Mauricio Vargas, Union Investment: «Fed-Kehrtwende verschafft Schwellenländern Luft zum Atmen»

Mauricio Vargas, Union Investment: «Fed-Kehrtwende verschafft Schwellenländern Luft zum Atmen»
Mauricio Vargas, Ökonom bei Union Investment

Zürich – 2018 war für die Emerging Markets ein schweres Jahr. Stichworte sind neben länderspezifischen Problemen, steigende Renditen in den USA, Handelskonflikt und konjunkturelle Schwäche. Was sind die wesentlichen Einflussfaktoren im laufenden Jahr? Ein Gespräch mit Dr. Mauricio Vargas, Senior Ökonom bei Union Investment, der sich auf die Erstellung eines regelmässigen Ratings von 100 Ländern spezialisiert hat.

Die Aussichten für Investments in Schwellenländer haben sich bereits deutlich verbessert. Woran liegt das?

Grundsätzlich ist die Wirtschaftslage in den Emerging Markets robust, was das positive Sentiment bei Investoren begründet. Unabhängig von der allgemeinen Verfassung der Anlageklasse spielen 2019 aber auch länderspezifische Probleme eine Rolle. Mit Blick auf die weitere Entwicklung wird es insbesondere darauf ankommen, ob sich die Weltwirtschaft nach der anhaltenden Schwächephase wieder fangen kann. Die Schwellenländer brauchen eine stabile Konjunktur weltweit – rein aus eigener Kraft ist ein positiver Trend schwierig.

Wie sehen Ihre Erwartungen für die Weltwirtschaft aus?

Wir rechnen zumindest mit einer Entspannung der konjunkturellen Lage Richtung Jahresmitte. Die Entwicklung der Weltwirtschaft und damit auch der aufstrebenden Volkswirtschaften wird auch im laufenden Jahr massgeblich vom Handelsstreit und damit auch von der wirtschaftlichen Lage in China bestimmt. Die jüngsten Nachrichten lassen auf einen positiven Ausgang hoffen. Allerdings sind die US-chinesischen Beziehungen nur sehr schwer zu prognostizieren, die Unsicherheit damit nach wie vor gross.

Neben der globalen Wachstumsschwäche belastete zuletzt auch die restriktive Geldpolitik der US-Notenbank Fed. Wie beeinflusst die Neuausrichtung der Fed die Schwellenländer?

In der Tat erhöhte die Fed mit der Straffung der Geldpolitik die relative Attraktivität kurzfristiger US-Dollar-Anleihen, was insbesondere Papiere der Schwellenländer 2018 unter Druck setzte. Richtungsweisend war daher die Sitzung im März: Die Zinsen blieben unverändert bei 2,25 bis 2,5 Prozent und man betonte, sich hinsichtlich weiterer Zinsschritte in Geduld zu üben. Die Notenbank wird nun erst einmal die Datenlage weiter beobachten und schauen, ob die konjunkturelle Entspannung nachhaltig ist. Diese Kehrtwende der Fed verschafft den Schwellenländern Luft zum Atmen. Wegen der Unsicherheit um die wirtschaftliche Lage kam der Fed-Effekt für die Emerging Markets aber noch nicht voll zum Tragen.

Die Schwellenländer sind eine sehr heterogene Gruppe. Welche Länder stehen besonders unter Druck?

Insbesondere in Argentinien und der Türkei bleibt die Lage tendenziell schwierig. Die Probleme sind derzeit vor allem politisch getrieben, wenn auch anders gelagert: Der türkische Präsident Recep Erdoğan lehnt die benötigte Hilfe von aussen ab. Dagegen arbeitet Argentiniens Präsident Mauricio Macri konstruktiv mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zusammen, kann aber mit Blick auf die anstehende Wahl im Oktober seine Reformagenda nicht ausreichend konsequent durchsetzen. Diese politischen Bremsklötze stossen auf ein fragiles wirtschaftliches Umfeld, was die Lage zusätzlich verschärft. Ähnlich kritisch bewerten wir derzeit auch Libanon, Pakistan, Indien und auch Mexiko.

Auf welche Länder schauen Sie aktuell optimistischer?

Von den zuletzt steigenden Rohstoffpreisen haben vor allem die afrikanischen Länder und auch Brasilien profitiert. Mit Ausnahme von Venezuela hat sich grundsätzlich auch Lateinamerika gut entwickelt. Für China erwarten wir, dass sich die Stimulusmassnahmen der Regierung im Laufe des Jahres positiv auf die Wirtschaftsdaten auswirken werden. Allerdings wird hier der Ausgang des Handelskonflikts entscheidend sein. Für Asien im Allgemeinen und Korea und Taiwan im Speziellen wird es darauf ankommen, ob sich neben den allgemeinen Belastungen für den Welthandel die derzeitige Schwäche im Technologie-Sektor wieder auflöst.

Union Investment

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