Neuer Optimismus für Private-Equity-Branche

Anlage

München – Private Equity (PE) steht im Jahr 2011 vor einem Comeback. Für das laufende Jahr ist mit einer Zunahme von Transaktionen, Fundraising-Aktivitäten und Unternehmensverkäufen (Exits) zu rechnen. Das geht aus dem aktuellen «Global Private Equity 2011 Report» von Bain & Company hervor, der weltweit führenden Beratungsgesellschaft für die PE-Branche.

Die weiterhin fragile Weltkonjunktur und die Auswirkungen der Finanzkrise auf den Kreditmarkt könnten jedoch ihre Schatten auf die erwartete Erholung werfen. Mehrere Gründe deuten laut der jährlich aufgelegten Studie von Bain & Company darauf hin, dass die Nachfrage nach PE-Transaktionen 2011 spürbar steigen wird:

Nachfrageseite: Verfügbare Mittel erzeugen Anlagedruck
PE-Gesellschaften horten weltweit knapp eine Billion US-Dollar nicht investiertes Kapital («Dry Powder»). So stehen insgesamt 434 Milliarden US-Dollar für den Erwerb von Unternehmen (Buyouts), 169 Milliarden US-Dollar für Investitionen in Immobilien, 152 Milliarden US-Dollar für Gründungs- und Wachstumsfinanzierung (Venture Capital), 53 Milliarden US-Dollar für Beteiligungen an in Schieflage geratene Unternehmen (Distressed Assets) sowie 42 Milliarden US-Dollar an Mezzanine-Kapital zur Verfügung. Allein das Volumen des nicht investierten Kapitals wird 2011 wesentlich zur prognostizierten Zunahme des Transaktionsvolumens beitragen, da die Fonds das ihnen zugesagte Kapital investieren müssen. So handelt es sich nach Einschätzung von Bain & Company bei einem Viertel der für Buyouts vorgesehenen verfügbaren Mittel um «Geld unter Druck», eine Summe von mehr als 110 Milliarden US-Dollar. Dieses Geld muss, sofern es nicht investiert wird, an die Investoren, zum Beispiel Rentenfonds, Versicherungen oder Banken, zurückgegeben werden.

Arbeit nach Abschluss eines Deals wichtig
«Private-Equity-Gesellschaften suchen intensiv nach attraktiven Anlagemöglichkeiten», sagt Rolf-Magnus Weddigen, Managing Director und Leiter der PE-Praxisgruppe von Bain & Company in Deutschland und der Schweiz. «Das kann allerdings auch negative Konsequenzen haben, wenn sorgfältige Unternehmensanalysen unter Anlagedruck leiden und Fonds die neuen Realitäten der Private-Equity-Wertschöpfung ignorieren. Heute ist vor allem die Arbeit nach Abschluss eines Deals wichtig.» So suchen institutionelle Investoren zunehmend nach operativer Expertise bei PE-Gesellschaften und bewerten es positiv, wenn Fonds eng und mitunter operativ mit den Managementteams der von ihnen erworbenen Unternehmen (Portfolio-Unternehmen) zusammenarbeiten, um Wertsteigerungspotenziale zu heben.

Kapitalmärkte: Buyout-Fonds profitieren von stabileren Kreditmärkten
Die im Vergleich zu den Krisenjahren bessere Verfügbarkeit von Fremdkapital vereinfacht die Finanzierung von Transaktionen. Der Zugang zu Fremdkapital ist bei Unternehmenskäufen aufgrund der meist höheren Eigenkapitalkosten ein wesentlicher Werttreiber: So konnten PE-Fonds in den USA aufgrund einer deutlich verbesserten Dynamik an den Kreditmärkten bei der Finanzierung von LBOs den Verschuldungsgrad bis Ende 2010 auf das Fünffache des bereinigten operativen Ergebnisses (Ebitda) erhöhen und weniger restriktive Kreditbedingungen aushandeln. Auch wenn Rolf-Magnus Weddigen in diesem Jahr eine Fortsetzung dieses Trends erwartet, bergen seiner Ansicht nach die Folgen der Schuldenkrise und die geplante Verschärfung der Bankenregulierung im Rahmen von Basel III mittelfristig Risiken für die Verfügbarkeit und Kosten von Fremdkapital.

