Ursula Keller erhält Europäischen Erfinderpreis 2018 für ihr Lebenswerk

Ursula Keller erhält Europäischen Erfinderpreis 2018 für ihr Lebenswerk
Ursula Keller. (Foto: EPA)

Paris – Die Schweizer Physikerin, Erfinderin und ETH-Professorin Ursula Keller hat den Europäischen Erfinderpreis in der Kategorie Lebenswerk erhalten. Sie wird damit als Wegbereiterin für vollkommen neue Anwendungsmöglichkeiten von Laserlicht gewürdigt. Im Laufe einer über 30 Jahre umfassenden Forschungskarriere erfand Keller das erste Verfahren zur Erzeugung von ultra-schnellen Lichtpulsen mittels Lasern, bekannt als SESAM (Semiconductor Saturable Absorber Mirror). SESAM öffnete die Tür für neue, zuvor unvorstellbare Anwendungen, zum Beispiel beim Schweißen und Schneiden in der herstellenden Industrie, in der optischen Kommunikation oder in der Medizintechnik.

«Mit ihrer Forschungsarbeit hat Ursula Keller die Lasertechnik revolutioniert und damit den Weg bereitet für vollkommen neue Einsatzmöglichkeiten von Lasern, die von der medizinischen Chirurgie bis zur Automobilherstellung reichen. Damit hat sie auch einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass Europa in der Forschung und beim Einsatz ultra-schneller Laser heute weltweit führend ist», sagt EPA-Präsident Benoît Battistelli anlässlich der Preisverleihung.

Der Europäische Erfinderpreis wurde im Théâtre Alexandre Dumas in Gegenwart von 600 Gästen aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft verliehen. Mit dem Preis zeichnet das Europäische Patentamt jedes Jahr herausragende Erfinder aus der ganzen Welt für ihren Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung, zum technischen Fortschritt und wirtschaftlichen Wohlstand aus. Die Gewinner werden von einer internationalen, unabhängigen Jury unter mehr als 500 Kandidaten und Erfinderteams ausgewählt.

Ursula Keller ist eine von vier Frauen, die dieses Jahr mit dem Preis geehrt werden, die höchste Anzahl an Preisträgerinnen, seitdem der Preis 2006 ins Leben gerufen wurde.

Ein Quantensprung in der Geschwindigkeit von Lasern
Die erste Pioniertat gelang Ursula Keller in den frühen Neunzigerjahren. Laser dienten seit ihrer Erfindung dazu, Materialien durch die Energie gebündelter Lichtstrahlung zu transformieren. Aber in der Stärke der Laserstrahlung lag auch ihre zentrale Schwäche: ein kontinuierlicher Laser heizt Materialien zu sehr auf und beschädigt sie. Als Antwort darauf entwickelte Keller in ihrem ersten Job bei den AT&T Bell Laboratories in New Jersey/USA eine Methode, welche kontinuierliche Lichtwellen zu ultra-kurzen Lichtpulsen komprimiert.

Dieses «gepulste Laserlicht» erzeugte die Stanford-Absolventin durch den erstmaligen Einsatz von Halbleitern als Spiegel. Durch dieses Prinzip konnte ein damals in jedem Forschungslabor vorhandener Laser von der Erzeugung kontinuierlicher Lichtwellen auf «gepulstes» Laserlicht konfiguriert werden. Dem Einsatz der Spiegel verdankt die revolutionäre Methode auch ihren Namen: SESAM (Semiconductor Saturable Absorber Mirror). Als Professorin an der ETH Zürich entwickelte Keller dieses Prinzip kontinuierlich weiter und befasste sich auch mit ungelösten Fragen der Quantenphysik. Dazu entwickelte sie eine der genausten Uhren der Welt, die Attoclock, mit Laserlicht als dem präzisesten Uhrzeiger der Welt.

Erste Frau an einem naturwissenschaftlichen Lehrstuhl der ETH
Ursula Keller hat aber nicht nur die Lasertechnik revolutioniert, sie hat auch eine weitere bedeutende Grenze überwunden: Mit 33 schreibt sie Geschichte als erste Frau auf einem naturwissenschaftlichen Lehrstuhl der ETH, an der sie einst Physik studiert hatte. Durch ihre kontinuierliche Weiterentwicklung der Lasertechnik gilt Keller heute als Instanz in der Ultrakurzpuls-Laserphysik; als Mentorin macht sie sich für die nächste Generation von Laser-Forschern stark. Ihre Vorbildfunktion nutzt sie, um besonders Frauen für eine Karriere in den Naturwissenschaften und in technischen Berufen zu begeistern und zu ermutigen.

Europas Führungsposition in der Lasertechnologie
Kellers Arbeit hat viele neue Anwendungen in einer ganzen Reihe von Branchen ermöglicht. „Die Möglichkeiten für den Einsatz von ultra-schnellen Lasern wachsen kontinuierlich“, sagt sie.

So erlebt der Markt für ultra-schnelle Laser momentan ein enormes Wachstum: Im Jahr 2017 erwirtschafteten Lasertechnologien wie Kellers SESAM-Prinzip weltweit EUR 2,2 Milliarden, das sind rund 20% des Gesamtmarkts für Laser. Bis zum Jahr 2023 sollen ultra-schnelle Laser bereits jährlich EUR 8,3 Milliarden einbringen.

Ursula Keller hat auch dazu beigetragen, dass Europa in der Lasertechnologie führend ist. Heute sind rund drei Viertel aller hochintensiven Laser (in der Petawatt-Klasse) weltweit in Europa angesiedelt, auch dank eines Forschungskonsortiums, bei dem die ETH Zürich eine Schlüsselrolle spielt. (mc/pg)

Europäisches Patentamt

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