Raiffeisen leidet kaum unter Affäre Vincenz

Raiffeisen leidet kaum unter Affäre Vincenz
(Bild: Raiffeisen)

St. Gallen – Mehr Neugelder, mehr Hypotheken, mehr Ertrag: Raiffeisen hat im ersten Halbjahr trotz der Turbulenzen wegen der «Affäre Vincenz» erfolgreich geschäftet. Der Gewinn ging wegen eines Sondereffekts aber leicht zurück.

Raiffeisen-Chef Patrik Gisel fällt es nicht leicht, sich per Ende Jahr von der Bankengruppe zu verabschieden. «Es tut mir schon ein bisschen weh, eine solch erfolgreiche Gruppe zu verlassen», sagte er am Mittwoch bei der Präsentation der Halbjahreszahlen.

Gisel hatte seinen Rücktritt im Juli angekündigt und hält ihn nach wie vor für den richtigen Schritt. Er hofft, damit in der Affäre um den früheren Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz zu einer Beruhigung beizutragen. Die Raiffeisen-Gruppe ist wegen der Affäre seit Monaten in den Schlagzeilen. Die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft ermittelt gegen Vincenz wegen möglicher ungetreuer Geschäftsbesorgung; dieser sass deswegen während rund 15 Wochen in Untersuchungshaft.

Wachstum bei Hypotheken
In den Semesterzahlen zeigen sich jedoch kaum negative Effekte der Turbulenzen. So gelang es der Bankengruppe, neue Gelder anzuziehen. Der Neugeldzufluss habe in den ersten sechs Monaten 2,2 Milliarden Franken betragen, hiess es. Insgesamt verwaltet Raiffeisen nun Kundenvermögen in der Höhe von 210,5 Milliarden Franken.

Auch das Hypothekargeschäft lief rund, wie das gegenüber dem Jahresende 2017 um 2,1 Prozent auf 176,3 Milliarden gestiegene Volumen zeigt. Damit habe Raiffeisen in einem «wettbewerbsintensiven Markt» sogar Marktanteile gewonnen, sagte Gisel.

Der Geschäftsertrag stieg im Vorjahresvergleich um 0,5 Prozent auf 1,64 Milliarden. Insbesondere die Erträge aus dem wichtigen Zinsgeschäft (+1,6%), das mehr als zwei Drittel zum Ertrag beisteuert, nahmen zu. Auch die beiden anderen wichtigen Ertragspfeiler, das Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft (+3,9%) und das Handelsgeschäft (+2,0%) entwickelten sich positiv.

Sondereffekt Aduno
Unter dem Strich steht aber trotz der höheren Einnahmen ein 2,7 Prozent tieferer Geschäftserfolg von 517,0 Millionen und ein 4,1 Prozent tieferer Reingewinn von 416,3 Millionen Franken.

Diese Entwicklung erklärte Gisel mit einem Sonderfaktor. Schuld sei die Kreditkartenfirma Aduno, wo es im Zusammenhang mit einer einmalig hohen Dividendenausschüttung zu einer Wertanpassung gekommen sei. Raiffeisen besitzt gut ein Viertel an Aduno.

Abbau von 50 Stellen
Bis Ende Jahr will der abtretende CEO noch die ins Stocken geratene Einführung eines neuen Kernbankensystems abschliessen. Ursprünglich hätte die Migration im ersten Halbjahr erfolgen sollen. Die Verzögerung sei bei einem solch komplexen Projekt nicht aussergewöhnlich, meinte er.

Schon über die Bühne ist der Verkauf der Privatbankentochter Notenstein La Roche. Anfang Juli übernahm Vontobel das Institut. Wie ebenfalls am Mittwoch bekannt wurde, kommt es deswegen bei Raiffeisen und bei der IT-Firma Arizon, ein Unternehmen im Besitz von Raiffeisen und der Bankensoftwarefirma Avaloq, zu einem Abbau von 50 Stellen. Ein weiterer Abbau sei nicht geplant, betonte Gisel.

Keine neuen Namen
Nicht in Gisels Zuständigkeit fällt die personelle Erneuerung nach der «Affäre Vincenz». Bis zur ausserordentlichen Generalversammlung vom 10. November sollen vier bis fünf neue Verwaltungsräte sowie ein neuer Präsident gefunden werden. Weitere Neuigkeiten gab es dazu nicht.

Parallel laufe «mit Hochdruck» die Suche nach einem Nachfolger für Gisel. Dieser dürfte dann gemäss dem abtretenden Firmenchef im nächsten Jahr erneut gute Zahlen präsentieren können. «Raiffeisen ist auf Wachstumskurs und floriert», so Gisel.

Obendrauf kommt im zweiten Halbjahr noch ein «Zückerchen». Der Notenstein-Verkauf werde zu einem positiven Effekt in der Erfolgsrechnung führen, sagte Gisel. Er bezifferte diesen auf rund 30 Millionen Franken. (awp/mc/pg)

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