Nordkorea droht Trump und sagt Gespräche mit Südkorea ab

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un.

Seoul / Pjöngjang – Nordkorea hat den USA im Ringen um eine Lösung des Atomkonflikts überraschend mit der Absage des geplanten historischen Gipfeltreffens im Juni gedroht. Nordkoreas Vize-Aussenminister Kim Kye Gwan warf der Regierung in Washington vor, sein Land in eine Ecke treiben zu wollen, um es zum einseitigen Verzicht auf Atomwaffen zu zwingen. In diesem Fall werde Nordkorea keine andere Wahl haben, «als das Zustandekommen des nordkoreanisch-amerikanischen Gipfels zu überdenken», wurde Kim am Mittwoch von den Staatsmedien zitiert. Wenn die Regierung von US-Präsident Donald Trump dagegen den Gipfel mit ehrlichen Absichten plane, wolle sein Land angemessen reagieren.

Die Vorwürfe Nordkoreas nährten die Sorge, dass sich der Ton im Atomstreit nach den versöhnlichen Gesten in den vergangenen Monaten wieder deutlich verschärfen könnte. Der Konflikt zwischen Nord- und Südkorea schwelt seit Jahrzehnten und gilt aufgrund der atomaren Bewaffnung des Nordens als einer der gefährlichsten der Welt. Der Korea-Krieg (1950-1953) zwischen dem kommunistischen Norden und der Republik Südkorea zementierte die Spaltung. Einen Friedensvertrag gibt es bis heute nicht.

«Libysches Modell» schürt Ängste
Kim nahm Anstoss an Äusserungen des Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton und anderer US-Regierungsvertreter, wonach Nordkorea bei der atomaren Abrüstung dem «Modell Libyen» folgen könne. Es sei «vollkommen absurd, die Volksrepublik, einen Atomwaffenstaat, mit Libyen zu vergleichen, das auf einer anfänglichen Stufe zu einer Atommacht stand», sagte Kim.

Libyen hatte vor 15 Jahren erklärt, seine Massenvernichtungswaffen im Gegenzug für die Aufhebung von Sanktionen zerstören zu wollen. Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi wurde später – am 20. Oktober 2011 – im Zuge von landesweiten Aufständen getötet. Die nordkoreanische Führung betrachtet ihr Atomprogramm auch als Absicherung der Macht.

Die USA verlangen von Nordkorea ebenfalls einen vollständigen, überprüfbaren und nicht mehr umkehrbaren Abbau seines Atomprogramms. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hatte sich bei seinem Gipfeltreffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In Ende April zu einer «kompletten Denuklearisierung» bereiterklärt. Unklar blieb, wie und bis wann dies erfolgen soll.

Nordkoreas Vize-Aussenminister erklärte ausserdem, dass es Pjöngjang kategorisch ablehne das Atomwaffenarsenal des Landes im Gegenzug für Wirtschaftshilfen aufzugeben. Nordkorea habe niemals die eigene Wirtschatsentwicklung an die Unterstützung durch die USA geknüpft. «Und wir werden uns auch künftig niemals auf solch einen Deal einlassen,» sagte Kim.

Schon vor der Erklärung seines Vize-Aussenmninisters hatte Pjöngjang über die Medien ein laufendes Manöver der Luftstreitkräfte der USA und Südkoreas als Grund angeführt, das geplante Treffen zwischen Machthaber Kim Jong Un und Trump platzen lassen zu können. Aus demselben Grund sagte Nordkorea zudem hochrangig besetzte Versöhnungsgespräche mit Vertretern Südkoreas am Mittwoch ab.

Die zweiwöchige Übung namens «Max Thunder» simuliere einen Angriff auf den Norden und sei eine «bewusste militärische Provokation», kritisierte die von Machthaber Kim als Sprachrohr genutzte Nachrichtenagentur KCNA. Damit würden «die Friedensbemühungen und guten Absichten» des Nordens untergraben.

Washington gibt sich gelassen
Washington reagierte zunächst unbeeindruckt. Die USA würden prüfen, was Nordkorea unabhängig von den Medienberichten gesagt habe, erklärte Trumps Sprecherin Sarah Sanders. Zuvor hatte das US-Aussenministerium bereits verkündet: «Wir machen weiter und treiben die Planungen für das Treffen von Präsident Trump und Kim Jong Un voran.» Das Treffen soll am 12. Juni in Singapur stattfinden. Anders als bei anderen Gelegenheiten zuvor reagierte Präsident Trump bislang nicht über den Kurznachrichtendienst Twitter.

Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums sagte, bei den Militärübungen handele es sich um regelmässige Frühlingsmanöverm die dazu dienten, Südkoreas Verteidigungsfähigkeit zu sichern. Auch das Verteidigungsministerium in Seoul betonte, das Manöver werde fortgesetzt.

Die für Mittwoch geplanten Gespräche auf hochrangiger Ebene zwischen Süd- und Nordkorea hätten im Grenzort Panmunjom stattfinden sollen. Ziel war es, den Worten vom Gipfel am 27. April weitere Taten folgen zu lassen und die Zusammenarbeit beider Staaten konkreter zu gestalten.

Aber die Begründung der Absage mit dem Militärmanöver wirft Fragen auf. Schliesslich einigten sich beide koreanischen Staaten erst am Dienstag auf die Gespräche, obwohl die Übung bereits am Freitag begonnen hatte. Südkorea äusserte sein Bedauern über die überraschende «Verschiebung». Das Vereinigungsministerium in Seoul rief das Nachbarland auf, so früh wie möglich Gespräche zu führen, die «dem Frieden und Wohlstand auf der koreanischen Halbinsel» dienten. (awp/mc/ps)

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