Raphael Studer, CEO und Co-Founder Algrano, im Interview

Raphael Studer, CEO und Co-Founder Algrano, im Interview
Raphael Studer, CEO und Co-Founder Algrano. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Studer, Sie haben Algrano 2014 zusammen mit Gilles Brunner und Christian Burri gegründet, um mit einer Online-Handelsplattform den Kaffeeproduzenten Zugang zu den globalen Märkten zu verschaffen. Wie kam es dazu?

Raphael Studer: Gilles Brunner war im Kaffeehandel in Brasilien tätig. Dabei fiel im einerseits die immer grössere Nachfrage von Röstereien nach transparenten Lieferketten auf. Andererseits beobachtete er, dass immer mehr Produzenten in den Feldern Smartphones nutzten. Darin sah er eine Chance, Röster und Produzenten online zu verbinden. Er kontaktierte Christian und mich, zwei alte Studienfreunde. Unsere Fähigkeiten in der Software Entwicklung und Business Development ergänzten sein Kaffeewissen perfekt. Wir skypten zwischen Chile, Brasilien und der Schweiz, bis die ersten beiden Startup-Programme gewonnen waren und wir uns mit dem ersten Geld an die Entwicklung machen konnten.

Können Sie uns kurz erklären, wie der Prozess online abläuft und was die beiden Parteien alles nachverfolgen können?

Die Röster und die Produzenten können sich kostenlos auf algrano.com registrieren. Produzenten stellen ihre erntefrischen Rohkaffees online. Die Röster fragen Produzenten für Offerten an, tauschen sich mit den Produzenten über Qualitäten aus und bestellen Muster. Schliesslich personalisiert der Röster seine Lieferkette und bestellt die benötigten Dienstleistungen wie den Import, die Lagerung oder die Finanzierung mit ein paar Klicks.

Wie viele Abnehmer in wie vielen Ländern gibt es heute und wie viele Produzenten sind registriert?

Mittlerweile haben wir über 60 Kooperativen, hinter jeder im Durchschnitt 2000 Kleinbauern stehen, sowie rund 600 unabhängige Kaffeeproduzenten verteilt in ganz Lateinamerika.

In der Schweiz ist der Markt kleiner Kaffeeröstereien in den letzten Jahren sehr stark gewachsen. Ist diese Entwicklung auch im Ausland zu beobachten?

Durchaus, die Schweiz hat da eher Verspätung. Der Markt in den USA, Australien oder England ist viel weiterentwickelt. Aber es ist schön zu sehen, wie immer mehr Röstereien in der Schweiz mit innovativen Konzepten Fuss fassen. Sie zelebrieren das Handwerk. Es wird intensiv geschult über Kaffeequalität, Zubereitung und Sensorik. Dennoch ist es erstaunlich, wie wenig Herr und Frau Schweizer über Kaffee wissen. Im Vergleich zu unseren Weinkenntnissen, sind wir Banausen, obwohl wir viel öfters Kaffee trinken als Wein.

«Im Vergleich zu unseren Weinkenntnissen sind wir Banausen, obwohl wir viel öfters Kaffee trinken als Wein.»
Raphael Studer, CEO und Co-Founder Algrano

Wo liegen die Vorteile für die Produzenten auf der einen und die Röstereien auf der anderen Seite?

Beide Parteien erhalten Kontrolle über ihren Verkaufs- respektive Beschaffungskanal. Die Produzenten erhalten die Möglichkeit sich zu differenzieren und dank dem Aufbau ihrer Marke bessere Preise zu erzielen. Die Röster wiederum personalisieren die Lieferkette und erhalten die Möglichkeit Kosten zu optimieren, in dem sie nur noch die Dienstleistungen einkaufen, die sie benötigen. Weiter nutzen die Röster den Kontakt zum Produzenten, um authentische Geschichten an ihre Kunden weiterzugeben und die Konsumenten über die Kaffee-Herstellung zu informieren.

Wie viele Zwischenhändler werden durch Algrano ausgeschaltet – oder anders gefragt, wie viele Zwischenhändler sind im traditionellen Kaffeehandel üblich?

Die Lieferkette zwischen Röster und Produzent umfasst mindestens zwei bis drei Käufer und Wiederverkäufer. Meistens sind es aber mehr, vor allem im Ursprungsland hat es viele Vermittler von Rohkaffee. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass der Rohkaffee in dieser Zeit keine Veredelung erfährt und letztendlich nur transportiert wird.

Algrano ist nicht Kaffeehändler, sondern Vermittler. Weder die Produzenten noch die Röstereien bezahlen etwas, um auf die Plattform zu kommen. Wo im ganzen Prozess verdient Algrano Geld?

Im Gegensatz zu Zwischenhändlern kaufen und verkaufen wir nicht Rohkaffee und haben dementsprechend keinen Anreiz billig einzukaufen und teuer zu verkaufen. Wir offerieren die digitale Handelsplattform und vermitteln Transport, Qualitätssicherung, Finanzierung und Lagerung. Alle Kosten dieser Dienstleistungen geben wir transparent weiter und verrechnen für die Abwicklung eine Kommission. Die Kommission ist eine Funktion der eingekauften Dienstleistungen und der Menge.

«Wir investieren stark in unser Produkt, die Plattform und intensivieren gleichzeitig das Marketing in Europa.»

Algrano hat zuletzt eine Finanzierungsrunde über 2 Mio Franken erfolgreich abgeschlossen. Wofür sollen die Gelder eingesetzt werden?

Bei den immer höheren Volumen, die über Algrano gehandelt wurden, fiel uns auf, wie viel Effizienz wir dank unserer Software in den verschiedenen Prozessen für Röster und Produzenten generieren können. Wir investieren also stark in unser Produkt, die Plattform und intensivieren gleichzeitig das Marketing in Europa.

Welches waren beim Aufbau die grössten Schwierigkeiten?

Den richtigen Fokus zu legen und diesen im hektischen Alltag nicht zu verlieren, war eine Herausforderung. Denn Algrano bietet viele spannende Anknüpfpunkte, die einen vom Kern der Vision ablenken könnten. Dies ist auch einer der Gründe, warum wir Gründer ein externes Board von sehr erfolgreichen Startup-Gründern und ehemaligen Topmanagern aus der Kaffeebranche und der digitalen Welt zusammengestellt haben. So werden wir immer wieder in der Entscheidungsfindung hinterfragt und bleiben fokussiert.

Welches sind die nächsten Ziele von Algrano?

Die Erfolge, die wir in der Schweiz erzielen konnten, wollen wir in Europa wiederholen und möglichst vielen Kaffeetrinkern ermöglichen, dass sie in ihren lokalen Röstereien beim Kaffeegenuss die einzigartigen Geschichten aus den Kaffeeplantagen erleben.

Herr Studer, besten Dank für das Interview.

Zur Person:

Dr. Raphael Studer:
– Current. CEO von algrano
– Ausbildung: An der Uni Genf B.SC in Economics, an der Uni Zürich MSc in Economics und PhD am Lehrstuhl für Statistik und empirische Wirtschaftsforschung, Forschungsaufenthalte an the Rand Corp. in Kalifornien. 
– Arbeitserfahrung: internationales Business Development für ein Schweizer KMU und Hedging and Pricing Analyst im Energiehandel

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