4. Immobilien-Summit: «Blockchain – Game Changer im Immobilienmarkt?»

4. Immobilien-Summit: «Blockchain – Game Changer im Immobilienmarkt?»
Ralf Glabischnig, Managing Partner inacta AG & Co-Founder Crypto Valley Labs. (Foto: zvg)

Zürich – Ralf Glabischnig, Managing Partner inacta AG & Co-Founder Crypto Valley Labs, referiert am 4. Immobilien-Summit am Montag, den 2. Juli 2018, zum spannenden Thema «Blockchain – Game Changer im Immobilienmarkt?». Was genau dahinter steckt und inwiefern das Thema Blockchain tatsächlich den Immobilienmarkt auf den Kopf stellen wird, erfahren Sie im Interview.

von Christina Doll, Stv. Geschäftsführerin der Flughafenregion Zürich

Blockchain verändert zurzeit die Finanzwelt. Inwiefern ist das Thema Blockchain für den Immobilienmarkt relevant?

Glabischnig: Nach der Finanz- und Versicherungsbranche erreicht die Blockchain-Technologie nun auch den Immobilienmarkt. Erste in der Praxis umgesetzte Anwendungsfälle und die Zunahme von Investitionen in Blockchain-Projekte deuten darauf hin, dass Blockchain die heutigen Finanzierungs- und Geschäftsmodelle, bestehende Transaktionsstrukturen sowie Prozesse nachhaltig verändern wird. Die Immobilienwirtschaft ist für den Einsatz der Blockchain – oder anders formuliert – für das Internet der Werte besonders prädestiniert.

Welche Trends zeichnen sich diesbezüglich für den Schweizer Immobilienmarkt ab?

Glabischnig: Beim Einsatz von Blockchain sehen wir drei Trends, welche die Wertschöpfungskette der Immobilienwirtschaft in unterschiedlichen zeitlichen Phasen verändern wird:

1. Heute: Effizienzsteigerung
Viele komplexe und oft papierbasierte und so durch manuelle Schritte definierte Geschäftsprozesse lassen sich durch die Blockchain-Technologie einfacher und schneller bewerkstelligen. Vertraglich vereinbarte Aktivitäten, Informations- und Zahlungsflüsse mit unterschiedlichen Beteiligten und komplexe Regelwerke können in Software Code gegossen – sogenannte Smart Contracts – und dadurch automatisiert werden. Gleichzeitig kann die Nachvollziehbarkeit geschäftsrelevanter Informationen sichergestellt werden, da in der Blockchain dezentral gespeicherte Informationen nicht mehr veränderbar sind. Wir empfehlen unseren Kunden, mit einem überschaubaren Prozess zu starten, um das Potential der Blockchain zu erkennen und dabei zu lernen. Mit vernünftigem Aufwand kann so die technische Machbarkeit geklärt werden und man erhält relativ schnell einen spürbaren Mehrwert. Bereits heute gibt es konkrete, in der Realität umgesetzte Anwendungen für die Immobilienwirtschaft.

2. Kurzfristig: Prozessinnovation
Die Geschäftstätigkeit in der Immobilienbranche ist von einer Vielzahl von involvierten Parteien und Institutionen geprägt. Dadurch entstehen erhebliche Verzögerungen und Kosten bei Speicherung, Verarbeitung, Übermittlung und Zugriff auf relevante Daten in Immobilien-Transaktionsprozessen. Die Blockchain-Technologie ist in der Lage, Intermediäre resp. Drittparteien zum Beispiel beim Liegenschaftshandel zu umgehen und Informationen kostengünstig, schnell und standortunabhängig zugänglich zu machen. Die Umsetzung solcher Vorhaben bedingt eine strategische Auseinandersetzung mit dem Geschäftsmodell und einige Vorabklärungen aus organisatorischer, juristischer und technischer Sicht. Wir begleiten Unternehmen und Startups bei der Entwicklung sowie Umsetzung von Blockchain-Innovationsprojekten und unterstützen sie dabei mit der notwendigen Expertise aus unserem ausgebauten Ökosystem.