Angebotsseite: Positive Impulse nach der Krise
In der Studie «Global Private Equity 2011 Report» prognostiziert Bain & Company weiterhin einen Wiederanstieg des Angebots an möglichen Transaktionen (Dealflow). Dafür sorgen hohe Bewertungen börsennotierter Unternehmen, die als Referenzpreise für PE-Transaktionen herangezogen werden, und die steigende Bereitschaft von Unternehmen und Finanzinvestoren, attraktive Preise für solide Unternehmen zu zahlen. So erwartet Rolf-Magnus Weddigen im laufenden Jahr, dass zunehmend Unternehmen oder Unternehmensteile zum Verkauf gestellt werden. Verstärkt wird die positive Entwicklung der Angebotsseite durch drei zusätzliche Faktoren:

  1. Zunehmender Exit-Druck: Bis zum Ende des zweiten Quartals 2010 stieg das Volumen von nicht realisierten Investitionen bei allen PE-Fonds zusammen auf 1,5 Billionen US-Dollar. Das sind 50 Prozent mehr als an «Dry Powder» für Neuinvestitionen zur Verfügung steht, und fast 60 Prozent des gesamten von PE-Gesellschaften verwalteten Kapitals – die höchste Quote seit Jahren. Buyout-Fonds allein kommen auf eine Summe von 663 Milliarden US-Dollar. 70 Prozent der nicht realisierten Investitionen bei Buyouts konzentrieren sich auf Fonds, die ihre Käufe zwischen 2005 und 2008 getätigt haben; bislang haben nur wenige der nach 2004 aufgelegten Buyout-Fonds substanziell investiert und Kapitalrückflüsse an ihre Anleger ausgezahlt.
  2. Verstärkt durch den Exit-Druck anhaltender Trend zu «Secondary Buyouts»: Diese Transaktionen von Finanzinvestor zu Finanzinvestor, in der Branche bekannt als «passing the parcel», lassen sich schneller realisieren als ein Börsengang oder der Verkauf an strategische Investoren. Nach den Hochzeiten von Private Equity in den Jahren bis 2007 befinden sich zahlreiche Unternehmen im Besitz von PE-Investoren. Viele bleiben aufgrund ihrer Stabilität, ihres Cashflow-Profils oder geringen Kapitalbedarfs auch für einen neuen Finanzinvestor sehr attraktiv. Nicht zuletzt zeigen aktuelle Untersuchungen, dass die relative Performance von Secondary Buyouts kaum schlechter ist als die so genannter «Primary Buyouts», jedoch deutlich risikoärmer.
  3. Tauwetter bei Public-To-Private-Transaktionen: Der letzte PE-Boom 2007 basierte vor allem auf Transaktionen, bei denen gelistete Unternehmen von der Börse genommen wurden. Für einen Aufschwung in den kommenden Jahren werden diese Public-To-Private-Transaktionen wieder von Bedeutung sein. Von den 1.400 börsennotierten US-Unternehmen, die Bain & Company im Rahmen der Studie analysiert hat, scheinen 400 Unternehmen mit einem Börsenwert von insgesamt mehr als einer Billion US-Dollar geeignet für Public-To-Private-Transaktionen – gemessen an ihren Bewertungs- und Cashflow-Charakteristiken.

Fundraising: Ungleichgewicht bei Angebot und Nachfrage
Die Fundraising-Aktivitäten der PE-Fonds waren 2009 und 2010 quasi zum Erliegen gekommen. Die in vergangenen Zyklen versetzt zu Investitions- und Exit-Aktivitäten eingetretene Erholung stimmt aktuell optimistisch. Das zyklische Tief scheint erreicht; eine Erholung sollte somit bevorstehen. Ein weiterer Indikator für die Trendwende ist das gestiegene Tempo bei Exits – die Korrelation zwischen Buyout-Exits und neu eingesammeltem Kapital für Buyout-Fonds im letzten Jahrzehnt ist signifikant. Institutionelle Investoren werden 2011 mehr Geld zur Verfügung stellen, jedoch selektiver sein als in vergangenen Jahren. Trotz des vorhandenen «Dry Powder» wird die Kapitalnachfrage der PE-Gesellschaften überproportional steigen. Die Folge: ein umkämpftes und schwieriges Fundraising-Umfeld.

