Andrew Bourget, CEO ECCUS, im Interview

Andrew Bourget

Andrew Bourget, CEO ECCUS. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Bourget, ECCUS baut unterirdische Räume unter bestehenden Industriegebäuden oder alternativ genutztem Land. Können Sie uns kurz schildern, wie die Idee entstanden ist und welche Vision Sie damit verfolgen?

Andrew Bourget: Die Idee entstand, als mein Sohn mich vor fünf Jahren auf die Kontroverse um ein geplantes neues Rechenzentrum im Kanton Zürich aufmerksam machte, das ich sowohl im Hinblick auf die Beeinträchtigung der Lebensqualität der Anwohner durch die visuelle Wirkung als auch im Hinblick auf die Monopolisierung von Land nur für die Unterbringung von Computern für unsinnig hielt. Denn: Wir müssen gemeinsam aufhören, knappe Industrieflächen für die Unterbringung von Computern, Robotern oder Archiven zu verschwenden. Unsere Vision bei ECCUS ist es, unterirdischen Raum für private Unternehmen und lokale oder föderale Behörden verfügbar zu machen, indem wir eine wirtschaftliche Lösung anbieten, die in einem mit den Erwartungen der Industrie kompatiblen Zeitrahmen realisiert werden kann.

ECCUS vermarktet nun seine ECO-Caverne®, eine standardisierte Infrastrukturlösung für nachhaltige unterirdische Räume unter bestehenden Industriegebäuden oder unter bestimmten Bedingungen auch unter Flächen, die für andere Zwecke wie Landwirtschaft vorgesehen sind, eingesetzt werden kann. Wie können wir uns diese ECO-Caverne vorstellen?

Stellen Sie sich eine Pariser Metrostation vor, die mit einer Gesamtlänge von 150 bis 200 Metern jedoch viel kürzer ist. Metrostationen sind im Wesentlichen dafür ausgelegt, unter bestehenden oder künftigen Gebäuden gebaut zu werden. Bei unserem Entwurf kommt die Tunneltechnologie zum Einsatz, so dass – abgesehen von den kleinen Zugangsschächten – der darüber liegende Boden unangetastet bleibt und weiterhin für seinen bisherigen Zweck genutzt werden kann. Dies eröffnet die Möglichkeit, Raum in der Nähe von Stadtzentren zu schaffen, sich unter landwirtschaftlichen Flächen auszudehnen, eine Verbindung zwischen nicht angrenzenden Grundstücken zu schaffen und bestehende Gewerbegebiete zu verdichten.

«Bei unserem Entwurf kommt die Tunneltechnologie zum Einsatz, so dass – abgesehen von den kleinen Zugangsschächten – der darüber liegende Boden unangetastet bleibt und weiterhin für seinen bisherigen Zweck genutzt werden kann.»
Andrew Bourget, CEO ECCUS

Welche Nutzungsarten stehen im Vordergrund?

Eine Vielzahl – zum Beispiel die Unterbringung von Rechenzentren, grosse Projekte für elektrische Batterien, Archive, Kunstsammlungen oder andere Wertgegenstände. Ebenso die Lagerung von Transportgütern, Getränken und anderen Produkten in der Logistik der letzten Meile. Darüber hinaus ist die Lagerung von Rohstoffen oder Fertigprodukten in industriellen oder pharmazeutischen Prozessen eine sehr kosteneffiziente Nutzung des unterirdischen Raums, um externe Lager mit den damit verbundenen Problemen der standortübergreifenden Logistik zu vermeiden. Für diese Anwendungsfälle haben wir drei Standardmodellgrössen entwickelt, die nach Sternen in der Reihenfolge ihrer Helligkeit benannt sind. Wega, Rigel und Hadar. Diese entsprechen Kavernen mit einem Durchmesser von 12, 18, oder 24 Metern.

Wie lange hat die Entwicklung und Zulassung gedauert?

Vier Jahre. Von 2021 bis 2024 haben wir unsere Vega- und Rigel-Modelle entworfen, und wir arbeiten immer noch an unserem Hadar-Modell.

