Bellevue: Healthcare – vier Treiber für ein Comeback

Dr. Terence McManus, Healthcare Portfolio Manager bei Bellevue Asset Management. (Foto: Bellevue Asset Management)

Der Healthcare-Sektor tritt in eine für Investoren spannende Phase ein. Ein bewährtes defensives Profil in einem unsicheren makroökonomischen Umfeld, attraktive Bewertungen, kurzfristige politische Katalysatoren und starke langfristige Wachstumstreiber: all dies zusammen macht den aktuellen Zeitpunkt für einen Einstieg günstig.

Von Dr. Terence McManus, Healthcare Portfolio Manager bei Bellevue Asset Management

Defensive Pluspunkte in Zeiten schwacher Konjunktur und rückläufiger Zinsen
Die Geschichte verdeutlicht die Rolle des Healthcare-Sektors als defensive Portfolioallokation. Seit 1990 hat die Branche während jeder Rezession in den USA eine Outperformance erzielt, mit einer durchschnittlichen Überrendite von 10 Prozentpunkten gegenüber dem S&P 500 (siehe Tabelle). Auch in Zinssenkungszyklen des Fed haben sich die Gesundheitsbranche und insbesondere Biotechunternehmen tendenziell überdurchschnittlich entwickelt. Jetzt, am Beginn einer zunehmend unsicheren Phase, erwarten wir starke Zuflüsse in die Healthcare-Value-Plays als Absicherung für das Engagement in Wachstumswerten des Technologiesektors.

Sich erholende Mega Caps und eine attraktive Bewertung als Bottom-up-Unterstützung für eine Rally
Zu der makroökonomisch und politisch schwierigen Situation kam, dass wichtige Leitfiguren der Branche wie UnitedHealth, Novo Nordisk und Eli Lilly mit unternehmensspezifischen Problemen zu kämpfen hatten. Mit einer verbesserten Nachrichtenlage und attraktiveren Bewertungen hat deren Erholung begonnen. Healthcare-Titel stellen <9% des S&P 500, erwirtschaften jedoch rund 18% des US-BIP. Der Sektor wird mit einem Forward-Earnings-Multiple gehandelt, das im Vergleich zum breiteren Markt nahezu auf einem 10-Jahres-Tief liegt. Insbesondere bei Pharmatiteln ist bereits eine EPS-Herabstufung wegen der kurzfristig anstehenden beträchtlichen Arzneimittelpreisreform eingepreist, was vermuten lässt, dass nach dem Ausräumen der Unsicherheiten erheblicher Spielraum für Neubewertungen besteht.

Etwas mehr gesundheitspolitische Gewissheit oder eine gewisse Desensibilisierung an der Börse
Ein wesentliches Hemmnis war der «Most Favored Nation» (MFN-)-Erlass der US-Regierung für Arzneimittelpreise. Mit seinem Brief vom 1. August setzte Präsident Trump eine Frist für verbindliche Zusagen bis zum 29. September und schuf damit einen kurzfristigen Katalysator. Die Branche hat zwar bereits durch direkt bezahlte Adipositasprogramme und selektive Preisänderungen auf dem europäischen Markt Anpassungen vorgenommen, doch eine vollständige Angleichung der entwickelten Märkte ist unrealistisch. Letztlich zielt Trump auf einen Deal ab, der medienwirksam als Erfolg dargestellt werden kann. Angesichts der bereits erzielten Fortschritte beim Reshoring ist ein Kompromiss wahrscheinlicher – möglicherweise über eine MFN-Pilotstudie oder eine begrenzte Umsetzung bei Medicaid.

Solche Massnahmen bedürften jedoch der tatkräftigen Kooperation der Industrie, um bis zu den US-Zwischenwahlen Ergebnisse zu erzielen. Aufgrund ihrer Komplexität könnte letztendlich die MFN-Regelung nicht in die Praxis umsetzbar sein, aber alternative Preiszugeständnisse könnten für die US-Regierung dennoch einen Erfolg bedeuten. Verschiedene Szenarien sind denkbar; allerdings deuten Managementkommentare an, dass eine Einigung wahrscheinlich ist. Ohne eine umfassende MFN-Regelung könnte jeder Kompromiss Klarheit schaffen und die Bedenken der Anleger zerstreuen. Unabhängig davon steht nun in Washington die Verlängerung der ACA-Subventionen im Mittelpunkt der Haushaltsverhandlungen der Demokraten; eine Einigung wäre für Medtechaktien und Spitalketten von Vorteil. Blickt man etwas weiter zurück, haben die Gesundheitsreformen unter Clinton, Bush und Obama nach der anfänglichen Unsicherheit alle zu starken Neubewertungen geführt.

Innovationen können an anderer Stelle Investitionen in die Gesundheitsversorgung ermöglichen
Trotz des politischen Tohuwabohus nehmen die Innovationen weiterhin ihren Lauf. Der Einsatz von KI und Robotik im Gesundheitswesen dürfte die Produktivität und die Ergebnisse für Patienten verbessern. Das längerfristige säkulare Wachstum wird durch eine alternde Bevölkerung, die steigende globale Nachfrage und Durchbrüche in verschiedenen Indikationsgebieten gestützt. Derzeit verändern GLP-1-Wirkstoffe wie Semaglutid die Versorgung von Diabetikern, senken die Rate von Herz-Kreislauf-, Nieren- und Lebererkrankungen und sparen so potenziell Milliarden ein. Zudem zahlen viele Patienten die Behandlung aus eigener Tasche, wodurch die finanzielle Belastung auf staatlicher Seite gesenkt wird und die Gesundheitssysteme dennoch profitieren.

Die Einsparungen könnten im Laufe der Zeit beträchtlich sein und eine bessere Versorgung in anderen Krankheitsbereichen ermöglichen. NICE und ICER haben sie bereits für kosteneffizient befunden, selbst ohne Berücksichtigung der gesamtgesellschaftlichen Vorteile. Kurzfristig könnte auch die Evoke-Studie, die den Einsatz von Semaglutid bei Alzheimer untersucht, die Akzeptanz weiter steigern und sich in einer Art «Halo-Effekt» auf die gesamte Wirkstoffklasse übertragen. (Bellevue/mc)

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