Tsipras setzt auf Zugeständnisse der Geber

Alexis Tsipras

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras. (Foto: primeministergr/Flickr)

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras. (Foto: primeministergr/Flickr)

Athen – Der griechische Ministerpräsident Alexis Tspiras hat nach dem Erfolg beim Referendum über die Sparvorgaben Zugeständnisse der internationalen Geldgeber gefordert. Sein Land sei weiter zu Reformen bereit, dringend notwendig seien aber Investitionen sowie die Umstrukturierung der Schulden, sagte Tsipras am Sonntagabend in einer Fernsehansprache. An seine Landsleute gewandt betonte Tsipiras: «Das Mandat, das Sie mir erteilt haben, ruft nicht nach einem Bruch mit Europa, sondern verleiht mir eine grössere Verhandlungsmacht.»

Mit einer überraschend deutlichen Mehrheit hatte die griechische Bevölkerung die Sparvorgaben der internationalen Gläubiger abgelehnt. Nach Auszählung fast aller abgegebenen Wahlzettel stimmten gut 61 Prozent mit «Nein» und unterstützten damit den Konfrontationskurs von Tspiras. Nur knapp 39 Prozent sprachen sich am Sonntag dafür aus, unter den Konditionen der Geldgeber weiter zu verhandeln, wie das Athener Innenministerium am frühen Montagmorgen mitteilte.

Die Griechen trafen nach Tsipras› Ansicht eine «historische und mutige» Entscheidung: «Ihre Antwort wird den existierenden Dialog in Europa verändern.» Erste Priorität habe die Wiederöffnung der geschlossenen Banken.

SPD-Chef Sigmar Gabriel: «Letzte Brücken eingerissen»
Unter den Euro-Staaten gab es unterschiedliche Reaktionen auf das griechische Referendum. Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte dem «Tagesspiegel» (Montag), Tsipras habe «letzte Brücken eingerissen, über die Europa und Griechenland sich auf einen Kompromiss zubewegen konnten».

Dagegen sprach sich die italienische Regierung für neue Verhandlungen mit Griechenland aus. «Jetzt ist es richtig, wieder damit anzufangen, eine Vereinbarung zu suchen», erklärte Aussenminister Paolo Gentiloni auf Twitter. Bereits im Tagesverlauf hatte der französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron gefordert, es gehe darum, einen guten Kompromiss zwischen den notwendigen Reformen in Griechenland und der Solidarität mit dem von der Staatspleite bedrohten EU-Land zu finden.

EU-Ratspräsident Donald Tusk berief nach Bekanntwerden der Abstimmungsergebnisse einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der 19 Euro-Länder für diesen Dienstag (18.00 Uhr) in Brüssel ein. Zur Vorbereitung soll es am selben Tag ein Treffen der Euro-Finanzminister geben. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sprach von einem «sehr bedauerlichen Ergebnis» des Referendums. «Wir werden nun auf Initiativen der griechischen Führung warten», sagte Dijsselbloem.

Krisendiplomatie
Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande wollen bereits am Montag über die Konsequenzen aus dem Referendum beraten. «Beide sind sich darin einig, dass das Votum der griechischen Bürger zu respektieren ist», hiess es in der kurzen Erklärung des Bundespresseamtes weiter.

Ebenfalls am Montag will EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker mit Spitzenvertretern der EU-Institutionen über das weitere Vorgehen beraten. Es sei eine Telefonkonferenz mit EU-Gipfelchef Tusk, Eurogruppenchef Dijsselbloem und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, geplant, teilte die EU-Kommission mit.

Feiern in Athen
In Athen feierten kurz nach Schliessung der Wahllokale Tausende Gegner des Reformprogramms auf den Platz vor dem Parlament. Viele Griechen machen die Gläubiger aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank und deren Sparvorgaben für die dramatische Lage im eigenen Land verantwortlich.

Die griechische Regierung hatte bis zuletzt im scharfen Tonfall die Position der Geldgeber kritisiert. «Was man mit Griechenland macht, hat einen Namen: Terrorismus», sagte Finanzminister Gianis Varoufakis vor dem Referendum der spanischen Zeitung «El Mundo».

Tsipras hatte die Volksabstimmung zur Verärgerung der Geldgeber überraschend angesetzt. Die Verhandlungen gerieten danach in eine Sackgasse. Noch zur Verfügung stehen Hilfsgelder in Milliardenhöhe für das von der Staatspleite bedrohte Land verfielen am Dienstag. Ohne neue Hilfskredite droht ein schneller Zusammenbruch der Banken und der Staatsfinanzen. (awp/mc/ps)

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