Schlappe für Diversität: Frauenanteil in Geschäftsleitungen sinkt

Schlappe für Diversität: Frauenanteil in Geschäftsleitungen sinkt

Zürich – Die Geschäftsleitungen der grossen Schweizer Unternehmen sind letztes Jahr wieder mehr zu Männerclubs geworden. Der Frauenanteil ging gegenüber dem Vorjahr von 8 auf 7% zurück. Gemäss Guido Schilling werden Firmen mit Men-only Clubs künftig an die Wand fahren.

Die Unternehmen haben bei ihren freiwilligen Bemühungen, mehr Frauen ins Topmanagement zu befördern, einen Rückschlag erlitten. Nur 8% der Geschäftsleitungsmitglieder, die 2017 ihr Amt übernahmen, waren Frauen. Im Vorjahr machten Frauen hingegen noch 21% der Neubesetzungen aus.

Dies geht aus dem 13. Schillingreport von Guido Schillings gleichnamiger Kadervermittlungsfirma hervor. Insgesamt verliessen bei den 118 grössten Arbeitgebern in der Schweiz 11 Frauen die Geschäftsleitung und nur 9 rückten nach.

Der Rückgang des Frauenanteils von 8 auf 7% ist der erste Rückgang seit 2009. Eine Mehrheit von 59% der untersuchten Unternehmen beschäftigt gar keine Frau in der Geschäftsleitung.

Mankos bei interner Förderung
Frauen kämen nicht zum Zug, weil unter anderem in 8 von 10 Fällen Interne für einen Geschäftsleitungsposten befördert würden. Auf der nächsttieferen Stufe fehle es aber nach wie vor an Frauen. Ihr Anteil liege nur bei 14%.

Im Vorjahr hatte der Frauenanteil in Geschäftsleitungen noch von 6 auf 8% zugelegt. Damals sagte Schilling, er sei «sicher», dass der Frauenanteil dank zahlreichen gut qualifizierten Anwärterinnen die nächsten fünf Jahre weiter wachsen dürfte. Heute spricht er von einer grossen Ernüchterung und noch «von ersten messbaren Effekten» in fünf Jahren.

Gemäss dem Report war die durchschnittliche Verweildauer von Frauen in den Geschäftsleitungen mit 3,9 Jahren nicht mal halb so lang wie bei den Männern (8,1 Jahre).

Das habe auch damit zu tun, dass 89% der neuen Geschäftsleiterinnen eine Service-Funktion wie die Personalabteilung übernähmen und nicht eine Business-Funktion wie beispielsweise Regionenchef. Letztere seien bei Wechseln etwa des Konzernchefs viel weniger von Abgängen betroffen. Zudem hätten es Frauen, die von extern kamen, viel schwerer sich intern ein Netzwerk aufzubauen.

Öffentlicher Sektor gibt Gas
Um Vergleiche anstellen zu können, untersucht Schilling seit dem letzten Jahr auch die obersten Führungsgremien in der Bundesverwaltung und den 26 Kantonen. Im öffentlichen Sektor sind im obersten Management 16% Frauen vertreten – eine Zunahme von 2 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr.

Der öffentliche Sektor biete mehr «Frauenberufe» an, aber auch bessere Rahmenbedingungen wie einen planbaren Tagesablauf, führte Schilling aus. Der öffentliche Sektor weise bereits auf der zweithöchsten Führungsstufe mit 22% einen höheren Frauenanteil aus als die Privatunternehmen (14%).

Immerhin zeigt sich in der Privatwirtschaft bei den Verwaltungsräten ein kleiner Fortschritt. Unter den neuen Mitgliedern in den befanden sich ein Viertel Frauen. Dadurch erhöhte sich der Frauenanteil in den Verwaltungsräten von 17 auf 19%.

Bemühungen reichen nicht
Eine breite Einsicht, dass Frauen in den Gremien wichtig sind, weil die Babyboomer in Rente gehen und es schwieriger wird im Ausland zu rekrutieren, scheint es aber nicht zu geben. Ganze 16 Unternehmen haben keine Frauen im Verwaltungsrat – etwa Alpiq, Stadler Rail, Mövenpick oder Rieter. Dabei haben 10 von ihnen die letzten acht Jahre insgesamt 102 neue Verwaltungsräte dazu gewählt. Doch darunter waren nur 5 Frauen – die bereits wieder ausgetreten sind.

In seiner Arbeit habe er oft mit Verwaltungsratspräsidenten zu tun, die für ihr Gremium eine Frau suchten, so Schilling. «Wer Frauen sucht, der findet sie», beobachte er.

Doch die bisherigen Bemühungen reichen nicht. «In den kommenden Jahren muss die Wirtschaft den Frauenanteil im Verwaltungsrat jährlich um mindestens 3 Prozentpunkte erhöhen, um die Forderungen der Politik nach 30% bis 2022 zu erfüllen», sagte er weiter.

Wie es mit der Gleichstellung schneller vorwärts gehen könnte, zeigt Deutschland. Dort sind börsenkotierte Unternehmen seit 2016 zu einer Frauenquote für den Aufsichtsrat verpflichtet. In den Aufsichtsräten der am deutschen DAX kotierten Firmen steigerte sich der Frauenanteil auf 32% (Vorjahr: 30%).

Schilling ist weiterhin gegen eine Frauenquote. Denn das Umfeld zwinge Firmen in Frauen zu investieren. «Man-only Clubs werden sowieso an die Wand fahren», zeigt er sich überzeugt. (awp/mc/ps)

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