Bundesrat Schneider-Ammann tritt per Ende Jahr zurück

Bundesrat Schneider-Ammann tritt per Ende Jahr zurück
Bundesrat Johann Schneider-Ammann. (Foto: Schweizerische Bundeskanzlei)

Bern – Bundesrat Johann Schneider-Ammann tritt auf Ende Jahr zurück. Das kündigte der Volkswirtschaftsminister am Dienstag an. Damit eröffnete er das Rennen um den frei werdenden FDP-Sitz im Bundesrat.

Schneider-Ammanns Nachfolgerin oder Nachfolger wird in der Wintersession gewählt. Kronfavoritin ist die St. Galler Ständerätin Karin Keller-Sutter: Sie ist eine Frau, sie ist Ostschweizerin, sie hat Regierungserfahrung und sie hat sich als Brückenbauerin einen Namen gemacht.

Keller-Sutter wollte sich am Dienstag noch nicht zu einer allfälligen Kandidatur äussern. Es sei nicht der Tag der Nachfolge, es sei der Tag von Johann Schneider-Ammann, sagte sie. Auch andere Parlamentarier hielten sich mit Namen zurück. Einigkeit scheint unter der Bundeshauskuppel aber darüber zu herrschen, dass eine Frau aufs FDP-Ticket muss. Die Ausgangslage könnte sich dann ändern, wenn auch Bundesrätin Doris Leuthard auf Ende Jahr zurücktritt.

Rücktritt wegen Indiskretion
Schneider-Ammann hatte am Dienstagmorgen den Präsidenten von National- und Ständerat sein Rücktrittschreiben überreicht. Eigentlich wollte er den Schritt erst am Freitag bekanntgeben. Weil die Information bereits an die Medien gelangt war, zog er die Ankündigung vor.

Über die Gründe für den Rücktritt vor Ende der Legislatur blieb er vage. Vor den Bundeshausmedien führte der 66-Jährige familiäre Gründe ins Feld. Nach acht Jahren im Amt müsse es möglich sein, zurückzutreten. Mit Müdigkeit oder mit den Anfeindungen, welchen er sich zuletzt ausgesetzt sah, hat der Rücktritt laut Schneider-Ammann nichts zu tun.

«Ich bin wach, mir geht es gut», witzelte er vor den Bundeshausmedien. Da schien bereits eine Last von ihm abgefallen zu sein. So heiter und entspannt hatten die Journalisten den Volkswirtschaftsminister nur selten erlebt. Die Konfrontation mit Bauern und Gewerkschaften, die aus dem Ruder laufenden Sätze, die sichtliche Schwäche des Magistraten waren am Ende für ihn selbst wohl ebenso quälend wie für das Publikum.

Wachsender Argwohn
Schneider-Ammann zog über seine Amtszeit eine positive Bilanz. Die Schweiz sei wirtschaftlich stark unterwegs, die Arbeitslosigkeit sei praktisch nicht existent, die Schweiz gelte als höchst innovativ. In der Digitalisierung habe er ein neues Zeitalter eingeläutet. Er sei aber auch argwöhnisch geworden, gestand er ein. In der Politik leide das Vertrauen, das müsse man sich immer wieder bewusst in Erinnerung rufen.

Die Parteien würdigten Schneider-Ammanns Wirken. Nach Ansicht der CVP ist Schneider-Ammann eine «ausgewiesene Unternehmerpersönlichkeit». Die SP lobte sein Engagement für die Berufsbildung und das duale Bildungssystem.

Seine eigene Partei würdigte Schneider-Ammann als «stillen Schaffer». Sein Einsatz habe dazu beigetragen, dass die Schweiz die Krisenjahre vergleichsweise gut gemeistert habe. Die SVP lobte Schneider-Ammann dafür, alles getan zu haben, um Arbeitsplätze in der Schweiz zu sichern.

Auch die Wirtschaftsverbände zollten dem abtretenden Bundesrat Tribut. Einzig die Gewerkschaften äusserten sich kritisch: Schneider-Amman habe in den ersten Jahren immer wieder Kompromissbereitschaft gezeigt. Je länger je mehr habe sich aber die Arbeitgeberposition durchgesetzt, sagte Daniel Lampart vom Gewerkschaftsbund. «Diese Spannungen gipfelten in dem offenen Konflikt über die flankierenden Massnahmen.»

Baustellen im Bundeshaus
Für den Schutz der Arbeitnehmenden ist Schneider-Ammanns Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) zuständig. Die EU verlangt Zugeständnisse bei den flankierenden Massnahmen, die Gewerkschaften lehnen das kategorisch ab. Der Bundesrat entscheidet am Freitag über das weitere Vorgehen in den Verhandlungen über ein Rahmenabkommen. Es handelt sich um eines der wichtigsten Dossiers, das Schneider-Ammann seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin hinterlässt.

Die grösste Herausforderung wartet aber in der Agrarpolitik. Der Bundesrat will die Botschaft für die Landwirtschaftspolitik nach 2022 noch dieses Jahr in die Vernehmlassung schicken. Auch bei der Reorganisation der Forschungsanstalt Agroscope stehen Entscheide an.

Der neue Vorsteher oder die Vorsteherin des WBF muss die Verhandlungen über Freihandelsabkommen weiterführen. Diese werden derzeit mit Indonesien, Vietnam, Indien, Malaysia und den Mercosur-Staaten geführt. Mit den USA sind informelle Gespräche im Gang.

Zudem möchte der Bundesrat die Vorschriften für Waffenexporte lockern. Ob der Entscheid noch in Schneider-Ammanns Amtszeit fällt, ist offen. Erst nächstes Jahr präsentiert der Bundesrat die Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI). Dauerbrenner im WBF sind der Fachkräftemangel, die hohen Schweizer Preise oder die Sonntagsarbeit. (awp/mc/ps)

 

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