Wie haben Sie diesen Prozess finanziert? Welche Investoren sind mit an Bord?

Das Unternehmen hat von mehreren Finanzierungsquellen profitiert, von Verträgen, Investoren und unter anderem vom Innovationsfonds des Kantons Waadt und von der Klimastiftung Schweiz. Ich selber habe das Projekt zudem mit 2 Millionen Franken finanziert und hatte das Privileg, in einer frühen Phase andere Investoren mit Erfahrung im Tiefbau und im Immobilienbereich an Bord zu holen.

Wir sind nun dabei, uns von einem auf die Planung ausgerichteten Unternehmen in ein Industrieunternehmen umzuwandeln. Wir haben die Dienste von Barons Capital Partners in Genf, einer Schweizer Investmentbank, in Anspruch genommen, um uns bei der Beschaffung von fünf Millionen Franken zur Finanzierung dieses Übergangs zu unterstützen, wobei unsere erste Million kürzlich von einem Industriellen aufgebracht wurde.

ECCUS bietet drei standardisierte Grössen an und deckt sämtliche Leistungen von der ersten Analyse bis zur Fertigstellung zu einem festen Pauschalpreis ab. (Abb: zvg)

In welchem Masse leisten Ihre unterirdischen Anlagen einen Beitrag zur Reduzierung des Flächenverbrauchs?

Schätzungen sind in einem Markt, der erst noch geschaffen werden muss, schwer zu machen. Es gibt verschiedene Komponenten:

Da Gemeinden und kantonale Behörden Projekte mit geringen lokalen Beschäftigungsmöglichkeiten zurückdrängen, unterstützen wir die lokalen Behörden bei der Integration in ihre Entwicklungsstrategien für Gewerbegebiete und helfen den Gemeinden, ihre Grundstücke für eine bessere Nutzung zu erhalten.
Allein bei den Rechenzentren und der Logistik schätzen wir, dass man in den nächsten 10 Jahren in der Nähe der grossen städtischen Zentren eine Viertelmillion Quadratmeter Landfläche einsparen könnte – genug, um die Dynamik des derzeitigen Industrie Immobilienmarktes zu verändern.

«Allein bei den Rechenzentren und der Logistik schätzen wir, dass man in den nächsten 10 Jahren in der Nähe der grossen städtischen Zentren eine Viertelmillion Quadratmeter Landfläche einsparen könnte – genug, um die Dynamik des derzeitigen Industrie Immobilienmarktes zu verändern.»

Im Betrieb verursacht die ECO-Caverne® bis zu 70 Prozent weniger CO₂-Emissionen als eine vergleichbare Lagerhalle. Wie kommt dieser Wert zustande?

Der Wert von 70 Prozent ergibt sich aus den Einsparungen sowohl beim Betrieb als auch beim Bau im Vergleich zu einem gleichwertigen oberirdischen Lager. Dafür gibt es drei Gründe:

Welche besonderen geotechnischen und bauphysikalischen Herausforderungen gilt es beim Aushub und der Abdichtung zu meistern?

Unser Geschäftsmodell basiert auf der Auswahl einer geeigneten Geologie über die gesamte Länge des Bauwerks. So stellen wir vor jedem Projekt die Machbarkeit der Grundstücke fest, in denen wir graben, und vermeiden so alle klassischen Herausforderungen bei unterirdischen Arbeiten, wie Wasser, instabile Bodenverhältnisse, Karst oder Verwerfungen.

Die ECO-Caverne® besteht aus Schichtbeton und einem wasserdichten Verbundstoff. Sie wird über zwei Schächte und einen kurzen Verbindungstunnel erschlossen und kann unter bestehenden Gebäuden errichtet werden. (Bild: zvg)

Wie gestalten sich die Planungs‑ und Genehmigungsprozesse für unterirdische Räume im Vergleich zu konventionellen Bauvorhaben?

