EZB steuert auf zusätzliche Lockerung zu

Mario Draghi

EZB-Präsident Mario Draghi. (Bild: EZB)

Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) steuert auf eine zusätzliche Lockerung ihrer Geldpolitik zu. Darauf deuten neue Äusserungen von EZB-Präsident Mario Draghi hin. Der geldpolitische Rat werde die Wirkung bereits beschlossener Massnahmen genau beobachten, sagte Draghi am Donnerstag in Frankfurt nach der monatlichen Zinssitzung. Sollte es notwendig werden, sei der Rat einig darin, zusätzliche unkonventionelle Schritte wie Wertpapierkäufe zu ergreifen. Der Mitarbeiterstab sei bereits damit beauftragt worden, Vorbereitungen für weitergehende Massnahmen zu treffen.

Viele Bankvolkswirte gehen davon aus, dass die Notenbank ihre Geldpolitik in den kommenden Monaten weiter lockern wird. Als denkbare Schritte gelten Käufe von Unternehmens- oder Staatsanleihen. Seit einigen Wochen erwirbt die Notenbank mit Forderungen besicherte Bankanleihen (Covered Bonds). Der bereits beschlossene Kauf von Kreditverbriefungen (ABS) soll nach Worten Draghis bald beginnen. Die Käufe sollten mindestens zwei Jahre lang vorgenommen werden, sagte der EZB-Chef.

Börsen legen zu – Euro unter Druck
An den Finanzmärkten rief die Aussicht auf neues Zentralbankgeld starke Reaktionen hervor. Die Börsen legten ebenso zu wie Staatsanleihen aus Italien, Spanien, Portugal und Griechenland. Der Euro geriet dagegen unter Druck. Innerhalb weniger Minuten fiel die Gemeinschaftswährung um mehr als einen Cent. Im Tief kostete ein Euro etwas weniger als 1,24 Dollar und damit so wenig wie zuletzt im Sommer 2012.

In der Erklärung der Notenbank zum Zinsentscheid findet sich nun die von Draghi bis zuletzt nur mündlich getroffene Aussage, dass die EZB ihre Bilanz auf das Niveau von März 2012 ausweiten möchte. Dies spricht für frisches Zentralbankgeld von etwa einer Billion Euro. In der Presse war unlängst von Spannungen im EZB-Rat die Rede, unter anderem weil Draghi mit der Aussage zur Bilanzausweitung ohne Absprache mit seinen Ratskollegen vorgeprescht sei. Draghi unterstrich, dass der Rat jetzt einstimmig zugestimmt habe, die entsprechende Passage in die Erklärung der Notenbank zu übernehmen.

Draghi: «Keine Konflikte im Rat»
Gefragt nach möglichen Konflikten über die geldpolitische Ausrichtung, sagte Draghi, es gebe keine Trennlinien oder Koalitionen im EZB-Rat. Auch eine Spaltung in Notenbanker, die aus nördlichen Euroländern stammten und solchen aus südlichen Ländern, gebe es nicht. Der Entschluss, den Mitarbeiterstab mit Vorbereitungen für zusätzliche Lockerungsschritte zu beauftragen, sei einstimmig getroffen worden.

Bankanalysten hoben vor allem die Aufnahme der Bilanzaussage in die Erklärung der EZB hervor. «Die EZB scheint für den letzten Schritt bereit zu sein, was konkret bedeutet, dass die Währungshüter im kommenden Jahr auch Staatsanleihen kaufen könnten», kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank.

Analysten: EZB vor weiterer Lockerung
Die EZB werde der amerikanischen Notenbank, die bereits im Frühjahr 2009 in den Kauf von Staatsanleihen eingestiegen war, immer ähnlicher. «Die Verfechter der guten alten Deutschen Bundesbank mögen dies bedauern, doch letztlich drängt die Politik die Zentralbank in diese Rolle», unterstrich Gitzel. Er verwies auf Reformunwillen, insbesondere in Frankreich.

Die Volkswirte der NordLB äusserten sich ähnlich: Die Aufnahme eines offiziellen Bilanzziels deute darauf hin, dass die EZB wohl zusätzliche Massnahmen auflegen müsse. «Das Volumen der zur Verfügung stehenden Covered Bonds und ABS-Papiere dürfte hierfür nicht ausreichen.» Der Hinweis, dass man die Mitarbeiter mit der Vorbereitung weiterer Massnahmen beauftragt habe, deute zusätzlich in diese Richtung. (awp/mc/upd/ps)

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