Patrick Stettler, Leiter Public Distribution Schweiz UBS

Von Martin Raab, Derivative Partners Media AG, payoff.ch

payoff im Gespräch mit Patrick Stettler, Executive Director und Leiter Public Distribution Schweiz, UBS, zum aktuellen Marktbild, passenden Anlagestrategien und Fallstricken bei Rohstoffanlagen.

payoff: Herr Stettler, hat Sie der bisherige positive Kursverlauf der Finanzmärkte in diesem Jahr überrascht?

Patrick Stettler:Durch die Interventionen der Zentralbanken in den USA, Europa, Grossbritannien und Japan – es wurden insgesamt rund USD 2,2 Billionen Liquidität in die Märkte gegeben – wurden die Risiken für europäische Banken kurzfristig weitgehend abgewendet, die Renditen europäischer Staatsanleihen sanken und die Kurse risikoreicher Anlagen wie Aktien stiegen. Dies sind grundsätzlich positive Nachrichten für Anleger. Diese Massnahmen der Zentralbanken überraschten mich nicht unbedingt. Das war zu erwarten. Erstaunt hat mich allerdings, dass zwischen Januar bis März beim positiven Kursverlauf der Aktienmärkte keine grösseren Rückschläge stattfanden. Es ging seit Anfang Jahr bis Mitte März stets aufwärts. Das sah man beispielsweise an den historischen Volatilitäten, deren Werte sich teils auf den Tiefstständen der vergangenen zwei Jahre befanden.

Welche Anlagestrategie sollten Investoren nun bevorzugt verfolgen?

Eine Anlagestrategie lässt sich nur begrenzt generalisieren, denn sie muss zwingend auf die individuelle Situation, Risikofähigkeit und Ziele des Anlegers abgestimmt sein. Für mich steht jedoch fest, dass sich die Dynamik der Märkte während des vergangenen Jahrzehnts teils deutlich verändert hat. Die klassische Buy und Hold-Strategie funktioniert heute nicht mehr so gut. Das Portfolio muss viel aktiver betreut werden, weil die Volatilität an den Märkten insgesamt zugenommen hat und mögliche Verluste auf dem Portfolio umso grösser ausfallen können. Jeder Anleger sollte wissen, nach welchen Regeln er durch die Märkte navigiert. Darum meine empfohlene Strategie: Sicherstellen, dass eine passende Anlagestrategie vorhanden ist.

«Wir wollen unseren Kunden bestmögliche Transparenz bei Finanzprodukten bieten
Patrick Stettler, Leiter Public Distribution Schweiz UBS

Angenommen, der Anleger hat eine für sich passende Strategie gefunden…

Hier gilt es zu unterscheiden: Anleger, die mit den Märkten nicht vertraut sind oder keine Zeit haben, sich damit in genügendem Mass auseinanderzusetzen, sollten sich in jedem Fall professionellen Rat bei ihrem persönlichen Kundenberater holen. Wer sich die Navigation selbst zutraut, tut gut daran, eine eigene Anlagestrategie klar zu formulieren und diese regelmässig auf Gültigkeit zu testen. Das Gute an diesem Prozess ist, dass dadurch ein höheres Bewusstsein für Chancen und Risiken und über das eigene Anlageverhalten entsteht. Dadurch sollten sich die Anlageresultate verbessern, weil zum Beispiel weniger Risiko eingegangen wird.

Welche Produkte/Produkttypen machen Ihres Erachtens gegenwärtig Sinn?

Ich denke da beispielsweise an die äusserst effizienten Exchange Traded Tracker, kurz ETT, mittels derer sich Investitionen in Aktien gut umsetzen lassen. Oder aber die breite Auswahl von Produkten auf Rohstoffe, die sich sowohl für Kern als auch Satellit eines Portfolios eignen können. Nicht zu vergessen sind die Schweizer Klassiker: die Barrier Reverse Convertibles. Dank dieser können Anleger auch taktisch Positionen in Volatilität einnehmen und damit ein weiteres Renditepotenzial erschliessen. In Zeiten von temporären Marktkorrekturen sind diese besonders interessant.

