Vor Handelsgesprächen: US-Anklage gegen Chinas Telekom-Gigant Huawei

Vor Handelsgesprächen: US-Anklage gegen Chinas Telekom-Gigant Huawei

Peking / Washington – Das US-Justizministerium hat Anklage gegen den chinesischen Telekom-Riesen Huawei und mehrere seiner Tochterfirmen erhoben. Ferner wurde die Auslieferung der in Kanada festgehaltenen Tochter des Gründers, Finanzchefin Meng Wanzhou, beantragt. Dem weltgrössten Telekom-Ausrüster und zweitgrössten Handyhersteller werden Verstösse gegen Iran-Sanktionen, Geldwäsche, Betrug, Verschwörung zur Behinderung der Justiz und auch Industriespionage vorgeworfen.

Unmittelbar vor neuen Verhandlungen über ein Ende des Handelskrieges zwischen den USA und China verschärfen sich damit die Spannungen zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften. Beide Seiten wollen am Mittwoch und Donnerstag in Washington auf hoher Ebene zusammenkommen, um eine Eskalation des Konflikts mit neuen US-Strafzöllen auf Importe aus China im Wert von 200 Milliarden US-Dollar zu vermeiden.

China weist Vorwürfe zurück
Empört warf Chinas Aussenamtssprecher den USA am Dienstag «politische Manipulationen» vor. Das Auslieferungsersuchen solle zurückgezogen werden. Ein Huawei-Sprecher sagte: «Das Unternehmen bestreitet, dass es selber oder eine Tochterfirma oder ein Partner einen der in jeder der Anklagen behaupteten Verstösse von US-Gesetzen begangen hat, und weiss nichts von Rechtsverstössen durch Frau Meng.» US-Gerichte würden am Ende zu dem gleichen Schluss kommen.

Chinas Aussenamtssprecher Geng Shuang forderte die USA auf, die «unangemessene Unterdrückung chinesischer Firmen einschliesslich Huawei einzustellen». Im Fall der Finanzchefin warf er den USA einen «Missbrauch des bilateralen Auslieferungsabkommens» vor. Kanada sollte «ernsthaft» die chinesische Position berücksichtigen und die Managerin freilassen, sagte der Sprecher.

China übt nach Ansicht von Diplomaten bereits offensichtliche Vergeltung. So wurden zwei Kanadier festgenommen – der ehemalige Diplomat und heutige Vertreter der unabhängigen Crisis-Group, Michael Kovrig, und der Geschäftsmann und Korea-Experte Michael Spavor. Ihnen werden Aktivitäten vorgeworfen, die «die nationale Sicherheit gefährden». Auch wurde die 15-jährige Haftstrafe gegen einen Kanadier wegen Drogenschmuggels kurzerhand in die Todesstrafe umgewandelt.

13 Anklagepunkte
Im Zentrum der US-Vorwürfe steht die Tätigkeit der Huawei-Tochter Skycom im Iran. Insgesamt handelt es sich um 13 Anklagepunkte und fast zwei Dutzend einzelne Vorwürfe. Ausser dem Unterlaufen von Sanktionen gegen den Iran, Geldwäsche, Betrug und anderen Delikten im Umfang von hunderten Millionen Dollar soll sich Huawei auch Betriebsgeheimnisse von T-Mobile US illegal angeeignet haben, wie aus einer weiteren Klage in Seattle hervorgeht.

Dabei ging es um einen Testroboter für Mobiltelefone. Huawei-Mitarbeiter sollen versucht haben, Fotos davon zu machen und ein Teil des Tappy genannten Geräts zu stehlen, wie das «Wall Street Journal» berichtet hatte. Huawei verwies darauf, dass der Konzern und T-Mobile ihren Gerichtsstreit darüber 2017 beigelegt hätten. Die US-Jury habe «weder Schaden, ungerechtfertigte Bereicherung noch absichtliches oder böswilliges Verhalten» festgestellt.

«Betrügerische finanzielle Machenschaften»
Bei der Vorstellung der Klagen sagte Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen in Washington hingegen, Huawei sei in «betrügerische finanzielle Machenschaften verwickelt, die der Sicherheit der USA abträglich sind». Im Iran soll Huawei mit Skycom de facto eine Tochter unterhalten haben, obwohl der Konzern dies abgestritten und einen Verkauf des Unternehmens vorgetäuscht habe.

US-Handelsminister Wilbur Ross sagte, über Jahre hätten chinesische Firmen amerikanische Exportgesetze gebrochen und Sanktionen unterlaufen, indem das amerikanische Finanzsystem benutzt worden sei, um illegale Tätigkeiten zu ermöglichen. «Das wird ein Ende haben.» Ross beteuerte, dass die Verfolgung dieser Straftaten in keinem Zusammenhang mit den Verhandlungen zwischen China und den USA über den Handelskonflikt stünden.

Die USA machen auch Sicherheitsbedenken beim Einsatz von Telekom-Ausrüstung aus dem Hause Huawei geltend. Der nationale US-Markt ist dem chinesischen Konzern damit praktisch schon lange versperrt. Die Trump-Administration drängt jetzt allerdings auch andere Länder, von einem Einsatz von Huawei-Produkten besonders bei dem jetzt anlaufenden Ausbau des schnellen neuen 5G-Mobilfunknetzes abzusehen.

In Australien, Neuseeland, Grossbritannien und auch Norwegen gibt es schon ein Umdenken oder wird noch geprüft. Auch in Deutschland hat eine Diskussion begonnen, da im Frühjahr die neuen Lizenzen für 5G vergeben werden sollen. Huawei kooperiert bisher mit allen drei deutschen Mobilfunkanbietern Telekom, Vodafone und Telefonica, die zusätzlich aber jeweils noch einen zweiten Lieferanten haben.

Um die Bedenken zu entkräften, hat Huawei in Bonn eigens ein Sicherheitslabor eingerichtet. Dort können das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) und die Netzbetreiber mithilfe der geheimen Quellcodes von Huawei die Sicherheit der Produkte selbst testen. Ähnliche Einrichtungen gibt es in Grossbritannien und Kanada.

Bisher seien bei den Prüfungen dort keine Sicherheitsprobleme aufgetaucht, hob der amtierende Vorsitzende von Huawei, Eric Xu, vor wenigen Tagen im Gespräch mit deutschen Journalisten am Firmensitz in Shenzhen hervor. «Nach so vielen Jahren gibt es nichts von den Dingen, von denen einige Leute glauben möchten, dass es sie gibt.» (awp/mc/ps)

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