Matijas Meyer, CEO Komax Gruppe, im Interview

Matijas Meyer, CEO Komax Gruppe, im Interview
Matijas Meyer, CEO Komax Gruppe. (Foto: Komax)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Meyer, Komax erzielt fast ein Viertel mehr Bestelleingang. Das ist `mal eine Hausnummer! Hätten Sie selbst vor einem Jahr damit gerechnet?

Matijas Meyer: In unserem Geschäft ist die Visibilität sehr gering. Das heisst, wir wissen jeweils nur etwa wie sich die kommenden drei Monate entwickeln werden. Dass ein solches Wachstum überhaupt möglich war, ist unseren über 1800 Mitarbeitenden zu verdanken. Sie haben in den vergangenen Monaten und Jahren intensiv dafür gearbeitet, dass wir unsere weltweite Markt- und Technologieführerschaft weiter ausbauen konnten.

Sie haben die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung auf 9 Prozent vom Umsatz gesteigert. Wieso gibt es bei der Kabelverarbeitung einen so hohen Innovationsdruck?

Der Automobilmarkt, unser mit Abstand wichtigster Markt, erlebt momentan eine sehr spannende Zeit. Themen wie Elektromobilität und autonomes Fahren werden die Branche verändern. Für uns bietet sich die Chance, diesen Wandel aktiv mitzuprägen und unsere führende Position weiter auszubauen. Zudem gibt es mehrere Trends, die dazu führen, dass der Druck kontinuierlich steigt, die Kabelverarbeitung zu automatisieren. Wer somit auch in Zukunft erfolgreich sein will, muss jetzt investieren. Denn in den kommenden Jahren wird sich entscheiden, wer bei den neuen Technologien die Nase vorn haben wird. Wir haben natürlich den Anspruch, die Nummer 1 zu bleiben und unseren Vorsprung weiter zu vergrössern. Dies gelingt uns nur, wenn wir auch künftig stark in Forschung und Entwicklung investieren.

«Angesichts der Aufwendungen für das Wachstum, den notwendigen F&E-Investitionen und dem konstanten Preisdruck der Automobilindustrie ist bereits das Halten der EBIT-Marge eine grosse Herausforderung.»
Matijas Meyer, CEO Komax Gruppe

Die hohen F&E-Aufwendungen senkten im letzten Geschäftsjahr die EBIT-Marge um 1.8 Prozentpunkte. Ohne F&E-Zunahme wäre die EBIT-Marge auf 15.3% gestiegen. Kann sie einmal bei 20 Prozent liegen?

Wir bieten unseren Kunden das breiteste Lösungsportfolio. Das heisst, sie erhalten alle Maschinen für das Schneiden, Abisolieren, Crimpen und Bandagieren des Kabels bis hin zum Prüfen des am Schluss vorliegenden Kabelsatzes von Komax. Dies ist weltweit einzigartig. Wir sehen noch sehr viel Potenzial bei der Automatisierung der Kabelverarbeitung und stellen fest, dass unsere Kunden sehr bestrebt sind, den Automatisierungsgrad zu erhöhen. Deshalb ist die Erweiterung unseres Produktportfolios eine Investition, die essenziell ist, um unsere Marktstellung zu halten beziehungsweise auszubauen.

Angesichts der Aufwendungen für das Wachstum, den notwendigen F&E-Investitionen und dem konstanten Preisdruck der Automobilindustrie ist bereits das Halten der EBIT-Marge eine grosse Herausforderung. Denn um diese halten zu können, müssen wir unsere Produktivität stetig steigern. Deshalb konzentrieren wir uns nicht in erster Linie auf die Marge, sondern darauf, den EBIT in absoluten Zahlen zu erhöhen. 2021 streben wir CHF 80–100 Millionen EBIT an – 2017 waren es 55.1 Millionen.

Gleich drei F&E-Standorte – Singapur, Schanghai und Tokio – decken Asien ab. Wieso eine derartige räumliche Bündelung von Forschung und Entwicklung?

Über zehn Prozent unseres Umsatzes erzielen wir Asien. Asien ist damit der zweitwichtigste Markt für uns (nach Europa). Um die Bedürfnisse unserer asiatischen Kunden zu kennen und verstehen zu können, ist ein enger Austausch wichtig. Deshalb ist es ein grosser Vorteil, wenn wir Entwicklungsteams direkt vor Ort haben.

