Türkische Finanzmärkte unter Druck

Türkische Finanzmärkte unter Druck
(Bild: Pixabay)

Frankfurt – An den türkischen Finanzmärkten mehren sich die Zeichen einer ernsten Krise. Während der Kurs der Landeswährung auf immer neue Tiefststände zum US-Dollar und zum Euro fällt, erreichte die Rendite für türkische Staatsanleihen erneut ein Rekordhoch. Am Dienstag wurden zehnjährige Staatspapiere mit einer Rendite von bis zu 20,09 Prozent gehandelt. Damit sie in dieser Laufzeit so hoch wie noch nie.

Am frühen Nachmittag kam es bei einer Auktion von türkischen Staatsanleihen ebenfalls zu einem starken Anstieg. Eine Versteigerung von Staatspapieren mit einer Laufzeit von 5 Jahren erbrachte eine Rendite von 22,10 Prozent. Bei der letzten vergleichbaren Auktion am 9. Juli hatte sie nur bei 18,08 Prozent gelegen.

Während es mit den Renditen steil nach oben geht, verliert die türkische Landeswährung immer stärker an Wert. In der Nacht zum Dienstag fiel der Kurs der türkischen Lira im Handel mit dem US-Dollar und zum Euro jeweils erneut auf Tiefststände. Erstmals mussten für einen Euro mehr als sechs Lira gezahlt werden. Der Kurs stieg in der Spitze bis auf 6,2695 Lira. Am Dienstagnachmittag stand der Kurs wieder etwas tiefer bei 6,1401 Lira.

Vertrauen ausländischer Kapitalgeber schwindet
«Die Anfälligkeit, mit der die Lira auf negative Nachrichten reagiert, zeigt, dass das Vertrauen ausländischer Kapitalgeber in das Land schwindet», sagte Experte Wolfgang Kiener von der BayernLB. Zuletzt hatte die Lira unter anderem mit starken Verlusten auf Sanktionen der USA gegen einzelne türkische Minister reagiert, weil sie nach Meinung der US-Regierung eine führende Rolle im Fall des US-Pastors Andrew Brunson gespielt hätten. Brunson wird in der Türkei wegen Terrorvorwürfen festgehalten.

Vor allem haben aber jüngste geldpolitische Beschlüsse der türkischen Notenbank den Kurs der türkischen Währung belastet. Obwohl die Inflation sehr stark gestiegen war, hatte die Notenbank den Leitzins nicht wie am Markt erwartet angehoben, sondern im Juli unverändert bei 17,75 Prozent belassen.

Ökonomen zufolge sind Zinsanhebungen in der Türkei aber unbedingt nötig, um gegen die Rekordschwäche der Lira sowie gegen die galoppierende Inflation anzukämpfen. Dennoch ist Staatschef Recep Tayyip Erdogan strikt gegen hohe Zinsen, weil er einen Dämpfer für die Wirtschaft fürchtet.

Eine Kurserholung zeigte sich zuletzt am türkischen Aktienmarkt in Istanbul. Hier legte der BIST 100-Index am Dienstag um 1,28 Prozent zu. Seit Beginn des Jahres ist aber auch der türkische Aktienmarkt mit einem Minus von mehr als 17 Prozent stark unter Druck geraten.

«Ich befürchte, die richtige Krise geht jetzt erst richtig los», kommentierte Devisenexperte Lutz Karpowitz von der Commerzbank die jüngste Marktentwicklung. «Diejenige, die nicht nur ein paar Devisenhändlern weh tut, sondern der türkischen Volkswirtschaft und Gesellschaft.» Er verweist auf das «exorbitante Leistungsbilanzdefizit». Experte Karpowitz wollte auch die Möglichkeit einer grossen realwirtschaftlichen Krise nicht ausschliessen. (awp/mc/ps)

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