Ernst & Young-Umfrage: KMU wollen neue Jobs schaffen

Arbeit Fachkräfte

Der Fachkräftemangel kostet in der Schweiz 4,2 Milliarden Franken.

Zürich – Die Schweizer KMU sind weiter im Aufwind und setzen auf einen anhaltenden Wirtschaftsboom: 93 Prozent der KMU sind mit der aktuellen Geschäftslage zufrieden, 61 Prozent bezeichnen sie sogar als uneingeschränkt gut. Und 43 Prozent der Unternehmer erwarten sogar eine weitere Verbesserung der eigenen Geschäftslage.

Angesichts der guten Konjunkturaussichten wollen die KMU auch mehr Mitarbeitende einstellen. Dabei stossen die Unternehmen aber zunehmend auf Probleme: Nahezu drei von vier KMU haben Schwierigkeiten, neue und ausreichend qualifizierte Mitarbeitende zu finden. Und jedes zweite KMU fürchtet Umsatzeinbussen aufgrund des Mangels an Top-Fachkräften. Insgesamt drohen den KMU Umsatzeinbussen in Höhe von 4,2 Milliarden Franken jährlich. Das sind Ergebnisse des «KMU-Barometers 2011» von Ernst & Young. Die Studie wird halbjährlich durchgeführt. Ihr liegt eine Umfrage unter 700 kleinen und mittleren Unternehmen in der Schweiz zugrunde, die im Dezember 2010 durchgeführt wurde.

Zuversicht macht sich breit

Die Schweizer KMU sind derzeit so zufrieden und zuversichtlich wie seit Januar 2008 nicht mehr: Der Anteil der Befragten, die eine weitere Verbesserung ihrer Geschäftslage erwarten, steigt im Vergleich zu Februar 2010 von 36 auf 43 Prozent. Eine Verschlechterung der eigenen Situation erwarten nur noch 5 Prozent. Und auch die Konjunkturerwartungen werden immer optimistischer: 47 Prozent der Unternehmer erwarten eine Verbesserung der Wirtschaftslage in der Schweiz (Februar 2010: 43 Prozent) – einen Abschwung bezeichnen nur noch 7 Prozent der Befragten als wahrscheinlich.

«Aufschwung in der Schweiz hält an»
«Die Wirtschaft ist mit viel Schwung ins neue Jahr gestartet, der Aufschwung in der Schweiz hält an», stellt Viktor Bucher, verantwortlicher Partner Markt Deutschschweiz bei Ernst & Young, fest. «Die Schweizer Wirtschaft gibt sich unbeeindruckt von der europäischen Schuldenkrise und den wirtschaftlichen Problemen einiger Nachbarländer», beobachtet Viktor Bucher. «Das Wachstum in den Schwellenländern und zunehmend auch die starke Binnennachfrage in der Schweiz gleichen diese Schwäche bislang mehr als aus», sagt überdies Pierre-Alain Cardinaux, verantwortlicher Partner Markt Suisse romande bei Ernst & Young.

Fachkräftemangel kostet Milliarden
Immer mehr Unternehmen müssen Aufträge ablehnen, weil ihnen das Personal fehlt. So befürchten mehr als die Hälfte der befragten KMU (57 Prozent), dass ein Mangel an Top-Fachkräften zu Umsatzeinbussen für das eigene Unternehmen führen wird – 17 Prozent der befragten Unternehmen prognostizieren sogar erhebliche Einbussen von mehr als 5 Prozent. Der Schweizer Wirtschaft entsteht durch nicht realisierte Umsätze ein erheblicher Schaden: Auf Basis der Befragungsergebnisse lässt sich für die Gesamtzahl der KMU in der Schweiz (Unternehmen mit 30 bis 2’000 Mitarbeitenden) hochrechnen, dass es zu Einnahmeausfällen bzw. nicht realisierten Umsätzen in Höhe von knapp 4,2 Milliarden Schweizer Franken im Jahr kommt.

KMU besonders betroffen
«Der Schaden, der durch den Fachkräftemangel verursacht wird, ist bereits heute beträchtlich», sagt Pierre-Alain Cardinaux. «Er wird aber in Zukunft noch deutlich steigen und sich zu einem erheblichen Problem für die Schweizer Wirtschaft auswachsen». Die Schweizer seien besonders betroffen, so Pierre-Alain Cardinaux: «Gerade die kleinen und mittleren Unternehmen drohen im verschärften Wettbewerb um ein knapper werdendes Arbeitskräftepotenzial ins Hintertreffen zu geraten». Grosse Unternehmen hätten bessere Voraussetzungen, über eine professionelle Personalentwicklung geeignete Arbeitskräfte aus den eigenen Reihen zu rekrutieren oder neue anzuwerben: «In grossen Konzernen gibt es Spezialisten in den Personalabteilungen, die sich um die Personalsuche kümmern – in kleinen Betrieben macht das der Chef nebenher mit», stellt Pierre-Alain Cardinaux fest. Zum anderen könnten Grossunternehmen durch ihre höhere Bekanntheit leichter Mitarbeitende für offene Stellen gewinnen. «Hochqualifizierte Absolventen zieht es vor allem zu den namhaften Top-Konzernen – die KMU haben da immer öfter das Nachsehen», beobachtet Pierre-Alain Cardinaux. «Kleinere Unternehmen werden es zukünftig immer schwerer haben, sich gegen die grossen Konzerne zu behaupten und Top-Fachkräfte für sich zu gewinnen».

