US-Schluss: Anleger werfen das Handtuch

US-Schluss: Anleger werfen das Handtuch

New York – Die Flucht der Anleger aus amerikanischen Aktien hat sich am Freitag noch verschärft. Eine zaghafte Erholung im frühen Handel erwies sich als Strohfeuer. Die Kurse drehten wieder nach unten und weiteten die Verluste kontinuierlich aus. Von einer «Kapitulation der Investoren» sprach Stratege Mika Inkinen von der Investmentbank JPMorgan. Auch solide Daten zum US-Konsum und zur Stimmung der Verbraucher konnten die Baisse nicht eindämmen.

Der Dow Jones Industrial verlor 1,81 Prozent auf 22’445,37 Punkte. Er ist damit in fünf der vergangenen sechs Sitzungen gefallen. Auf Wochensicht beläuft sich der Verlust des Dow auf fast 7 Prozent. Im Monat Dezember summieren sich die Einbussen mittlerweile auf historisch hohe rund 12 Prozent.

JPMorgan-Stratege Inkinen begründete diesen Kursverfall mit der Angst der Anleger vor einer Rezession. Er verwies auf den US-Anleihemarkt, wo sich der Renditeabstand zwischen kurzlaufenden Papieren und solchen mit langen Laufzeiten immer mehr verringere. Diese Tendenz habe sich nach der Sitzung der US-Notenbank Fed am Vortag nochmals verschärft. Sie gilt als verlässliches Signal für eine bevorstehende Rezession. Zuletzt hatten Volkswirte bereits vermehrt auf die Gefahr einer Rezession im Jahr 2020 hingewiesen.

Der marktbreite S&P 500 sank am Freitag um 2,06 Prozent auf 2416,62 Zähler. Der technologielastige Nasdaq 100 fiel mit 3,15 Prozent auf 6046,55 Punkte erneut deutlich stärker als der Dow und der S&P 500. Er vermied den Fall unter die Marke von 6000 Punkten nur denkbar knapp. Im Dezember ist der Nasdaq 100 bislang um rund 13 Prozent eingebrochen.

An der Nasdaq gerieten erneut die Papiere der grossen Tech- und Internetkonzerne ins Visier der Verkäufer: Aktien von Amazon, Apple, Netflix, Alphabet und Facebook verloren zwischen 3,2 und 6,3 Prozent.

Die Abschwächung des weltweiten Wachstums einerseits und vergleichsweise attraktive Renditen bei kurzlaufenden Anleihen andererseits machten den Aktien schwer zu schaffen, sagte Anlagestratege Marty Young von Goldman Sachs zur jüngsten Baisse. Für zweijährige US-Papiere erhalten Investoren gegenwärtig 2,7 Prozent Zins. Das mache «Cash» immer mehr zu einer investierbaren Anlage – und lasse risikoreiche Aktien im Verhältnis dazu immer unattraktiver erscheinen.

Aus einem sehr schwachen Aktienmarkt stachen Nike heraus, Anleger konnten sich über einen Kurssprung von gut 7 Prozent freuen. Der Sportartikelhersteller überraschte mit Quartalszahlen positiv. Die Papiere lagen im Dow Jones Index mit grossem Abstand an der Spitze. Die Ergebnisse von Nike zeugten von zunehmender Wachstumsdynamik, schrieb Analyst Matthew Boss von JPMorgan.

Der Streaming-Dienst Spotify einigte sich nach knapp einem Jahr mit einem Musikverlag, der in einer Klage mindestens 1,6 Milliarden Dollar von Spotify gefordert hatte. Trotz der Einigung setzten Spotify-Aktien die Talfahrt der vergangenen Wochen fort und büssten fast 7 Prozent ein.

Nach der Rücktrittsankündigung von US-Verteidigungsminister James Mattis zeigten sich Aktien von Rüstungskonzernen schwächer. So verloren General Dynamics 2,7 Prozent, Raytheon mehr als 4 Prozent und Lockheed Martin mehr als 3 Prozent. Mattis hatte sich für einen Verbleib der US-Soldaten in Syrien und Afghanistan ausgesprochen.

Der Eurokurs gab am Freitag nach schwachen Konjunkturdaten aus der Eurozone zum US-Dollar nach. Zuletzt notierte die Gemeinschaftswährung auf 1,1360 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,1414 (Donnerstag: 1,1451) US-Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,8761 (0,8733) Euro gekostet. Richtungweisende zehnjährige US-Staatsanleihen stiegen um 6/32 Punkte auf 102 30/32 Punkte und rentierten mit 2,78 Prozent. (awp/mc/ps)

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