Hays-Fachkräfte-Index: Von Buchhaltern, Dauerkrisen und «Hidden Champions»

Hays-Fachkräfte-Index: Von Buchhaltern, Dauerkrisen und «Hidden Champions»
Von Gero Knüfer, Division Manager Finance bei der Hays (Schweiz) AG.

Zürich – Der Personaldienstleister Hays hat seinen Fachkräfte-Index (FKI) in diesem Jahr komplett neu aufgestellt. Im Bereich Finance werden nun spezifischere Berufsqualifikationen unterschieden als in der Vergangenheit. Den Referenzwert 100 bildet neu das erste Quartal 2015. Seither ist der Index in der Schweiz auf 171 Punkte im ersten Quartal 2018 und 192 Punkte am Ende des zweiten Quartals 2018 gestiegen, die Nachfrage hat sich also in gut drei Jahren fast verdoppelt. Dieses starke Wachstum ist international einzigartig. In absoluten Zahlen bedeutet es, dass im zweiten Quartal 2018 in der Schweiz 6839 Finanzspezialisten gesucht wurden. Darunter sind 2024 Buchhalter sowie 1781 Controller. Mit Hilfe des FKI lässt sich also der oft zitierte Fachkräftemangel beziffern und visualisieren.

Besonders auffallend ist, dass die Kurven der fünf abgebildeten Skillbereiche seit Jahresende steigen – und zwar in seltener Eintracht, nachdem sie sich in den zwei Jahren zuvor recht unterschiedlich entwickelten. Zuletzt hatten aber fast alle einen mehr oder minder schweren Nachfrageeinbruch zu verzeichnen. In der jetzigen Aufwärtsbewegung dürften sich die positiven Wirtschaftsprognosen der letzten Monate widerspiegeln. Unternehmer möchten klare Verhältnisse, sie wollen wissen, wie es in den nächsten Jahren weitergeht. Ungewissheit ist deshalb Gift für die Wirtschaft.

In den letzten Jahren war die Nachrichtenlage dahingehend wenig erbaulich; eine Krise jagte die andere. Inzwischen scheint sich die Wirtschaft jedoch damit abgefunden und an den dauernden Krisenzustand gewöhnt zu haben. Die Unternehmer glauben nun zu wissen, wohin die Reise in ihrer jeweiligen Branche geht. Das kann man auch an den Aktienkursen erkennen: Keines der oft prognostizierten Crash-Szenarien ist bislang eingetroffen – trotz aller Schwarzmalerei ging es immer irgendwie weiter.

Buchhalter und Controller mit höchstem Nachfragezuwachs
Den höchsten Nachfrageanstieg verzeichnen zurzeit die Buchhalter (und darunter vor allem die Bilanzbuchhalter), gefolgt von den Controllern. Diese klassischen Skills werden in jedem Unternehmen laufend und immer wieder gebraucht und sind deshalb stets gefragt. Wie sehr die Buchhalter-Jobs im Rahmen der Digitalisierung von der Automatisierung bedroht sind, ist sicherlich eine spannende Frage und wird aktuell stark diskutiert. Wir sehen in unserer Praxis, dass eine angestrebte Automatisierung beispielsweise in einem Unternehmen der Konsumgüterbranche mit vielen, auch internationalen Filialen, sicherlich schwieriger ist als in einem kleinen Betrieb. Je komplexer das Accounting ist, desto weiter entfernt wird es von einer Automatisierung sein. Ein KMU, das nur ein Produkt in Grossserie herstellt, wäre eher ein Kandidat für Automatisierung.

Im Hinblick auf Controller gibt es unterschiedliche Bedürfnisse: Zum Teil werden Group-Controller gesucht, zum Teil Produktionscontroller. Besonders in kleineren Unternehmen übernehmen Controller tendenziell auch die Aufgaben des Risikomanagers. Möglicherweise ist die Nachfrage nach Risikomanagern deshalb in den vergangenen drei Jahren im Vergleich zu den anderen Skillbereichen nur wenig gestiegen – dafür allerdings auch mit weniger Schwankungen. Ähnlich sieht die Lage bei den Compliance-Managern aus. Wir sehen, dass nicht nur neue Regularien, sondern auch der aktuelle Umgang mit den bereits existierenden Regularien für eine anhaltende Nachfrage sorgt.

