Italien: ifo-Chef warnt vor Zuspitzung

Hans-Werner Sinn

ifo-Präsident Hans-Werner Sinn.

Berlin – Der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hat vor einer dramatischen Zuspitzung der wirtschaftlichen Lage in Italien gewarnt. Trotz der angekündigten Reformen sei die Gefahr gross, dass Italien die Schulden nicht in den Griff bekomme, sagte Sinn der Tageszeitung «Die Welt» vom Samstag.

Eine Rettung Italiens sei aber «nur um den Preis einer Destabilisierung Frankreichs und Deutschlands» möglich. Gleichzeitig kritisierte er den Beschluss, den Euro-Rettungsfonds EFSF mit einem Hebel auf eine Billion Euro auszuweiten. Dies bedeute unwägbare Lasten für den hiesigen Steuerzahler, warnte er. «Der Bundestag hat sich da in ein Wagnis hineingeredet, das er gar nicht überblickt», sagte er dem Blatt. Als Folge der Krise drohe zudem Inflation. Der Schuldenschnitt von 50 Prozent für Griechenland sei völlig unzureichend, sagte der Ökonom der «Welt»: «Mit dem Schuldenschnitt gelangen wir in Bezug auf die Höhe der Staatsverschuldung an den Punkt zurück, an dem die Griechenlandkrise angefangen hat. Es geht also wieder von vorne los.» Sinn forderte erneut, Griechenland müsse aus dem Euroraum austreten. Mit dem Schuldenschnitt werde anerkannt, dass Griechenland zahlungsunfähig sei.

Wirtschaftsforscher schliesst Kollaps Italiens nicht aus

Auch nach dem EU-Krisengipfel ist nach Expertenmeinung ein Kollaps Italiens nicht ausgeschlossen. Zwar habe sich das Land zu weiteren Reformen bereiterklärt, dies werde die Märkte aber «nicht durchweg» überzeugen, warnte Ansgar Belke, Inhaber des Lehrstuhls für Makroökonomik an der Uni Duisburg-Essen und Forschungsdirektor Internationale Makroökonomie am DIW Berlin, im Gespräch mit «Handelsblatt Online». Dies gelte selbst dann, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) weiter uneingeschränkt für Staatsanleihekäufe bereitstehen sollte.

«Reformbemühungen Spaniens glaubwürdiger»

«Schliesslich ist fraglich, ob eine mögliche neue Regierung in Italien den Selbstverpflichtungen der Berlusconi-Regierung überhaupt glaubwürdig nachkommen wird», sagte Belke in dem Interview. Die Reformbemühungen etwa in Spanien wirkten insgesamt «glaubwürdiger». Gleichzeitig warnte Belke, die neuen Instrumente zur Hebelung des Euro-Rettungsschirms EFSF seien eine Gefahr für Deutschlands Top-Bonität. Mit den auf dem EU-Gipfel beschlossenen Modellen steige das Verlustrisiko trotz des gleichbleibendes Haftungsanteils Deutschlands durch die Hebelwirkung. Je mehr der Fonds ausgedehnt werde, desto grösser sei das Risiko für die Länder, die für den EFSF garantieren. «Die auf den ersten Blick so charmante und harmlos verklausulierte Idee der EFSF-Hebelung läuft damit den Interessen Deutschlands und der Stabilisierung der Euro-Zone zuwider», sagte er «Handelsblatt Online».

«Der Hilfsfonds wäre ausserdem ein Endlager für riskante Anleihen», sagte er. Denn während private Investoren bei einer möglichen Staatspleite einen Teil ihres Geldes zurückerhielten, würden die Bürger immer zur Kasse gebeten. «Der Hebel droht zum Einstieg in die endgültige Vergemeinschaftung der Staatsschulden in Europa zu werden.» (awp/mc/ps)

ifo-Institut

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