David B. Sarasin, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Bank Linth, im Interview

David B. Sarasin, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Bank Linth, im Interview
David B. Sarasin, Vorsitzender der Geschäftsleitung Bank Linth AG (Foto: Bank Linth)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Sarasin, das Halbjahresergebnis 2018 war das beste der Firmengeschichte, der Gewinn stieg um 12.8% auf 12.2. Millionen Franken, während der Geschäftsaufwand um 2.6% sank. Wie ordnen Sie das Ergebnis ein und welche Erwartungen haben Sie für das Gesamtjahr?

David B. Sarasin: Besonders freut mich, dass unser Ertragswachstum im ersten Halbjahr 2018 breit abgestützt war und wir in allen Sparten zulegen konnten. Das Marktumfeld blieb aber weiterhin anspruchsvoll, Im Kostenbereich arbeiten wir sehr diszipliniert. Den tieferen Geschäftsaufwand hatten wir erwartet, nach den im vergangenen Jahr angefallenen Zusatzkosten für die Erneuerungsarbeiten an unserem Hauptsitz in Uznach und an unserem Gebäude in Rapperswil. Für das gesamte Geschäftsjahr gehen wir von einem guten Ergebnis aus – immer vorausgesetzt, dass es nicht zu ausserordentlichen wirtschaftlichen Ereignissen kommt.

Während das Hypothekargeschäft im 2017 noch mit über 5% wuchs, verlangsamte sich das Wachstum im ersten Halbjahr auf 1%, was unter dem Marktdurchschnitt von 1.5% liegt. Was sind die Gründe und wie sehen die Zielsetzungen bis Ende 2018 aus?

Wir haben im Hypothekarbereich eine starke Position in unserer Region und sind ein gefragter Partner. Jedoch verfolgen wir angesichts der Marktentwicklung eine restriktive Kreditvergabe-Politik– das moderate Wachstum ist also gewollt.

«Für das gesamte Geschäftsjahr gehen wir von einem guten Ergebnis aus – immer vorausgesetzt, dass es nicht zu ausserordentlichen wirtschaftlichen Ereignissen kommt.» David B. Sarasin, Vorsitzender der Geschäftsleitung Bank Linth AG

Vor zwei Jahren startete die Bank Linth mit dem neuen Vermögensverwaltungs-Angebot “Bank Linth Invest” mit einer relativ tiefen Einstiegshürde von 50’000 CHF und einer Performance-Gebühr (nur fällig bei Erfolg). Wie wurde das Angebot angenommen und wie sieht die Produkte-Pipeline für das kommende Jahr aus?

«Bank Linth Invest» haben wir vor zwei Jahren als modulare Anlage- und Vermögensverwaltungslösung mit einem hybriden Beratungsansatz lanciert, bei dem persönliche Beratung und digitale Lösungen zusammenspielen. Die Performance-abhängige Gebühr bieten wir bereits seit 2012 an. Neu ist seit diesem Jahr eine Variante mit einem Einstieg ab CHF 50’000 und einem Fokus auf kostengünstige passive Fonds, gezielt ergänzt durch aktive Fonds. «Bank Linth Invest» kommt sehr gut an, das neu lancierte Angebot hat sich ebenfalls sehr erfreulich entwickelt. Für das nächste Jahr planen wir deshalb weitere Angebote in diesem Bereich.

«Bei Innovationsprojekten wünsche ich mir mehr Mut auch von unserer Seite und eine generell unkonventionellere Denkweise in der Branche.»

Die Digitalisierung mit Unterstützung von Fintechs wird gerade von kleinen Banken wie zum Beispiel der Hypothekarbank Lenzburg oder der der Glarner Kantonalbank genutzt, um neue, innovative Leistungen mit möglichst geringer menschlicher Unterstützung zu erbringen. Ein Modell auch für die Bank Linth?

Wir prüfen mögliche Kooperationen aller Art, also auch in dieser Richtung. Auch haben wir bereits vor einiger Zeit ein hierarchieübergreifendes Team, wir nennen es intern «Innovation Lab», auf die Beine gestellt, um Ideenansätze zu diskutieren und weiterzuentwickeln. Unser Credo bleibt dabei aber immer, dass neue Lösungen den Bedürfnissen unserer Kunden auch wirklich entsprechen und ihnen das Erledigen ihrer Bankgeschäfte erleichtern müssen.

Auch für die Vorsorge- und Finanzplanung setzen Sie auf ein hybrides Modell aus menschlicher Beratung und maschineller Unterstützung. Wann glauben Sie, dass auf die menschliche Beratung ganz verzichtet werden kann und Künstliche Intelligenz, Algorithmen und Roboter übernehmen?

Ich bin überzeugt, dass dies bei einer Retailbank wie der Bank Linth, wo die Nähe zum Kunden eine wichtige Rolle spielt, nicht so schnell eintreffen wird. Ich würde sogar sagen, überall, wo Erwartungen, Wünsche und die ganz persönlichen Voraussetzungen eine Rolle spielen, wird die menschliche Beratung unersetzbar bleiben. Für repetitive Aufgaben nach einem bestimmten Muster oder für den Umgang mit grossen Datenmengen werden Roboter aber bald eine feste Grösse in unserer Arbeitswelt sein. Wir sehen in der Kombination von menschlicher und künstlicher Intelligenz ein grosses Potential – und mit «Bank Linth Invest» als Gradmesser sehen wir, dass eine solche Kombination intern und extern gut ankommt.

«Überall, wo Erwartungen, Wünsche und die ganz persönlichen Voraussetzungen eine Rolle spielen, wird die menschliche Beratung unersetzbar bleiben.»