Wirtschaftsprüfer spüren die Automatisierung
Als einzige Spezialisierung weisen die Finanzberater nach einem schnellen Anstieg und einem frühen Peak zur Jahresmitte 2016 eine längere Konsolidierungsphase über fünf Quartale auf. Hier dürfte sich die seinerzeitige Unsicherheit in der Wirtschaft spiegeln. Zudem wurden bis Mitte 2016 viele Finanzberater eingestellt, die anschliessend zunächst allokiert werden mussten. Das führte zu einer Wellenbewegung in der Nachfrage, die wir in diesem Fachbereich regelmässig beobachten. Dabei darf man nicht vergessen: Eine sinkende Kurve bedeutet keineswegs, dass es in diesem Job auch zu Entlassungen kommt – es werden nur weniger Neuzugänge gesucht.

Digitalisierung und Automatisierung dürften auch Auswirkungen auf die Nachfrage nach Wirtschaftsprüfern haben. Während früher oft externe Auditoren zu einem Audit hinzugezogen wurden, gilt dies heute meist nur noch für komplizierte Fälle. Kleinere KMU haben beim Audit bereits den Weg zur Automatisierung eingeschlagen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Audits in diesem Segment gänzlich automatisiert sind. Der Audit eines kleinen Unternehmens, das seit zehn Jahren dasselbe Produkt in Grossserie für denselben Kunden fertigt, ist eben auch nicht so kompliziert wie das eines Grosskonzerns oder einer Bank.

Um durch die fortschreitende Automatisierung nicht obsolet zu werden, müssen Auditoren ihre Ausrichtung den neuen Gegebenheiten anpassen. Wer stillsteht, hat verloren. Es gilt, sich zu überlegen, wohin der Trend geht – und sich dementsprechend auszurichten. Unter diesen Umständen bietet die Digitalisierung echte Chancen. Schliesslich entstehen laufend neue Jobs, die wiederum eine grosse Chance für jeden Einzelnen darstellen!

„Hidden Champions“ bieten spannende Jobs
Generelle Finanzfunktionen wie Buchhalter und Controller sind in allen geografischen Regionen gefragt. Zusätzlich existieren Zentren der Spezialisierung, wie etwa die Finanzindustrie in den Agglomerationen Genf, Lugano und Zürich oder die Pharmabranche in Basel. Dafür werden beispielsweise Werks- und Produktionscontroller eher selten einen Job in der Agglomeration Zürich finden, da es in der Stadt einfach weniger produzierende Industrieunternehmen gibt.

Wer aber bereit ist, bei der Jobsuche neue Regionen in Erwägung zu ziehen, kann ausserhalb von Zürich oder Basel als Finanzspezialist im Industriebereich durchaus eine interessante Stelle in einem spannenden Unternehmen finden. Meine Empfehlung: Schauen Sie sich etwa die klassischen Zuliefererfirmen im Baselbiet oder im Aargau an! Darunter befinden sich viele Unternehmen, die als „Hidden Champions“ gelten: in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Firmen, die sich zum Beispiel auf die Herstellung von Werkzeugmaschinen spezialisiert haben, die vielleicht Verpackungen oder Etiketten herstellen und dabei ihre Arbeit so gut machen, dass sie unter Fachleuten weltweit bekannt sind. Auch die Uhrenindustrie im Jura sucht nach Werkscontrollern und Buchhaltern. In all diesen Firmen gibt es spannende Positionen zu besetzen – scheuen Sie sich also bei der Jobsuche nicht, auch einmal über den Tellerrand hinauszublicken! (Hays/mc/ps)

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