Cybercrime bereits zweithäufigstes Wirtschaftsdelikt

Cyberkriminalität

Zürich – Die Wirtschaftskriminalität verlagert sich in der Schweiz in Richtung IT und Internet: Cybercrime ist laut einer Umfrage auf dem Vormarsch. Delikte, bei denen der Einsatz von Computern oder Internet zentral ist, sind inzwischen die am zweithäufigsten begangene Art von Wirtschaftskriminalität. Dies besagt eine Studie, für welche das Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC) 140 Schweizer Unternehmen und Organisationen befragt hat.

Cybercrime sei zwar seit Jahren ein Thema, nun nähmen Fälle wie die erfolgreichen Hackerattacken auf Sony, die New Yorker Börse, CO2-Zertifikatebörsen oder das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) aber auch tatsächlich zu, sagte PwC-Forscher Gianfranco Mautone vor Journalisten in Zürich.

Insgesamt stieg zwar der Anteil der Unternehmen, die in den letzten zwölf Monaten mindestens einen Fall von Wirtschaftskriminalität feststellten, gegenüber der letzten Umfrage von 2009 nur leicht von 17 auf 18%.

Steiler Anstieg
Von den Betroffenen gaben inzwischen aber 20% an, Cybercrime festgestellt zu haben. Für das nächste Jahr geht rund ein Drittel von Cybercrime-Fällen aus. Bei der letzten Umfrage war dieses Delikt noch nicht einmal als eigenständige Kategorie geführt worden.

Weitaus am häufigsten (80%) sind weiterhin Fälle von Vermögensveruntreuung. Cybercrime hat aber Spionage und Geldwäscherei (je 12%) überholt. Cyberdelikte seien wohl auch deshalb auf dem Vormarsch, weil in anderen Bereichen wie der Buchhaltung oder der Korruption Vorschriften verschärft worden seien, sagte Mautone.

Nicht Chefsache
Viele Unternehmen seien aber weiterhin schlecht vorbereitet, handelten reaktiv und Cybercrime werde oft als Problem der IT-Verantwortlichen gesehen und nicht zur Chefsache erklärt. Zudem sähen es viele primär als Gefahr von aussen, sagte Mautone. Dabei würden Wirtschaftsdelikte allgemein in der Schweiz zu 40% von jemandem aus dem eigenen Unternehmen begangen. Fliegt ein Fall auf, drücken die Unternehmen oftmals ein Auge zu: nur 60% der Fälle führen zur Entlassung, nur zur Hälfte werden die Justizbehörden eingeschaltet.

Der typische Delinquent sei zwischen 31 und 40 Jahren alt, männlich, zwischen drei und fünf Jahren im Unternehmen tätig und verfüge über eine höhere Ausbildung, sagte Mautone. Wie schon 2009 ist die Finanzbranche am stärksten von Wirtschaftskriminalität betroffen. 44% der entdeckten Fälle in der Schweiz entfallen laut der Umfrage auf diesen Sektor.

Fragezeichen hinter Schweizer Tiefstwerten
Weltweit ist die Wirtschaftskriminialität laut der Umfrage deutlich höher als in der Schweiz: Laut der PwC-Studie in 78 Ländern ist die Zahl der Betroffenen unter den 3877 befragten Organisationen von 30 auf 34% gestiegen. In den USA, Frankreich und Grossbritannien sind es gar 45 bis 51%.

Mautone setzte aber ein Fragezeichen hinter die Schweizer Angaben, «denn wer nichts sucht, der findet auch nichts». Schliesslich seien nach der Finanzkrise viele interne Kontrollstellen gestrichen worden. Nach wie vor bestehe Grund zur Annahme, dass eine grosse Zahl von Wirtschaftsdelikten unentdeckt bleibe. (awp/mc/pg)

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