Im letzten Jahr fiel der Umsatz in Nord- und Südamerika um zwei Prozent. Was war da alles los?

Die politischen Veränderungen in den USA haben im ersten Halbjahr 2017 zu gewissen Verunsicherungen geführt und die Investitionstätigkeiten reduziert. Unser Umsatz in Nord- und Südamerika ist deshalb im ersten Halbjahr 2017 um 5.8 Prozent gesunken. Im Verlauf des zweiten Halbjahres hat sich die Situation aber wieder normalisiert, und wir konnten einen grossen Teil des Verkaufsrückgangs der ersten Monate wettmachen, so dass Ende Jahr nur noch ein Umsatzrückgang von 2.1 Prozent in Nord- und Südamerika resultierte.

«Die politischen Veränderungen in den USA haben im ersten Halbjahr 2017 zu gewissen Verunsicherungen geführt und die Investitionstätigkeiten reduziert.»

Nach einem schwachen Vorjahr sind die Verkäufe in Afrika regelrecht explodiert. Was war der Grund?

In Osteuropa – einer Region, in der zahlreiche Kunden von uns Kabelsätze für die Automobilindustrie herstellen – herrscht zunehmend eine Knappheit an Personal. Dies hat einige Kunden dazu veranlasst, einen Teil der Produktion nach Nordafrika (vor allem Marokko und Tunesien) zu verlagern. Unsere Kunden haben bereits bisher in Nordafrika produziert und haben nun die Produktion in dieser Region erhöht. Aus diesem Grund hat unser Umsatz in Afrika um gut 47 Prozent zugelegt. Insgesamt erzielt Komax rund 10 Prozent des Umsatzes in Afrika.

Jetzt stehen vor allem Investitionen in Beton und das in Europa auf dem Programm. Wann werden diese abgeschlossen sein?

Um auch in Zukunft erfolgreich zu sein und das geplante Wachstum bewältigen zu können, investieren wir gezielt in die Erweiterung unserer Produktionskapazitäten. 2017 fand der Spatenstich für den Erweiterungsbau am Hauptsitz in Dierikon in der Schweiz statt, und 2018 folgen zwei weitere Bauprojekte in Deutschland und eines in Ungarn. Insgesamt investieren wir von 2017 bis 2019 über 90 Millionen Franken in die neue Infrastruktur. Während das neue Gebäude in der Schweiz in der zweiten Jahreshälfte 2019 bezugsbereit sein sollte, werden die drei anderen voraussichtlich gegen Ende 2018 fertiggestellt sein.

Mit der Akquisition von Laselec ist Komax auf den Zug zu Non-Automotive-Märkten aufgesprungen. Laselec ist ja in Toulouse angesiedelt. Versprechen Sie sich Grossaufträge von Airbus?

Den Grossteil des Umsatzes erzielt Komax mit Kunden aus der Automobilindustrie. Daneben konzentrieren wir uns seit ein paar Jahren vor allem auf drei Marktsegmente: Aerospace, Telecom & Datacom und Industrial. Laselec entwickelt lasergestützte Lösungen für die Abisolierung und Markierung von Kabeln sowie intelligente Verlegebretter für die Kabelsatzfertigung. Diese werden hauptsächlich in der Luft- und Raumfahrtindustrie eingesetzt. Das Know-how von Laselec hat dazu beigetragen, dass uns 2017 der Durchbruch im Aerospace-Bereich gelungen ist. Nach jahrelangen Verhandlungen und Qualifizierungsprozessen konnten wir den Bestellungseingang für mehrere Grossanlagen von namhaften Unternehmen und Zulieferern aus der Luftfahrtindustrie verbuchen.

Wie kann man in zwei Sätzen den Vorteil der UV-Lasertechnologie von Laselec erklären?

Mit UV-Lasern findet ein „sanfteres“ Lasern statt als mit den kräftigen CO2-Lasern. Dadurch wird beim Markieren die Schrift deutlich weniger stark ins Kabel eingebrannt und beim Abisolieren eines Kabels ist physikalisch garantiert, dass das Kabel nicht beschädigt wird – im Gegensatz zum Abisolieren mit Messern.

