Griechisches Parlament billigt neues Sparprogramm

Alexis Tsipras

Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras. (Foto: primeminister.gov.gr/Flickr)

Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras. (Foto: primeminister.gov.gr/Flickr)

Athen – Das Parlament in Athen hat am Sonntagabend nach einer zweitägigen Debatte ein Gesetzesbündel mit neuen Sparmassnahmen gebilligt. Alle 153 Abgeordneten der Regierungskoalition haben mit «Ja» votiert. 143 Abgeordnete stimmten dagegen. Vier Abgeordnete waren abwesend, berichtete das Staatsradio. Das Parlament hat 300 Sitze. Damit sind weitere Rentenkürzungen und Steuererhöhungen gebilligt worden.

Aus Protest gegen neue Rentenkürzungen und eine Erhöhung der Einkommenssteuer haben in Athen Zehntausende vor dem Parlament demonstriert. «Stoppt das Sparmassnahmen-Fallbeil für unsere Renten», hiess es auf Transparenten. Einige Hundert Randalierer warfen am Sonntagabend Brandflaschen auf die Polizei, die Beamten setzten Tränengas ein. Tausende ergriffen die Flucht, die Lage beruhigte sich wieder.

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras warb eindringlich um Zustimmung zum neuen Sparprogramm für sein Land. Ohne Reformen werde das griechische Rentensystem zusammenbrechen, sagte er am Abend. «Das Rentensystem kann ohne eine weitreichende Reform nicht überleben», warnte Tsipras.

Nach tieferen Renten nun Erhöhung der indirekten Steuern
Das Parlament billigte Rentenkürzungen, mit denen 1,8 Milliarden Euro gespart werden sollen. Zudem sollen weitere 1,8 Milliarden Euro durch Steuererhöhungen in die Staatskassen fliessen. In den kommenden Wochen soll das Parlament auch über Erhöhungen der indirekten Steuern in Höhe von 1,8 Milliarden Euro entscheiden. Die Sparmassnahmen sind Voraussetzung für weitere Hilfen seitens der Gläubiger des pleitebedrohten Landes. Die Finanzminister der Eurogruppe wollen dazu am Montag in Brüssel beraten.

Demonstrationen und Tumulte
Zur Demonstration vor dem Parlament hatte die kommunistische Gewerkschaft PAME aufgerufen. Die Polizei schätzte die Zahl der Demonstranten auf etwa 20’000. Auch im Parlament kam es während der Debatte zu Tumulten. Nach einem Streit mit heftigen Beschimpfungen zwischen Abgeordneten der rechtsextremistischen Partei Goldene Morgenröte und Ministern wurde die Sitzung für etwa 40 Minuten unterbrochen.

Schon am frühen Nachmittag forderten etwa 3000 Menschen, in ihrer Mehrheit Mitglieder linker Organisationen sowie Journalisten, auf dem Platz vor dem Parlament die Rücknahme des Gesetzes. «Für uns ist das (Gesetz) der Grabstein des Rentensystems, so wie wir es bislang kannten», sagte ein Demonstrant im griechischen Fernsehen. «Wir werden nur noch etwas Taschengeld statt unsere Rente bekommen», sagte eine Frau.

Tsipras zum Rücktritt aufgefordert
Die Sprecher der stärksten Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) warfen der Regierung in einer hitzigen Debatte vor, sie habe nicht den Mut, den staatlichen Bereich zu verkleinern statt Renten zu kürzen. ND-Chef Kyriakos Mitsotakis forderte Tsipras zum Rücktritt auf. Er habe die Menschen belogen und keines seiner Versprechen eingehalten. Er habe versprochen, es werde keine Rentenkürzungen und keine Steuererhöhungen geben. Tsipras habe Zeit mit sinnlosen Gesprächen mit den Gläubigern verschwendet und damit bewirkt, dass noch mehr Sparmassnahmen für die Rettung Griechenlands notwendig wurden. «Deswegen müssen Sie gehen, Herr Tsipras», sagte Mitsotakis.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sieht das Krisenland auf einem guten Weg. «Wir sind gerade bei der ersten Überprüfung des Programms, und die Ziele sind so gut wie erreicht», sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die europäischen Finanzminister würden am Montag «erste Diskussionen darüber führen, wie man die Schulden für Griechenland langfristig tragfähig machen kann». Vor allem der Internationale Währungsfonds (IWF) macht sich dafür stark, schnell über Schuldenerleichterungen zu verhandeln. Das Thema müsse «sofort auf den Tisch», schrieb IWF-Chefin Christine Lagarde an die 19 Eurozonen-Länder.

Vor allem der IWF fordert weitere Sparanstrengungen in einem Umfang von 3,6 Milliarden Euro. Die Schritte sollen aber nur in die Tat umgesetzt werden, falls das Krisenland Budgetziele nicht erreicht. Das «Sparpaket auf Vorrat» ist umstritten: Der IWF ordnet den griechischen Staat in einer weitaus prekäreren finanziellen Lage als die Europäer ein.

Die Europäer unterstützten die IWF-Forderung, denn sie wollen den Weltwährungsfonds beim dritten Hilfspaket in Höhe von von bis zu 86 Milliarden Euro mit an Bord haben. Die Regierung in Athen sieht indes keine Chance, einen solchen Vorratsbeschluss durchs Parlament zu bekommen. (awp/mc/upd/pg)

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