IHAG-Kommentar: BREXIT – Wurde von den Märkten nicht erwartet

Symbolbild IHAG Privatbank

Zürich – Nach einem Sell-Off im Vorfeld des Derivateverfalls in der Vorwoche, wo der der DAX innert weniger Tage über 8% verlor, schalteten die Märkte von Brexit-Angst auf Bremain-Zuversicht um. Es kam zu einer schnellen Erholung von über 6%, wovon die Hälfte in der Eröffnung am Montag, ein sogenanntes Opening-Gap. Noch bis um Donnerstag Mitternacht rechneten die Marktteilnehmer mit der Vernunft der Briten und einem Remain.

Am Freitag Morgen kam dann der Schock. Der DAX eröffnete 10% im Minus, der SMI fast 7% und der FTS100 wegen den meist globalen Firmen „nur“ -8.6%. In den USA waren die Futures auf den S&P 500 bei -5% kurz abgeläutet. Nachdem die Verkauf-Bestens-Aufträge abgewickelt waren und weitere Verkaufswellen ausblieben, setzte eine Erholung ein. Der S&P 500 verlor über die Woche 1.6%, der Euro Stoxx 50 2.6% und der DAX 0.8%. Der SMI konnte sogar 0.4% zulegen.

An den Bondmärkten war das Bild umgekehrt zu den Aktien. Zuerst kletterte die Rendite, um dann wegen der Flucht in Sicherheit unter heftigen Ausschlägen wieder zu sinken. Die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen sanken in den USA leicht auf 1.58%. In Deutschland oszillierte die Rendite um die 0% und schloss am Freitag bei -0.08%. In der Schweiz glitt die Rendite über die Woche leicht von -0.47% auf -0.50% zurück.

Pfund im freien Fall
An den Devisenmärkten kam es zu massiven Ausschlägen. GBP/CHF zog bis Donnerstag Mitternacht über 1.44, nahm dann aber Fahrt nach unten auf bis knapp vor 1.28 um 6.30h Zurich Time. Danach erfolgte eine Erholung gegen 1.33. Die gewichtigen Marktakteure hatten ihren Handel über die Nacht besetzt und so begannen sich die Märkt mit dem Eintreffen der Mehrheit der Banker in die Büros bereits wieder zu erholen. EUR/USD zog bis Donnerstag auf 1.14, verlor am Freitag Morgen bis auf 1.09 und erholte sich im Verlaufe des Tages auf 1.11. CHF/USD sprang kurz von 95.6 Rappen auf 98 Rappen und schloss bei 96.7 Rappen. Die SNB war gewappnet und liess den EUR/CHF nur kurz auf 1.0630 sinken. Die meiste Zeit konnte der Kurs am Freitag aber über 1.08 gehalten werden.

Gold war der sichere Hafen und schoss am Freitag von USD 1250 die Unze bis auf USD 1355, mit Schluss am Freitag im London Fixing bei USD 1313. Dies bedeutet lediglich ein Plus von 2% über die Woche. Der Ölpreis konnte zum Wochenbeginn die USD 50 pro Barrel Brent zurück erobern, aber musste dann am Freitag mit dem stärkeren Dollar auch Federn lassen. Der Wochenverlust betrug 1.2% auf USD 48.50 pro Fass Brent.

Anleger auf dem falschen Fuss erwischt
Als Investor muss man laufend Entscheidungen unter Unsicherheiten treffen. Hier helfen Annahmen und Gewichtung von Wahrscheinlichkeiten. Die meisten Marktteilnehmer lagen aber falsch in der Annahme, dass die knappen Umfragen zum BREXIT am Schluss, wie zuvor bei der Abstimmung der Schotten, mit der Vernunft der Briten, einem Remain und steigenden Börsen, enden würde. Die Aktienmärkte reagierten heftiger als die Devisenmärkte und die Eröffnung am Freitag Morgen war ein Blutbad. Zum Glück setzte aber keine weitere Verkaufswelle ein. Der BREXIT kam nicht als Überraschung, sondern die Möglichkeit wurde zuvor diskutiert. Europa geht damit nicht unter. Die Unsicherheit hat sich zwar erhöht, aber vorerst passiert nicht viel, für mindestens 2 Jahre bleibt es beim Status Quo. Die Verhandlungen der neu zu wählenden UK-Regierung mit der EU wird dann weisen, wie schlimm es für die Briten im Allgemeinen und für einzelne Firmen im Speziellen kommt. Auf der Gewinnebene dürfte es nur bei wenigen Aktien zu Revisionen kommen. Somit konnten sich die Börsen nach der ersten Verkaufswelle auch folgerichtig erholen.

Nach der heftigen Volatilität gehen wir von einer Beruhigung an den Finanzmärkten aus. Europa dürfte nicht auseinanderfallen, auch wenn populistische Politiker die Gunst der Stunde für Medienauftritte nutzen. Die Wahlen in Spanien über das Wochenende haben keine grossen Veränderungen gebracht. Als Nebenschauplatz kam der Ifo-Index mit 108.7 besser als die erwarteten 107.4 und auch die 107.7 im Vormonat. Die Geschäftsaussichten für die kommenden Monate hellen sich deutlich auf. Der Aufschwung in Deutschland ist intakt.

Chance für gestaffelte Zukäufe
Die Gewinnentwicklung der Unternehmen bleibt insgesamt moderat. Firmen mit starker Marktposition, hohem Cashflow und guter Dividende sind in diesem unsicheren Umfeld aber unverändert kaufenswert, der BREXIT hat auf solch globale Players kaum Auswirkungen. Viele dieser soliden Titel haben sich nach dem Sell-Off etwas erholt. Wir erwarten kein Testen der Tiefstkurse und nach einer Konsolidierung sehen wir mittelfristiges Kurspotential. Wir würden gestaffelte Zukäufe tätigen in Givaudan, Nestlé, Roche, Essilor und Fresenius. Auch die etwas zyklischeren Werte Deutsche Post mit der klaren Wachstumsstrategie 2020 und HeidelbergCement mit den Synergien aus der Italcementi-Übernahme und der gewichtigen Position in den USA bieten gute Aufstockungsmöglichkeiten. Für Banken scheint es angesichts der Unsicherheiten noch zu früh, obwohl die Rückschläge teils übertrieben ausfielen. Die Verkaufswilligen dürften momentan wenige Käufer finden. (IHAG/frp/mc/ps)

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