Bankangestellte sehen Digitalisierung als Chance

Thomas Ulrich

Thomas Ulrich, Präsident des Zürcher Bankenverbands. (Foto: UBS)

Zürich – Für die Zürcher Bankangestellten ist die fortschreitende Digitalisierung keine Bedrohung. Sie gehen nicht davon aus, dass Robo-Advisors und weitere Fintech-Lösungen ihnen den Job wegnehmen werden. Eine grössere Besorgnis stellen die zunehmende Regulierung sowie das Standort‐Marketing des Finanzplatzes dar, wie eine Umfrage in der Branche ergeben hat.

Die Zürcher Bankangestellten verstehen den technologischen Fortschritt in der Branche als Chance. Dieser Meinung sind 43 Prozent von insgesamt 753 befragten Personen, wie eine repräsentative Umfrage des Zürcher Bankenverbands (ZBV) in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Finanzportal finews.ch ergeben hat. Die Erhebung ging der Frage nach, wie die derzeitige Befindlichkeit unter dem Zürcher Bankpersonal ist.

Trotz Digitalisierung und laufender Sparrunden bei vielen Instituten haben drei Viertel – oder 76 Prozent – der Befragten auch keine Angst, in den nächsten zwölf Monaten ihren Job zu verlieren. Damit offenbart sich eine überraschend positive Einschätzung der aktuellen Situation. Die mit Abstand grössten Wachstumsfelder sehen die Bankangestellten nach wie vor im Kerngeschäft Private Banking (23,5 Prozent) sowie im Fintech‐Bereich (23,4 Prozent).

Auf bestem Weg ins Zeitalter der Digitalisierung
«Die Umfrage zeigt eindrücklich, dass ein Grossteil der Mitarbeiter auch weiterhin an eine starke Zukunft des Bankings in der Schweiz glaubt und sich gleichzeitig offen gegenüber neuen Trends zeigt», erklärt ZBV‐Präsident Thomas Ulrich.

«Es ist genau diese Anpassungsfähigkeit, die unser Bankenplatz über die letzten Jahrzehnte hinweg immer wieder unter Beweis gestellt hat. Der Finanzplatz ist eine zentrale Stütze der Schweizer Wirtschaft und auf bestem Weg, sich im neuen Zeitalter der Digitalisierung zu Gunsten seiner Kunden und der Volkswirtschaft erfolgreich zu engagieren», so Ulrich weiter.

Belastend für den Finanzplatz sind aus Sicht der Bankmitarbeiter dagegen die zunehmende Regulierung (29,5 Prozent), der geplante automatische Informationsaustausch (14,8 Prozent) sowie die allgemeinen Rahmenbedingungen (14,1 Prozent). Diese Einschätzung lässt sich als Wink an die Politik interpretieren, sich wieder verstärkt für den Finanzplatz einzusetzen.

Mehr Kommunikation erwünscht
Gut 40 Prozent der Befragten sind denn auch der Meinung, der Zürcher Finanzplatz kommuniziere nicht ausreichend nach aussen. Dies ist insofern bedauerlich, da 47,9 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass sich der Zürcher Finanzplatz in Sachen Kompetenz und Ausbildungsmöglichkeiten deutlich vom Ausland abhebe.

Vor die Wahl gestellt würden immer noch 36,3 Prozent der Umfrageteilnehmer wieder ins klassische Banking einsteigen, während 28,8 Prozent unentschieden sind, und 34,9 Prozent eher davon abraten.

Augenmass bei den Löhnen
Die Umfrage unterstreicht ebenfalls, dass nach einer Phase der Vergangenheitsbewältigung nun wieder zukunftsgerichtete Themen dominieren – selbst die Konsolidierung betrachten zahlreiche Bankleute als Chance (11,3 Prozent) und weniger als Gefahr (8,6 Prozent). Im Vordergrund stehen nun ganz klar die Digitalisierung, Fintech und Robo-­‐Advisor-­‐Modelle.

Sozusagen als Empfehlung an die verschiedenen Entscheidungsträger fordert das Bankpersonal mehr Augenmass bei den Löhnen und Boni, insbesondere mehr Bescheidenheit im Top-­‐Management der Banken, ein vermehrt unternehmerisches und nachhaltigeres Denken anstatt sich an nackte Zahlen zu klammern, innovative Arbeitszeit-­‐ Modelle sowie tiefere Hürden für Neu-­‐ und Wiedereinsteiger.

Die Erhebung bringt zudem klar zum Ausdruck, dass sich der Finanzplatz Zürich besser vermarkten sollte, stärker auf Schweizer Werte setzt und die Kundenorientierung wieder vermehrt in den Vordergrund rückt.

Brexit-Entscheid auch eine Chance
«Im Standortwettbewerb der Finanzplätze spielt Zürich ganz vorne mit. Gleichzeitig können wir noch viel von anderen Bankenplätzen lernen, was die Vermarktung unserer Stärken betrifft», sagt ZBV-Präsident Ulrich.

«Der Brexit-Entscheid von letzter Woche ist in diesem Sinne auch eine Chance: Mit der absehbaren Schwächung des Finanzplatzes London wird den anderen Finanzplätzen in Europa mehr Bedeutung zukommen. Dank unseren guten Rahmenbedingungen, stabilen politischen Verhältnissen und dem ausgezeichnetem Ausbildungsstand unserer Mitarbeitenden haben wir allen Grund, selbstbewusst aufzutreten», erklärt Ulrich. (finews/mc/ps)

Über die Erhebung
An der Online-Umfrage, die im vergangenen Mai auf finews.ch erfolgte, nahmen insgesamt 753 Personen teil. Der grösste Teil der Befragten arbeitet bei Grossbanken (48,7 Prozent), gefolgt von der Zürcher Kantonalbank (22,2 Prozent) und diversen Privatbanken (8,3 Prozent) und Regionalbanken (4,3 Prozent). Die Erhebung ist auch insofern ausgewogen, als dass 45 Prozent der Teilnehmer eine Führungsfunktion besitzen und 55 Prozent nicht.

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