«Die Abhängigkeit von einzelnen Investoren wie Banken, Versicherungen und Pensionskassen wird reduziert»

3. Mittelfristig: Finanzierung
Alternative, Blockchain-basierte Investitionsmodelle (Stichworte Token-Ökonomie und Crowdfunding) eröffnen ganz neue Möglichkeiten für die Finanzierung von Immobilienprojekten, sei es für die Erstellung, für die Umnutzung oder für Modernisierungsvorhaben. Das notwendige Kapital würde dabei durch die Ausgabe eines sogenannten «Tokens» – also einer spezifischen Kryptowährung – im Rahmen eines Initial Coin Offerings ICO respektive Token Generation Event TGE über die Blockchain gesammelt, und dies weltweit. Als Investoren tritt die «Crowd» auf. Dabei kann es sich um institutionelle Anleger oder Private handeln. Als Gegenwert erhalten die Investoren z. B. ein Renditeversprechen oder können Leistungen (z. B. Miet- oder Besitzansprüche) beziehen. Solche krypto-ökonomischen Finanzierungsmodelle sind zurzeit erst am Entstehen und es bestehen noch Unsicherheiten bei den gesetzlichen Grundlagen und regulatorischen Anforderungen. Trotzdem sehen wir hier zukünftig enorme Veränderungen auf den Markt zukommen. Zum Beispiel können Immobilienentwickler ihre finanzielle Liquidität signifikant erhöhen. Gleichzeitig reduziert man damit die Abhängigkeit von einzelnen Investoren (Banken, Versicherungen, Pensionskassen) und die Kosten der traditionellen Mittelbeschaffung.

Sie beschreiben Blockchain als Game Changer. Wen sehen Sie auf der Gewinner- und wen auf der Verliererseite und warum?

Glabischnig: Ähnlich wie beim Entstehen des Internets der Informationen (World Wide Web / WWW) anfangs der 90iger Jahre, steckt die Technologie für das Internet der Werte (Distributed Ledger Technology / Blockchain) noch am Anfang. Bereits heute ist jedoch absehbar, dass die Blockchain das Potential aufweist, das heutige wirtschaftliche Gefüge und das gesellschaftliche Verhalten ähnlich stark zu verändern, wie damals das World Wide Web zum Beispiel bei der Musikindustrie oder bei den Printmedien.

«Die Bedeutung von Vermittlern wie Immobilien-Maklern, Finanzierungsinstitute, Notare oder Vermietungsplattformen wird geschmälert»

Die Digitalisierung macht vor der Immobilienwirtschaft nicht halt und wir beobachten einen verstärkten Innovations- und Effizienzdruck – sei es vom Ausland her oder von heimischen PropTech‘s. Aus diesem Grund empfehle ich allen Unternehmen und Institutionen im Real-Estate Markt eine eingehende Auseinandersetzung mit der Blockchain-Technologie, um die Auswirkungen auf das aktuelle Geschäftsmodell zu verstehen – die Empfehlung gilt insbesondere für Intermediäre, welche im Immobilienmarkt eine Vermittler-Rolle einnehmen wie zum Beispiel Immobilien-Makler, Finanzierungsinstitute, Notare oder auch Vermietungsplattformen. Ihre Bedeutung wird durch den Einsatz der Blockchain-Technologie geschmälert.

Innovative PropTech’s bedrängen bereits heute etablierte Marktplayer und durchbrechen traditionelle Wertschöpfungsketten. Wir untersuchen zurzeit, wie sich Blockchain Startups rund um die Immobilienwirtschaft weltweit entwickeln und führen zu diesem Zweck die „Blockchain Competition for Real Estate“ durch – einen international ausgeschriebenen, mit 100.000 USD dotierten Wettbewerb für die besten Blockchain-Geschäftsideen. Damit möchten wir etablierten Schweizer Immobilienunternehmen ermöglichen, sich mit den besten Blockchain-Startups zu vernetzen. Ich bin überzeugt, dass auf diesem gemeinsamen Weg die Schweizer Immobilienbranche gesamthaft gewinnt und der Wirtschaftsstandort Schweiz gestärkt wird.

Was fasziniert Sie am Thema Blockchain am meisten?

Glabischnig: Wir stehen am Startpunkt der Blockchain-Ära. Mich faszinieren vor allem die wegweisenden Veränderungen bei Gesellschafts- und Geschäftsmodellen, welche den Einsatz von Distributed Ledger Technologien wie die Blockchain ermöglichen. In Kombination mit dem Internet of Things und anderen Technologien wie Künstliche Intelligenz werden enorm spannende neue Anwendungsbereiche in der Immobilienwirtschaft entstehen. Es besteht die Chance, dass wir als Menschen die Hoheit unserer Daten wieder zurückerhalten, innovative Unternehmen Arbeitsplätze schaffen und letztendlich die Schweiz als global anerkannter Technologiestandort gestärkt wird.

Flughafenregion Zürich – 4. Immobilien-Summit

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