Kosten und Transparenz sind bei Finanzprodukten ein Dauerthema. Welche Rolle nimmt die UBS hier ein?

Wir wollen unseren Kunden bestmögliche Transparenz bei Finanzprodukten bieten und suchen laufend nach Verbesserungsmöglichkeiten. Ich denke beispielsweise an den UBS Equity Investor Marketplace. Dank dieser Online-Plattform können interessierte Anleger selber die Konditionen von Strukturierten Produkten berechnen und diese dann auch miteinander vergleichen. Zudem versuchen wir die Produktdokumentation ständig weiterzuentwickeln. Unter Transparenz verstehen wir auch das Bereitstellen von entsprechenden Broschüren, Unterlagen und Ausbildungen, die das Produktverständnis unter den Anlegern insgesamt unterstützen.

Wird dieses Informationsangebot denn auch angenommen?

Ja, wir sind sehr zufrieden mit der bisherigen Resonanz. Unsere Kunden schätzen es sehr, kostenlos eine umfassende Aufklärung über Produktverhalten und Marktfunktionen zu erhalten.

«Anlagen in Aktien mit hohen Dividendenrenditen sind aktuell sehr attraktiv.»

Bei welchen Strukturierten Produkten greifen Ihre Kunden derzeit besonders zu?

Das Nachfragebild bei den Strukturierten Produkten hat sich in den letzten Monaten nicht gross verändert. Erwähnenswert sind Optimierungsprodukte wie z.B. Barrier Reverse Convertibles oder auch solche auf Währungen, bei UBS als DOCUs bekannt. Im Bereich der Kapitalschutzprodukte machen die Floored Floaters das Rennen. Und solange die Kreditaufschläge bei Anleihen auf hohem Niveau verharren, dürften wohl auch weiterhin Produkte mit Referenzanleihen gefragt bleiben.

Viele Anleger setzen vermehrt auf Rohstoffe. Welche Produkte eignen sich für den Einstieg in diese Anlageklasse?

Als Einstieg eignen sich beispielsweise Anlagen auf breit diversifizierte Rohstoffindizes. Die Wahl des richtigen Index als Basiswert ist sehr wichtig. Zwischen den traditionellen und rolloptimierten Rohstoffindizes (auch Indizes der zweiten Generation genannt) bestehen grosse Unterschiede in Bezug auf die Rendite-Risiko-Eigenschaften. Die Vorreiterin der rolloptimierten Indizes ist die UBS Bloomberg CMCI-Indexfamilie, welche soeben ihren fünften Geburtstag feierte. Deren Leistungsausweis ist eindrücklich. Die Performance vom CMCI war besser als jeder andere vergleichbare Rohstoffindex in den letzten fünf Jahren. An der Derivatbörse Scoach sind verschiedene ETCs auf die UBS Bloomberg CMCI-Indexfamilie kotiert.

Wo lauern in Sachen Rohstoff-Anlagen mögliche Fallstricke?

Die Crux liegt in der Wahl des angemessenen Indizes. Das Thema, um das es sich hier hauptsächlich dreht, sind die sog. Rollkosten. Diese entstehen, weil jeder Rohstoffindex auf Anlagen in Termingeschäfte – auch als Futures bekannt – aufbaut. Diese Futures-Positionen müssen laufend gepflegt und erneuert werden. Entlang dieser wiederkehrenden Prozesse können Rollkosten, aber auch Rollgewinne entstehen. Effiziente Methoden, wie sie beispielsweise die UBS Bloomberg CMCI-Indexfamilie anwendet, haben hier eindeutig die Nase vorn. Beim populären Thema ETFs oder ETCs, also den börsengehandelten Indexfonds bzw. Rohstoffvehikeln, gilt es genau hinzusehen. Der Anleger muss für sich entscheiden: Möchte er auf dem Papier eine nicht-physische Ausrichtung auf Rohstoffe oder ein physisches Anrecht auf Gold, Silber oder einen sonstigen Rohstoff haben? In letzterem Fall sollte in physisch hinterlegte ETFs investiert werden.

