Auch wenn Bitcoin für Zentralbanken weiterhin zu volatil bleibt, gewinnt die Kryptowährung in der Finanzwelt zunehmend an Legitimität und entwickelt sich schrittweise zu einer digitalen Ergänzung des traditionellen Goldes.
von Menno Martens, Kryptowährungsspezialist, VanEck
In den vergangenen Jahren hat sich Bitcoin von einer einfachen «Peer-to-Peer-Währung» zu einem anerkannten digitalen Wertspeicher entwickelt – global, algorithmisch gesteuert und passend zum Internetzeitalter. Kritiker bemängeln nach wie vor seine hohe Volatilität und spekulative Natur. Doch hinter den Kursschwankungen vollzieht sich eine stille, aber stetige Entwicklung: Bitcoin wächst in seiner Rolle innerhalb des globalen Finanzsystems und nähert sich einer kritischen Grösse.
Zentralbanken bleiben zurückhaltend
Laut dem Official Monetary and Financial Institutions Forum (OMFIF) hält derzeit keine Zentralbank Kryptowährungen in ihren Reserven, und 93 Prozent schliessen deren Erwerb aus. Damit ist klar: Eine breite institutionelle Akzeptanz steht noch aus. Im Gegensatz dazu tastet sich der Privatsektor zunehmend an das Thema heran.
Strategy, Bullish und Block als Vorreiter
Unternehmen wie Strategy, Bullish oder Block haben Bitcoin bereits in ihre Bilanzen aufgenommen – als Absicherung gegen Geldentwertung und als Alternative zu Anleihen mit tiefen Renditen.
Vermögensverwalter bieten inzwischen regulierte Bitcoin-ETFs an, die institutionellen Investoren den Zugang über vertraute Strukturen ermöglichen. Auch Staatsfonds und Pensionskassen prüfen das Potenzial von Bitcoin im Rahmen diversifizierter Portfolios.
Volatilität bleibt Herausforderung und Chance
Die starke Volatilität bleibt ein wesentliches Hindernis, ist aber gleichzeitig Ausdruck eines sich entwickelnden Marktes. Jeder Zyklus von Euphorie und Korrektur hat die Anlegerbasis verbreitert und die Marktinfrastruktur verbessert: regulierte Verwahrung, geprüfte ETFs und ein wachsender Derivatemarkt sorgen für mehr Stabilität. Damit steht Bitcoin heute weiter als je zuvor auf dem Weg zu einem reifen Anlageinstrument.
Von Gold zu Code: Knappheit neu definiert
Der Vergleich mit Gold ist aufschlussreich, aber nicht eins zu eins übertragbar. Gold ist physisch begrenzt, Bitcoin mathematisch – sein Angebot ist auf 21 Millionen Einheiten fixiert. Diese Transparenz und Berechenbarkeit könnten langfristig auch institutionelle Akteure überzeugen, selbst wenn eine offizielle Reservefunktion vorerst unrealistisch bleibt.
Bilanzielle Hürden bremsen Akzeptanz
Nach IFRS- und US-GAAP-Regeln gilt Bitcoin als immaterieller Vermögenswert, was eine bilanzielle Benachteiligung bedeutet. Ohne internationale Anpassungen dürften Zentralbanken weiterhin zögern, auch wenn die Offenheit in einer digital geprägten Generation zunimmt.
Ergänzung statt Konkurrenz
Gold bleibt voraussichtlich noch lange das Fundament der weltweiten Währungsreserven – doch Bitcoin entwickelt sich zusehends zu seiner digitalen Ergänzung. Mit jedem neu geschürften Block wächst seine Knappheit und damit seine Attraktivität als langfristiger Wertspeicher. Für einen Vermögenswert, der erst sechzehn Jahre alt ist, ist der Vergleich mit Gold bereits eine bemerkenswerte Anerkennung – und vielleicht der Auftakt zu einer digitaleren Zukunft des Geldes. (VanEck/mc)