«Das Know-how von Laselec hat dazu beigetragen, dass uns 2017 der Durchbruch im Aerospace-Bereich gelungen ist.» 

Auch die Telecom-Industrie muss doch für Komax gerade jetzt, wo die Infrastruktur erneut ausgebaut wird, ein riesiger Wachstumsmarkt sein. Was sind da die Besonderheiten?

Telecom & Datacom ist eines der vier Marktsegmente, auf das wir uns fokussieren. Die in diesem Segment gebräuchlichen Kabel werden zunehmend auch in Fahrzeugen verwendet. Da unsere Fahrzeuge immer vernetzter werden, sind hohe Datenübertragungskabel nötig wie in der Telecom-Industrie. Die Kabel in der Telecom-Industrie werden von anderen Unternehmen verarbeitet als in der Auto-Industrie und die Kundenbedürfnisse sind unterschiedlich. Auch wenn die Telecom-Industrie wächst, darf nicht vergessen werden, dass unser wichtigstes Marktsegment – die Auto-Industrie – momentan ein Vielfaches der Telecom-Industrie in die Automatisierung der Kabelverarbeitung investiert.

Komax hat ein Kompetenzzentrum für autonomes Fahren im deutschen Grafenau. Glauben Sie dermassen an das führerlose Fahren? In den letzten Monaten häuften sich ja die schweren Unfälle.

Das komplett führerlose Fahren ist eine Vision. Hingegen sind stetige Ausbauschritte des autonomen Fahrens heute schon Realität und ein fester Bestandteil der Mobilität der Zukunft. Es geht nicht in erster Linie darum, dass wir per Smartphone unser Auto anrufen und es uns anschliessend nach Hause fährt ohne dass wir selber steuern müssen. Die Technologie, die dazu nötig ist, wird bereits heute Schritt für Schritt entwickelt und in Autos eingebaut. Dazu zählen unter anderem Spurkontrolle, Stauassistent und Parkierhilfe. All diese Hilfsmittel benötigen zusätzlich Sensoren im Auto und damit auch zusätzlich Kabel, die verarbeitet werden müssen. Für uns bedeutet dies, dass uns das autonome Fahren zahlreiche Möglichkeiten bietet, mit neuen Maschinen weitere Alleinstellungsmerkmale zu schaffen. Diese Chance wollen wir nutzen, so dass wir den Vorsprung zu unseren Mitbewerbern weiter vergrössern können.

Zum Gesprächspartner:
Matijas Meyer ist seit 2015 CEO der Komax Gruppe. Er arbeitet seit 2007 für Komax, zuerst als Standortleiter von Komax in Rousset (FR) und anschliessend als Leiter der Business Unit Wire. Seine beruflichen Stationen vor Komax waren Tornos SA, Moutier, und OC Oerlikon/ESEC, Cham. Matijas Meyer ist diplomierter Ingenieur der ETH Zürich (Robotik, Leistungselektronik, Bildverarbeitung, Regelungstechnik, mobile Roboter) und besitzt einen MBA-Abschluss der Cranfield University (GB) sowie ein Postgraduate Diploma in Strategischem Marketing.

Zum Unternehmen:
Komax, benannt nach ihrem Gründer Max Koch, ist Pionier, Markt- und Technologieführer bei Lösungen für die automatisierte Kabelverarbeitung. Der Marktanteil ist mehr als doppelt so hoch wie derjenige des nächsten Mitbewerbers. Komax stellt Serienmaschinen und kundenspezifische Anlagen für alle Automatisierungs- und Individualisierungsgrade her. Die Angebotspalette deckt die kapitalintensivsten und kritischsten Prozesse der Wertschöpfungskette ihrer Kunden ab – vom Messen und Schneiden der Kabel, über das Bandagieren, bis zum Testen des Kabelsatzes. Qualitätssicherungsmodule sowie intelligente Vernetzungslösungen runden das Portfolio ab. Das Unternehmen konzentriert sich schwergewichtig auf vier Marktsegmente: Automotive, Aerospace, Telecom & Datacom und Industrial. Komax ist ein global tätiges Schweizer Unternehmen, das in Europa, Asien, Nord- und Südamerika, sowie in Afrika produziert. Es erbringt über Tochtergesellschaften und unabhängige Vertretungen Verkaufs- und Serviceunterstützung in über 60 Ländern und ist an der SIX kotiert.

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