Keine Strategie gegen Fachkräftemangel

Nach Viktor Buchers Meinung unterschätzen viele Unternehmer das Problem noch: «Der aktuelle Mangel an Fachkräften ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was wir in zehn Jahren erleben werden. Die meisten KMU ahnen noch gar nicht, was da auf sie zukommen wird – und sie haben keinen Plan, wie sie dem Problem begegnen könnten». Dabei sei es wichtig, schnellstmöglich Strategien gegen den Mangel an qualifizierten Mitarbeitenden zu entwickeln. «Die Unternehmen müssen schleunigst gegensteuern. Es reicht nicht, über fehlende Fachkräfte zu klagen und nach der Politik zu rufen», so Viktor Bucher. «Die KMU, die heute kein Konzept haben, wie sie ihren zukünftigen Bedarf an Fachkräften decken können, drohen mittelfristig ins Abseits zu geraten».

Kreativität gefragt
Um rechtzeitig gegenzusteuern, sei Kreativität gefragt, so Viktor Bucher: «Ob stärkere innerbetriebliche Weiterbildung, Kooperationen mit Hochschulen oder anderen KMU aus der Region, flexible Arbeitszeiten, Stärkung der eigenen Attraktivität als Arbeitgeber durch die Einrichtung eines Betriebskindergartens – es gibt viele Möglichkeiten, wie Unternehmen ihre Attraktivität steigern können». Fest stehe: «Der Fachkräftemangel könnte die Schweizer Wirtschaft Milliarden kosten. Und am stärksten betroffen werden die KMU sein».

Quantitative Schwächen
Als Hauptursachen des derzeitigen Mangels an Fachkräften identifizieren die Unternehmer in erster Linie quantitative Schwächen: 81 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass es zu wenige gut ausgebildete Fachkräfte in der Schweiz gibt und 73 Prozent führen den Fachkräftemangel auf die demographische Entwicklung in der Schweiz und die älter werdende Gesellschaft zurück. Zum Teil ist das Problem aber auch hausgemacht: Immerhin 61 Prozent der Unternehmer sehen eine mangelnde Bereitschaft von Unternehmen, ältere Fachkräfte zu beschäftigen. Und 44 Prozent geben an, dass eine mangelnde Toleranz aufseiten der Unternehmen gegenüber fremden Religionen und Kulturen dazu führe, dass erhebliche Potenziale nicht genutzt werden. (Ernst & Young/mc/ps)

Über die Studie
Die vorliegende Studie basiert auf einer Befragung der Geschäftsführer oder Inhaber von insgesamt 700 kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Schweiz. Die telefonischen Interviews zur  diesjährigen Studie erfolgten im Dezember 2010. Die Befragung wurde von Valid Research (Bielefeld, Deutschland), einem unabhängigen Marktforschungsforschungsinstitut, im Auftrag von Ernst & Young  durchgeführt. Dabei wurde sowohl auf regionaler Ebene als auch schweizweit die folgende  Branchenverteilung zugrunde gelegt: 47 Prozent Dienstleistung, 10 Prozent Handel, 25 Prozent Bau und Energie, 18 Prozent Industrie und verarbeitendes Gewerbe. Die Zahl der Mitarbeitenden in den Unternehmen reichte von 30 bis 2’000. Das Ernst & Young KMU-Barometer ist erstmals 2008 erschienen, seit 2009 halbjährlich. Die Studie ist in separaten Länderausgaben für Deutschland, Österreich und die Schweiz erhältlich. Die Studie steht auf der Website unter www.ey.com/ch zum Download zur Verfügung.

Über Ernst & Young

Ernst & Young ist ein weltweit führendes Unternehmen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuern, Transaktionen und Beratung. Unsere 141’000 Mitarbeitenden auf der ganzen Welt verbinden unseregemeinsamen Werte sowie ein konsequentes Bekenntnis zur Qualität.Wir differenzieren uns, indem wir unseren Mitarbeitenden, unserenKunden und unseren Anspruchsgruppen dabei helfen, ihr Potenzialauszuschöpfen. Ernst & Young bezieht sich auf die globale Organisation der Mitgliedsfirmen von Ernst & Young Global Limited (EYG), von denen jede eine eigene Rechtseinheit bildet. EYG, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach britischem Recht, erbringt keine Dienstleistungen für Kunden. In der Schweiz ist die Ernst & Young AG ein führendes Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen mit rund 2’000 Mitarbeitenden an 10 Standortenund bietet auch Dienstleistungen in den Bereichen Steuern und Recht sowie Transaktionen und Rechnungslegung an.

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