Regionale Banken mit traditionellen Vertriebsstrukturen haben oft eine sehr loyale, aber eben auch alte Kundenstruktur. Wie kommen Sie an Jugendliche als Kunden, die eher wenig mit Bankschaltern und Aktionärstreffen am Hut haben?

Sie wären erstaunt, wie viele auch junge Leute an unserer traditionellen Generalversammlung teilnehmen! Wir bieten  für alle Alterssegmente Produkte und Beratung an. Im Fokus stehen bei uns Familien und KMU – indem wir für sie ein vertrauenswürdiger Finanzpartner sind, können wir auch die Tochter, den Sohn oder den Lehrling von uns überzeugen, wenn sie ihre eigene Bankbeziehung wählen. Die Jugendlichen treffen wir also vor allem im Arbeitsleben und bei ersten Spar- oder Finanzierungsanfragen.

Ihr Strategie-Projekt “Bank der Zukunft” zur Modernisierung der Geschäftsstellen ist etwa in der Halbzeit. Was sind die Erkenntnisse daraus, was funktioniert, wo gibt es neue Erkenntnisse, die noch einfliessen?

Wir lassen während der Modernisierungsphase Verbesserungen einfliessen, auf die uns unsere Auswertungen hinweisen, und entwickeln so das Projekt «Bank der Zukunft» laufend weiter. Deshalb ist zum Beispiel unser Standort in Frauenfeld als reiner Beratungsstandort umgesetzt – ohne klassische Schalterdienstleistungen, was sehr gut funktioniert. Für geeignete Mietobjekte warten wir je nach Standort mehrere Jahre, bis die ideale Lage frei wird.

Für weiteres Wachstum haben Sie mit der Niederlassung in Frauenfeld auch das Stammgebiet der Bank Linth verlassen. Was sind die ersten Erfahrungen und welche weitere geografische Ausweitung können Sie sich vorstellen?

Wenn wir vom Stammgebiet mit den Regionen Zürichsee, Ausserschwyz, Sarganserland und Linthgebiet sprechen, dann haben wir mit Winterthur im 2011 das erste Mal ausserhalb davon unsere Zelte aufgeschlagen. Frauenfeld stand auf unserer Wunschliste ganz zuoberst, da wir öfters Anfragen von Kunden aus Winterthur für diese Region hatten und dank einiger unserer Mitarbeitenden bereits gut vernetzt sind. Marktstudien gaben uns zudem recht, dass es durchaus noch Platz für eine kleinere, flexible Regionalbanken in der Region Thurgau hat.

«Eine weitere geografische Ausdehnung können wir uns zwar vorstellen, aber wir möchten zunächst weitere Erkenntnisse aus dem Standort Frauenfeld gewinnen.»

Bislang sind wir mit unserem Zweierteam vor Ort und den Ergebnissen sehr zufrieden. Unser Angebot wird bei der lokalen Bevölkerung und unseren Zielgruppen – Firmenkunden und Privatkunden für Anlagen oder Hypotheken – gut aufgenommen. Eine weitere geografische Ausdehnung können wir uns zwar vorstellen, aber wir möchten zunächst weitere Erkenntnisse aus dem Standort Frauenfeld gewinnen.

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen die aus?

Mein erster Wunsch wäre, dass sich die Zinssituation am Markt wieder normalisiert. In einem Umfeld mit Negativzinsen zu arbeiten, also unter quasi umgekehrten Vorzeichen als üblich, bringt grosse Herausforderungen für alle Marktteilnehmer mit sich.

Mein zweiter Wunsch ist etwas umfassender, hängt aber auch mit dem Bankgeschäft zusammen: Bei Innovationsprojekten wünsche ich mir mehr Mut auch von unserer Seite und eine generell unkonventionellere Denkweise in der Branche, damit neue Ideen nicht von Anfang an mit dem Ballast aller möglicher Erwägungen und Einwände belastet werden, sondern mit wirklich frischem Blick angegangen werden können.

Der Gesprächspartner:
Dr. David B. Sarasin, CEO Bank Linth, Schweizer, Jahrgang 1967. Er studierte Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen HSG. Nach dem Lizentiat arbeitete er drei Jahre als Assistent von Prof. Dr. Bruno Gehrig am Institut für Bankwirtschaft an der Universität St. Gallen HSG und promovierte während dieser Zeit zum Dr. oec. HSG. Anschliessend folgten drei Jahre im Firmenkundengeschäft einer Schweizer Grossbank. Weitere vier Jahre war David Sarasin in der Unternehmensberatung mit Schwergewicht Finanzinstitute tätig, bevor er auf den 1. April 2002 in die Geschäftsleitung der Bank Linth berufen wurde. Seither zeichnete er für das Ressort Privat- und Firmenkunden verantwortlich. Auf den 01. Juli 2012 ernannte ihn der Verwaltungsrat der Bank zum Vorsitzenden der Geschäftsleitung. David Sarasin ist Absolvent des Advanced Executive Programs der Swiss Banking School sowie des Stanford Executive Programs (SEP) an der Stanford Graduate School of Business.

Das Unternehmen:
Die Bank Linth (www.banklinth.ch) ist mit 19 Geschäftsstellen und einem Geschäftsvolumen von CHF 12.9 Mia. die grösste Regionalbank der Ostschweiz. Mit einem zukunftsweisenden, auf die persönliche Beratung ausgerichteten Geschäftsstellenkonzept ist sie in den fünf Regionen Linthgebiet, Zürichsee, Sarganserland, Ausserschwyz und Winterthur vertreten. Die Bank Linth ist an der SIX Swiss Exchange kotiert (Symbol: LINN). Sie befindet sich im Besitz ihrer Mehrheitsaktionärin, der Liechtensteinischen Landesbank AG (LLB), sowie weiterer rund 10’500 überwiegend in der Region wohnhafter Aktionäre.

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