Kommissionspräsident Juncker in Brüssel. (© European Union , 2017 / Source: EC - Audiovisual Service)

Brüssel – Gut 15 Monate vor dem Ausscheiden Grossbritanniens aus der Europäischen Union sind endlich die ersten wichtigen Fragen geklärt. Die Einigung verkündeten EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Premierministerin Theresa May am Freitag. Demnach zahlt London auch nach dem EU-Austritt 2019 weiter Milliarden an Brüssel, gewährt Millionen EU-Bürgern im Land umfassende Bleiberechte und garantiert, dass keine feste Grenze in Irland entsteht.

Damit scheint der Weg frei für die wichtige zweite Verhandlungsphase. Vor allem die Wirtschaft reagierte erleichtert. Die Europäische Union hatte die Klärung der drei Topthemen zur Bedingung für Verhandlungen über künftige Handelsbeziehungen beider Seiten gemacht, die London unbedingt rasch klären will. Das offizielle Startsignal könnten Bundeskanzlerin Angela Merkel und die übrigen Staats- und Regierungschefs nächste Woche auf dem EU-Gipfel geben. Die Bundesregierung begrüsste den Durchbruch am Freitag.

Tusk: Zuerst Übergangszeit, dann die Details zu Handelspakt
Die EU will allerdings nach den Worten von Ratspräsident Tusk in der zweiten Phase zunächst nur über eine Übergangszeit nach dem Brexit reden, die die Folgen Austritts für Bürger und Wirtschaft abpuffern soll. Erst danach soll es im Detail um den von London gewünschten Handelspakt gehen. EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagte auch erstmals, wie er sich diesen Pakt vorstellt: ähnlich wie das Handelsabkommen Ceta mit Kanada.

Um den ersten Durchbruch nach sechs Monaten Brexit-Verhandlungen hatten beide Seiten in den vergangenen Tagen intensiv gerungen. «Wir haben in dieser Woche extrem hart gearbeitet», sagte May. Noch am Montag hatte sie eine fast fertige Vereinbarung nicht abschliessen können, weil ihr Partner im Parlament, die nordirischen Partei DUP, Widerstand anmeldete. Nun scheinen die Reihen in London einigermassen geschlossen. DUP-Chefin Arlene Foster sagte dem Sender Sky, sie hätte gerne noch weitere Punkte geklärt. Aber: «Uns ist die Zeit ausgegangen.»

Der britische Aussenminister und Brexit-Befürworter Boris Johnson gratulierte May auf Twitter zu Durchbruch. Grossbritannien werde nun auf eine «tiefe und besondere» Partnerschaft hinarbeiten und gleichzeitig «Kontrolle über Gesetze, Geld und Grenzen zurückholen».

Keine harte Grenze zu Irland
Der letzte grosse Knackpunkt der ersten Verhandlungsphase war die Frage, wie Grenzkontrollen zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland vermieden werden können. Irland pochte auf eine schriftliche Zusage Grossbritanniens. Nun sagte May: «Wir werden garantieren, dass es keine harte Grenze gibt.» Die irische Regierung erklärte sich damit zufrieden.

Allerdings ist nicht klar, wie dies praktisch umgesetzt werden soll, zumal May keinen Sonderstatus für Nordirland will, wie sie ausdrücklich bekräftigte. Sie verwies auf die weiteren Verhandlungen und das gewünschte Handelsabkommen mit der EU. Man ziele auf «einzigartige» Lösungen für Irlands spezielle Lage.

Keine Details zu finanziellen Zusagen
Bewegung hatte es schon vor Tagen bei den beiden anderen Topthemen gegeben. Bei den künftigen Rechten der 3,2 Millionen EU-Bürger in Grossbritannien hat die EU aus Junckers Sicht durchgesetzt, dass sie ihr Leben dort weiter führen können wie bisher.

Die finanziellen Zusagen Grossbritanniens wollte Barnier nicht genau beziffern. Wichtig sei das Prinzip, dass die während der EU-Mitgliedschaft gemeinsam eingegangenen Verpflichtungen beglichen würden, sagte der Unterhändler. Dabei geht es unter anderem um Pensionslasten für EU-Beamte, die noch jahrzehntelang fällig werden könnten. Die britische Regierung rechnet mit einer Schlusszahlung an die Europäische Union von umgerechnet rund 40 bis 45 Milliarden Euro. Das bestätigte der Regierungssitz Downing Street auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Freitag.

Während der geplanten Übergangsfrist von etwa zwei Jahren soll Grossbritannien ohnehin nicht nur seine bisherigen Beiträge von netto etwa zehn Milliarden Euro pro Jahr überweisen. Es soll auch sämtliche EU-Vorgaben einhalten, ohne weiter Stimmrechte zu haben, wie Tusk sagte: «Wir haben unsere Bedingungen.» Er verlangte zudem klarere Ansagen aus London, wie die Handelsbeziehungen aussehen sollen. (awp/mc/pg)

 

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