Ausblick: Renditen künftig wesentlich stärker von Leistungsfähigkeit der PE-Gesellschaften abhängig
Auch der Erfolg von PE-Investitionen ist stark mit der Entwicklung der Konjunktur und der Kapitalmärkte korreliert, die als so genannte «Beta»-Faktoren in die Renditegleichung der Fonds eingehen. Dazu zählen ein nachhaltig hohes BIP-Wachstum, das Erzielen höherer Preise für Unternehmenskäufe und -verkäufe (Multiples) oder bessere Finanzierungsbedingungen an den Kapitalmärkten. Auch die im Vergleich zu den Krisenjahren deutliche Stabilisierung der Märkte wird nach Einschätzung von Bain & Company nicht dazu führen, dass PE-Fonds die hohen Renditeerwartungen ihrer Investoren allein durch einen verbesserten «Beta»-Faktor erfüllen können. Überdurchschnittlich gute Renditen werden viel stärker vom «Alpha»-Faktor abhängen, also von der Leistungsfähigkeit der PE-Gesellschaften selbst. Ein positives «Alpha» entsteht aus drei Kompetenzen:

  1. Anpassungsfähige Investitionsstrategien: PE-Gesellschaften müssen mit den wechselnden Bedürfnissen ihrer Investoren Schritt halten. Gleichwohl dürfen sie Diversifikation nicht als Selbstzweck betreiben. Bain-Untersuchungen zeigen eine geringe Korrelation zwischen der Anzahl der verwalteten Fondstypen oder der Zahl der Anlageregionen einer PE-Gesellschaft und ihrer Gesamtperformance. In der Studie gaben institutionelle Kapitalgeber an, dass sie PE-Gesellschaften mit vielen Fondstypen oder Regionen nicht gegenüber anderen bevorzugen; stattdessen bewerten sie jeden Fonds auf Grundlage seiner spezifischen Stärken.
  2. Stärkung und Professionalisierung der Organisation: PE-Gesellschaften müssen weiter daran arbeiten, ihre Organisation leistungsfähiger und professioneller zu machen, entlang der Dimensionen Talentmanagement, Investor Relations und Qualität des Top-Managements. Denn nie war das PE-Geschäft komplexer als heute.
  3. Prozessqualität: Mehr denn je setzen Kapitalgeber exzellente Due-Diligence- und Investment-Komitee-Prozesse bei den PE-Fonds voraus. Diese Prozesse sollen helfen, Ausfälle zu vermeiden und sicherstellen, dass in einem immer wettbewerbsintensiveren Umfeld proprietäre Wertansätze für die Portfolio-Unternehmen entwickelt werden. Die Top-Performer unter den PE-Gesellschaften etablieren zudem immer standardisiertere Prozesse, mit denen die Wertschöpfung in den Portfolio-Unternehmen sichergestellt werden soll. Gleichzeitig passen sie ihre Prozesse den Bedürfnissen der einzelnen Beteiligungen an, entsprechend deren Entwicklungsstufen. So bauen einige PE-Gesellschaften interne Portfolio-Teams auf, die gemeinsam mit dem Management des erworbenen Unternehmens dessen operative und nachhaltige Leistungsfähigkeit verbessern sollen.

«Die besten Private-Equity-Gesellschaften müssen mehr denn je in Mehrwert durch ‹Alpha› investieren», schlussfolgert Bain-Partner Weddigen. «Sie können sich nicht darauf verlassen, dass der Markt ihre Arbeit erledigt.» (Bain&Company/mc/ss)

 

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