Grundsätzlich handelt es sich bei ECO-Caverne® um eine bauliche Infrastruktur und nicht um ein Gebäude. Daher ist das Verfahren nicht dasselbe. Da es sich um einen Standardentwurf handelt, beträgt die Zeit zwischen der Vertragsunterzeichnung und der Einreichung der Baugenehmigung nur wenige Wochen. Und weil es keine dauerhaften Oberflächenstrukturen gibt, ist auch das Risiko von Einsprüchen deutlich geringer. Wichtig ist auch anzumerken, dass wir unsere Bauwerke in undurchlässigem Gestein errichten und somit die mit Grundwasserleitern verbundenen Probleme vermeiden.

Welche Sicherheits- und Notfallkonzepte – z.B. hinsichtlich Belüftung, Brandschutz oder Zutrittskontrolle – haben Sie speziell entwickelt?

Die Unterbringung von Industrieanlagen 30 Meter unter der Erde ist in den bestehenden Vorschriften nicht vorgesehen. Deshalb haben wir eng mit der kantonalen Brandschutzbehörde des Kantons Waadt und unserem Brandschutzingenieur ISI in Lausanne zusammengearbeitet, um die notwendigen Begründungen zu erarbeiten und nachzuweisen, dass unser Brandschutzsystem die gleiche Sicherheit bietet wie die bestehenden Vorschriften.

Unser System basiert auf der Reduzierung des Sauerstoffgehalts auf 13,5 % oder 15,5 %, je nach Anwendungsfall. Dadurch wird die Entzündung eines Feuers verhindert. Dies ist ein bewährtes und erprobtes Konzept zur Brandverhütung, das insbesondere im Dokumentenspeicher des britischen Bibliothekszentrums in Boston Spa eingesetzt wird. Kombiniert wird dies mit einem hochempfindlichen 3-stufigen Rauchmeldesystem, das ein sehr frühes Warnsystem bietet. Sollte ein Feuer ausbrechen, wird der unterirdische Raum mit Stickstoff geflutet, um den Erhalt der darin befindlichen Güter zu gewährleisten.

Der Nachteil solcher Systeme sind in der Regel ihre Betriebskosten. Wir haben jedoch ein Luft-Recyclingsystem eingebaut, so dass ausser in der Aufzugskabine kein Kontakt zwischen den unterirdischen Räumen und der Aussenluft besteht. Die 30 Meter unter der Erde in undurchlässigem Gestein in Verbindung mit einer wasserdichten Auskleidung sorgen zudem für minimale Leckagen durch die Auskleidung, was diese Lösung in der Tat sehr wirtschaftlich macht. Wir könnten unseren Ansatz als ähnlich wie bei der Konstruktion eines U-Boots bezeichnen.

«Wir werden derzeit hauptsächlich von der Energie-, Rechenzentrums- und Logistikbranche angesprochen. Ausserdem erwarten wir einen Aufschwung in der Lebensmittelindustrie.»

Kürzlich hat ein Schweizer Energieversorger einen Rahmenvertrag über drei ECO-Caverne® im Wert von rund 36 Millionen Franken erteilt. Wann werden diese verfügbar sein?

Unsere Produkte sind Teil eines umfassenderen Projekts, für das jetzt der Planungsprozess beginnt. Dieser spezielle Anwendungsfall ist innovativ und erfordert einige Anpassungen unsererseits. Aber wir sind überzeugt, dass dies ein wichtiger Markt für uns sein könnte. Die Auslieferung unseres ersten Produkts könnte bereits im Oktober 2028 erfolgen. Die nächste Lieferung erfolgt nach der Erprobung des globalen Systems durch unseren Kunden, um sicherzustellen, dass die gewonnenen Erkenntnisse in die folgenden Lieferungen einfliessen.

Wo sehen Sie die grössten Wachstumspotenziale in den nächsten Jahren?

Wir werden derzeit hauptsächlich von der Energie-, Rechenzentrums- und Logistikbranche angesprochen. Ausserdem erwarten wir einen Aufschwung in der Lebensmittelindustrie, da die hohen Betriebskosten für die saisonale Lagerung etwa von Früchten durch eine ganzjährig stabile, natürliche Temperatur und eine bereits regulierte Umgebung drastisch gesenkt werden könnten.

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