Mit Blick auf die Aktienmärkte: Welchen Ländern und Regionen trauen Sie in nächster Zeit das meiste Kurspotenzial zu?

Nach einer Ruhepause – beginnend ab dem griechischen Schuldentausch Anfang März diesen Jahres – sorgen die jüngsten Schlagzeilen aus Spanien für gedämpfte Stimmung bei risikoreicheren Anlagen. Diese Ereignisse illustrieren deutlich, dass mit Rückschlägen gerechnet werden muss. Regional setzen wir stärker auf US- und Schwellenmarktaktien, zwei Märkte mit relativ robusten Gewinnen. Die Aktienmärkte der Schwellenländer sind im Schnitt nicht übermässig hoch bewertet. Bei einem mittelfristigen Anlagehorizont erwarten wir darum, dass die Aktien der Schwellenländer im Schnitt diejenigen der Industrieländer übertreffen. Die weltweit reichliche Liquidität unterstützt diese Region zusätzlich.

Wo sind noch Perlen zu finden?

Als grundsätzlich attraktiv erachte ich im aktuellen Umfeld die Anlage in Aktien mit hohen und qualitativ hochwertigen Dividendenrenditen. Eine Selektion, die auf Firmen mit gesunden Bilanzen, ansprechenden Wachstumsaussichten und Profitabilität abzielt, sollte meines Erachtens langfristig gute Resultate erzielen können. Das lässt sich auch anhand historischer Daten belegen. Angesichts des Rückgangs der Renditen von Staatsanleihen erscheinen Dividendenrenditen derzeit erst recht attraktiv.

Welche Anlagestrategie verfolgen Sie persönlich?

Mein Portfolio ist im Kern konservativ aufgestellt, mit einer guten Diversifikation. Die Absicht dahinter ist das Vermeiden von übermässigen Verlusten. Dazu setze ich sowohl ETFs als auch Strukturierte Produkte ein. Daneben setze ich, quasi als Satelliten, sehr prononciert auf taktische Einzelthemen, die ich als attraktiv erachte. Solche setze ich praktisch immer mit einem einzelnen Instrument um. Dazu gehört beispielsweise ein Barrier Reverse Convertible auf Öl, den ich laufend erneuere, um eine mögliche Zusatzrendite zu generieren. Denn ich glaube nicht, dass die Ölpreise stark fallen werden. Ich glaube zudem daran, dass sich bei den Rohstoffen langfristig positive Rollrenditen extrahieren lassen. Dies setze ich ebenfalls mit einem Zertifikat um. Meine Fähigkeiten, Währungsbewegungen zu antizipieren, sind schlecht. Darum sichere ich Währungen konsequent mit Hebelprodukten ab.

Der Gesprächspartner:
Patrick Stettler hat Informatik studiert, bevor er 1994 seine berufliche Karriere beim Schweizerischen Bankverein im Derivathandel begann und später einen Teil des Market Making in Zürich leitete. 2001 wechselte er zur ehemaligen Bank Leu als Leiter Derivathandel, zu dessen Aufgabenbereich sowohl Eigenhandel als auch Strukturierte Produkte gehörten. Nach einem MBAStudium baute er von 2004 bis 2006 für einen Vermögensverwalter eine Plattform für Alternative Investments auf. Ab 2007 betreute Patrick Stettler bei der UBS in Zürich institutionelle Kunden und Intermediäre im Bereich Derivate. Seit 2011 leitet er den öffentlichen Vertrieb von Strukturierten Produkten in der Schweiz.

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