Trump treibt neuen Keil in G7: Russland soll wieder dazugehören

Trump treibt neuen Keil in G7: Russland soll wieder dazugehören
US-Präsident Donald Trump.

La Malbaie – Zum Auftakt des G7-Gipfels in Kanada hat US-Präsident Donald Trump mit seiner Forderung nach Wiederaufnahme Russlands einen weiteren Keil in die Gruppe der grossen Wirtschaftsmächte getrieben. Mehr als 40 Jahre nach ihrer Gründung droht der Wertegemeinschaft damit auf ihrem Gipfel an diesem Freitag und Samstag im ostkanadischen La Malbaie nahe Québec die Spaltung.

Das Treffen der Staats- und Regierungschef ist ohnehin überschattet von massiven Differenzen der Europäer mit Trump über amerikanische Strafzölle, seinen Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzvertrag und aus dem Atom-Abkommen mit dem Iran.

Im offenen Widerspruch zu den meisten G7-Partnern überraschte Trump mit dem Vorschlag, Russland wieder in den Kreis aufzunehmen und den illustren Club damit erneut zur G8 zu machen. «Russland sollte am Verhandlungstisch sitzen», erklärte Trump in Washington vor seinem Abflug nach Kanada. An die G7-Partner gerichtet sagte er: «Sie haben Russland rausgeworfen, sie sollten Russland auch wieder hineinlassen.» Die Aufgabe sei es, die Welt zu organisieren, und dazu werde Russland gebraucht. «Ich war Russlands schlimmster Alptraum, aber Russland sollte in diesem Treffen dabei sein.»

Ausschluss nach Krim-Annexion
Russland war wegen der Annexion der ukrainischen Krim 2014 aus der Gruppe ausgeschlossen worden. Der russlandfreundliche Neuling in dem Kreis, Italiens neuer Regierungschef Giuseppe Conte, regierte spontan positiv auf Trumps Vorschlag. Deutschland und andere G7-Partner haben eine Wiederaufnahme Russlands aber bisher klar abgelehnt. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte: «Die 7, so wie sie ist, ist eine Glückszahl». Der Kreml äusserte sich zurückhaltend zu dem Vorschlag. «Wir legen den Akzent auf andere Formate», sagte ein Sprecher von Präsident Wladimir Putin.

Scharfe Kritik an Trumps Handelspolitik
Schon vorher war im G7-Kreis ein offener Streit mit dem US-Präsidenten ausgebrochen. Der kanadische Gastgeber Justin Trudeau und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron übten nach Gesprächen am Donnerstag scharfe Kritik an den Alleingängen und der Handelspolitik Trumps. Der US-Präsident ging zum Gegenangriff über und warf dem Nachbarn Kanada und Frankreich vor, mit hohen Zöllen und anderen Markthürden amerikanische Exporte zu behindern.

Trump will Gipfel frühzeitig verlassen
Vor dem Hintergrund der Streitigkeiten will Trump den Gipfel am Samstag auch schon vorzeitig verlassen. Er wird nach Angaben des Weissen Hauses direkt nach Singapur reisen, wo er am Dienstag mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un zu einem historischen Gipfel zusammentrifft. Bei dem Treffen in dem asiatischen Stadtstaat will der US-Präsident den Machthaber dazu bewegen, atomar abzurüsten.

Mit der frühen Abreise nimmt Trump auch nicht an den Treffen der G7-Partner mit Vertretern anderer Staaten teil, bei denen es um globale Fragen geht. Diesmal sind Ruanda als Vorsitzender des Afrikanischen Union, Senegal, Kenia, Seychellen, Bangladesch, Haiti, Jamaika, Marshall Inseln und Argentinien als Gastgeber des Gipfels der 20 grossen Industrienationen im November (G20) in Buenos Aires eingeladen.

Trump zeigte sich kämpferisch. Er wolle die aus seiner Sicht unfairen Handelsbeziehungen mit seinen Partnern zugunsten der USA verbessern. «Ich freue mich darauf, unfaire Handelsdeals mit den G7-Ländern zu glätten», schrieb Trump kurz vor seiner Abreise. «Wenn es nicht passiert, gehen wir umso gestärkter raus», fuhr er fort.

Wegen der Kontroversen mit Trump wird es diesmal voraussichtlich nicht wie sonst üblich eine gemeinsame Abschlusserklärung geben, sondern nur eine Zusammenfassung der Ergebnisse durch den gegenwärtigen G7-Vorsitzenden Kanada. Ein solcher Dissens ist in der Geschichte der G7 höchst ungewöhnlich, da die Gruppe eigentlich durch Konsens globale Probleme anpacken will.

Macron ruft dazu auf, sich der Vormachtspolitik der USA zu widersetzen
Die Europäer stimmten sich untereinander und mit Kanada ab, wie mit Trump umgegangen werden soll. Frankreichs Präsident rief mit scharfen Worten dazu auf, sich geschlossen der «Vormachtpolitik» der USA zu widersetzen. «Wir müssen uns organisieren und zusammenarbeiten», sagte Macron. «Ich glaube an multilaterale Zusammenarbeit und das erlaubt es uns, gegen Hegemonie zu kämpfen.» Eine Vormachtpolitik will der französische Präsident nicht hinnehmen. «Hegemonie ist das Recht des Stärkeren», sagte Macron. «Hegemonie ist das Ende der Herrschaft des Rechts.»

Auch die deutsche Regierung verschärfte ihre Kritik an Trump. Aussenminister Heiko Maas sagte der «Süddeutschen Zeitung» (Freitag), es gebe Differenzen, «die können wir nicht mehr unter den Teppich kehren». Trumps Nein zum Klimavertrag und zum Iran-Abkommen sowie die Zölle seien alles einseitige Entscheidungen zum Schaden Europas, sagte der SPD-Politiker. Der US-Präsident nehme «bewusst in Kauf, dass die Nachteile sich unmittelbar in Europa auswirken».

Schulterschluss zwischen China und Russland
Wenige Stunden vor Beginn des G7-Gipfels in Kanada übten in Peking Russlands Präsident Putin und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping den symbolischen Schulterschluss. Xi nannte den Kreml-Chef seinen «besten Freund» und «einen alten Freund der Chinesen». Beide eint ihr angespanntes Verhältnis zu den USA. Putin und Xi Jinping werden am Wochenende wie der iranische Präsident Hassan Ruhani am Treffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) in der ostchinesischen Stadt Qingdao teilnehmen. Ruhani bezeichnete die Alleingänge von Trump als gefährliches Spiel. (awp/mc/pg)

Offizielle Website des G7-Gipfels

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