EZB bleibt trotz schwächerer Konjunktursignale zuversichtlich

EZB bleibt trotz schwächerer Konjunktursignale zuversichtlich
EZB-Präsident Mario Draghi. (Foto: EZB/Flickr)

Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) bleibt trotz zuletzt eher schwacher Wirtschaftszahlen zuversichtlich. Jüngste Konjunkturdaten deuteten zwar auf eine gewisse Abschwächung des Wachstums hin, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt nach der Sitzung des geldpolitischen Rates. Die Notenbank erwarte aber, dass die Wirtschaft «solide» und auf «breitem» Fundament weiter wachse – wenn auch die jüngsten Daten und der Protektionismus ein Grund zur Sorge seien.

In den vergangenen Wochen hatten zahlreiche Wirtschaftszahlen im Euroraum negativ überrascht. Sowohl «harte» Daten aus der Realwirtschaft als auch Stimmungsindikatoren deuteten auf ein schwächeres Wirtschaftswachstum hin. Draghi sieht in der Entwicklung zum Teil eine Normalisierung, nachdem die Wirtschaft zuvor stark gewachsen war. Teilweise hätten vorübergehende Faktoren die Daten belastet. So hätten in einigen Ländern Streiks oder das Wetter eine Rolle gespielt.

Auf Rückfrage sagte Draghi jedoch, dass er durchaus «besorgt» sei wegen der jüngsten Eintrübung. Man brauche hier aber mehr Informationen, ob es sich über eine vorübergehende Entwicklung handelt oder eine nachhaltige Abschwächung. Einige Zahlen könnten auf eine schwächere Nachfrage hindeuten.

«Beunruhigt» über den drohenden Protektionismus
Vor allem «globale Faktoren» seien ein Risiko für die Wachstumsaussichten, sagte Draghi. Er zeigte sich zudem über den drohenden Protektionismus «beunruhigt». Die bisher angekündigten Massnahmen würden den Handel nicht stark belasten. Es bleibe aber abzuwarten, wie mögliche Gegenschläge aussähen. Unmittelbar negativ dämpfe der Protektionismus die Zuversicht der Wirtschaftsakteure, sagte Draghi. Die EZB müsse schauen, ob dies Folgen für die Inflationserwartungen habe.

«Die EZB listet inzwischen in ihrem Statement nur Abwärtsrisiken bezüglich des Wachstums auf, explizit diejenigen in Verbindung mit globalen Faktoren, einschliesslich der Gefahr eines steigenden Protektionismus», kommentierte Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Man könne das als einen verkleideten Schwenk in der Risikobewertung sehen. «In die gleiche Richtung geht, dass die EZB den ökonomischen Aufschwung ’solide› bezeichnet hat, während sie im März-Statement noch das stärke Etikett ’stark› verwendet hatte», so Schmieding.

Keine weiteren Hinweise auf Ausstieg aus ultralockerer Geldpolitik
Die EZB gab auch keinen weitergehenden Hinweis auf einen schrittweisen Ausstieg aus ihrer ultralockeren Geldpolitik. «Die interessante Sache war, dass wir die Geldpolitik an sich nicht diskutiert haben», sagte Draghi. Er bestätigte bisherige Aussagen, dass die EZB ihre Anleihekäufe von derzeit 30 Milliarden Euro im Monat bis mindestens Ende September 2018 fortsetzen werde. Die Wirtschaft brauche weiterhin eine lockere Geldpolitik. «Wir müssen geduldig, vorsichtig und beständig sein», sagte der EZB-Präsident.

«Draghi musste heute einen Spagat machen», kommentierte Jan Holthusen, Volkswirt bei der DZ Bank. «Einerseits wollte er die jüngste Abschwächung der Konjunkturdynamik nicht überdramatisiert wissen, andererseits sollten heute auch noch keine Erwartungen über bevorstehende Zinserhöhungen geschürt werden.» Dieser Spagat sei Draghi recht gut gelungen. Konkretere Aussagen zur Geldpolitik erwarten Ökonomen auf der nächsten Sitzung am 14. Juni. Dann werden auch neue Projektionen veröffentlicht.

Leitzinsen bleiben unverändert
Die Währungshüter hatten zuvor den Leitzins im Euroraum wie erwartet auf dem Rekordtief von null Prozent belassen. Zudem müssen Geschäftsbanken, die Geld bei der EZB parken, dafür weiterhin 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Volkswirte erwarten derzeit frühestens im Herbst 2019 eine Leitzinsanhebung. (awp/mc/pg)

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